Romanik in Wien

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Geschichte Wiens
Romanik in Wien
Romanik in Wien – Rundbögen statt Spitz, dicke Mauern statt Maßwerk: Zwischen ca. 1100 und 1250 wächst im Babenberger-Wien eine Stadt mit Klöstern, Pfarrkirchen und Märkten. Vieles ist heute barock überbaut – die Romanik steckt dennoch in Portalen, Fundamenten und Grundrissen.


Kurzüberblick

Wann? Wer baut? Was sieht man heute?
ca. 1100–1250 Babenberger, Stifte & Pfarren Rundbogenportale (z. B. Riesentor am Stephansdom), romanische Kerne (Ruprechtskirche), Grundrisse & Fundamente (Schottenkirche u. a.)


Bis zur Erwähnung "Ostarrichis" im Jahr 996 und durch die Wanderungen der Völker durch das Gebiet entwickelte sich in Wien kaum künstlerische Aktivität. Während in Frankreich und in der Gegend um den Rhein bereits romanische Bauwerke entstanden, waren in Wien nur einige Bereiche besiedelt, die den Einfällen der Ungarn, Slawen und Awaren ausgesetzt waren. Der romanische Stil kam daher entsprechend spät - erst um 1100 - in Wien an (und wurde hier bis etwa 1260 verwendet).

Zu dieser Zeit entstand in der Gegend der heutigen Bäckerstraße und der Sonnenfelsgasse eine Handelsvorstadt (Köllner Hof), im Bereich der heutigen Weihburggasse wurde die "Wihpurc" errichtet. Erst unter Markgraf Leopold IV. und seiner Herrschaft über Wien begann die Stadt aufzublühen, 1137 entsteht das größte romanische Bauwerk, der Grundstein von St. Stephan wird gelegt. Sicher steckt noch in zahlreichen Bauten der Stadt ein romanischer Kern, zu sehen sind aber - durch zahlreiche Umbauten und Modernisierungen - viele Bauteile nicht mehr.

Orte & Bauten (Auswahl, kurz erzählt)

  • Stephansdom – Riesentor & Heidentürme: Das Westportal (Riesentor) zeigt späte Romanik; die Unterbauten der „Heidentürme“ verankern das frühe Bauprogramm. Später wird vieles gotisch überformt – das Portal bleibt die beste Romanik-Vitrine.
  • Ruprechtskirche – ältester Kern: Schlichter, romanischer Kernbau mit Rundbogenfenstern; mehrfach verändert, aber die „Sprache“ der Romanik ist lesbar.
  • Schottenkirche – Gründung des Schottenstifts (12. Jh.): Die heutige Kirche ist barock; romanische Spuren liegen im Grundriss/Unterbau. Das Stift markiert die Stadtweitung unter Heinrich II. Jasomirgott.
  • Peterskirche – barocke Hülle, alte Wurzeln: Ein romanischer Vorgängerbau ist bezeugt – die jetzige Kuppelkirche ersetzte ihn im Barock.
  • Michaelerkirche – Übergangszeit: Anlage ab 13. Jh.; zeigt den Schritt von der Romanik zur Gotik – mit schlichtem, wehrhaftem Eindruck am Platz.
  • Virgilkapelle (Stephansplatz) – frühgotisch, aber wichtig: Streng und steinern – die Kapelle markiert den Stilwechsel um 1200/1250 und hilft, Romanik vs. Gotik zu „sehen“.

Baustil erkennen – die 5-Sekunden-Checkliste

Romanik Übergang (um 1200) Gotik
Rundbögen, kleine Fenster, dicke Wände, Würfelkapitelle Mischformen: kräftige Bögen, erstes Maßwerk Spitzbögen, große Fenster, Strebewerk, Maßwerk

Kontext: Warum gerade dann?

Spaziergang (60–90 Minuten)

  1. Ruprechtskirche → Romanischer Kernbau am alten Donauufer (Salzgries).
  2. Stephansdom → Riesentor studieren, dann einmal ums Haus (Heidentürme).
  3. Virgilkapelle (Stephansplatz) → Stilwechsel um 1200 „lesen“.
  4. Peterskirche → Standort eines romanischen Vorgängers.
  5. Schottenkirche → Stadtweitung & Klosterlandschaft verstehen.
  6. Michaelerkirche → Übergangszeit am Tor zur Hofburg.

Romanik in den Außenbezirken (Auswahl)

Bezirk Ort / Kirche Was ist (noch) romanisch? Hinweis
11. Simmering Altsimmeringer Pfarrkirche St. Laurenz Sehr alte Pfarrstelle; heutige Kirche barock, aber Standort/Kern gehen auf Frühmittelalter zurück (romanische Wurzeln vermutet).[1][2] Kobelgasse / Alt-Simmering
13. Hietzing Pfarrkirche Ober St. Veit Mittelalterlicher Kern (gotisch) überliefert; romanische Vorgängerreste nicht gesichert – wichtig als frühe Landkirche im Westen.[3] Wolfrathplatz (Ober St. Veit)
19. Döbling Heiligenstädter Kirche St. Jakob Echte Romanik: einschiffige Anlage, heutige Form 12. Jh. (Rundbogenfenster, einfacher Grundriss).[4] Pfarrplatz / Heiligenstadt
19. Döbling Pfarrkirche St. Michael Heiligenstadt Ursprünglich romanische Saalkirche, später gotisiert und barock überformt (Turm/Grundmauern mittelalterlich).[5][6] Hohe Warte / Heiligenstadt
19. Döbling Pfarrkirche Kahlenbergerdorf (St. Georg) Spätromanisch-frühgotischer Baukern; heute barocker Charakter durch spätere Umbauten.[7] Kahlenbergerdorf
21. Floridsdorf Pfarrkirche Stammersdorf (St. Nikolaus) Romanische Wehrkirche (12. Jh.) im Kern weitgehend erhalten; später erweitert/überwölbt.[8] Stammersdorfer Straße – Liebleitnergasse

Hinweis: In vielen Außenbezirken wurden alte Dorfkirchen später gotisch/barock umgebaut. Romanik findet man daher oft in Grundmauern, Mauerwerk, einfachen Rundbogenfenstern – weniger in kompletten Fassaden.

Mini-Galerie

Mini-Zeitleiste

Zeit Weltweit/Europa zeitgleich in Wien
1137–1147 Stadt wächst, Kirchenbau forciert Tauschvertrag von Mautern; Ausbau der Stephanskirche beginnt
1156 Privilegium Minus – Wien rückt auf
12. Jh. Klostergründungen, Handel Schottenkirche & Pfarrnetz; romanische Kerne entstehen
1221 Großes Stadtrecht; Bautätigkeit nimmt Fahrt auf
um 1230–1245 Spätromanik → Frühgotik Riesentor; erste gotische Impulse

Mythentrennung (kurz & freundlich)

Behauptung Was stimmt?
„Romanik sieht man in Wien kaum.“ Sichtbar seltener – aber da: Riesentor (Stephansdom), Ruprechtskirche, Fundamente/Pläne in Schottenkirche & Co.
„Alles, was alt wirkt, ist Romanik.“ Barocke Hüllen, gotische Teile, romanische Kerne – die Epochen liegen oft übereinander.



Quellen

  1. Wien Geschichte Wiki: »Alte Simmeringer Kirche« – eine der ältesten Kirchen auf Wiener Gebiet, Hinweise auf ~1000 Jahre.
  2. Wikipedia: »Altsimmeringer Pfarrkirche« – heutige Form 18. Jh., sehr alter Standort.
  3. Wikipedia: »Ober St. Veiter Pfarrkirche« – Kern gotisch, 13. Jh.; barocker Umbau.
  4. Wikipedia: »Heiligenstädter Kirche St. Jakob« – »einfache romanische Anlage«, 12. Jh.
  5. Pfarre Heiligenstadt: »St. Michael« – »dürfte eine romanische Saalkirche gewesen sein…«
  6. Wikipedia: »Heiligenstädter Pfarrkirche St. Michael« – Ersterwähnung 1243; Umbauten.
  7. Wikipedia: »Pfarrkirche Kahlenbergerdorf« – »basiert auf einem schlichten, spätromanisch-frühgotischen Bau«.
  8. Wikipedia: »Pfarrkirche Stammersdorf« – »im 12. Jh. errichtete romanische Kirche noch weitgehend erhalten«.