Wollzeile 2

Aus City ABC

Das Gebäude

Ein Bild.

Bezirk

1., Innere Stadt

Aliasadressen
=Wollzeile 2
=Rotenturmstraße 2
=Stephansplatz 7
Konskriptionsnummer
vor 1862: 869
vor 1821: 920
vor 1795: 852
Baujahr
1632-1641
Architekten (Bau)
Giovanni Coccapiani
Inhaltslizenz: CC-BY-SA 4.0

Das Erzbischöfliche Palais - Architektur und Geschichte

Innenhof des erzbischöflichen Palais, Ansicht um 1900, Alt-Wiener Häuserkalender
Erzbischöfliches Palais, um 1905 [1]

Hier befand sich schon im 13. Jahrhundert (1222) der Pfarrhof (domus plebani Viennensis, später Probsthof) von St. Stephan. 1267 ließ Pfarrer Gebhard die durch Brand zerstörte "Curia parrochialis" neu erbauen und richtete bei der Gelegenheit eine Kapelle ein. 1458 wurde das Haus als Versammlungsort genutzt, hier wurde Kaiser Friedrich IV. der Treueeid geleistet. 1579 wurde das Haus durch Bischof Caspar Neubeck vergrößert, damals hatte der prächtige Bau einen mächtigen Turm Ecke Rotenturmstraße / Stephansplatz (den "Wehrturm Nr. 5").

1627 brannte das Haus nahezu vollständig ab, daher wurde es zwischen 1632 und 1641 unter Bischof Anton Wolfrath neu erbaut. Im Zuge dessen wurde auch der große Wehrturm abgerissen, das Areal wurde zur Erweiterung des Pfarrhofs genutzt, Ferdinand II. spendete dafür 100.000 Reichstaler. 1641 wurde auch der Bibliotheksflügel im Hof angebaut, 1716 wurde der Stuck an der Fassade angebracht.[2]

Zum Erzbischöflichen Palais wandelte sich der Probsthof, als Bischof Siegmund Graf Kollonitsch zum Fürst-Erzbischof ernannt wurde. Er ließ auch das Kollonitsch-Wappen mit dem erzbischöflichen Hut 1723 über dem Hauptportal anbringen.[3]

Das oberste Stockwerk wurde im 19. Jahrhundert aufgesetzt, in dieser Zeit entstanden auch die Geschäftsportale mit den Rundbogen. Die beiden Innenhöfe sind durch den Bibliotheksflügel getrennt. Aus dem ersten Hof hat man einen schönen Blick auf die Türme des Stephansdoms, im zweiten Hof fallen einem als erstes die efeuumrankten Arkaden auf.

An der Eingangswand kann man zwei vergoldete Herren und eine vergnügte Dame, die in der Mitte sitzt, sehen. Es handelt sich um Temperantia, die Mäßigkeit oder auch Ausgewogenheit. Sie schwingt fröhlich einen Krug, aus dem jedoch nur Wasser fließt. Die beiden goldenen Herren sind jeweils mit einem Reichsapfel und einem Zepter ausgestattet – es sind Ferdinand der II. und Ferdinand der III. Dieser Wandbrunnen wurde 1641 geschaffen.

Besonders prachtvoll sind die mit Stuckputten verzierten Treppenaufgänge, die zu den Repräsentationsräumen führen. Diese sind mit Stuckdecken verziert, die um 1716 geschaffen wurden. Der Bibliothekssaal stammt aus dem 19. Jahrhundert, in ihm sind neben Büchern aller Wissensgebieten Urkunden aus fünf Jahrhunderten zu finden.

Noch heute wohnt hier der Erzbischof, daher sind hier auch die beiden Bischofswappen zu sehen.

Andreaskapelle (auch: Achatiuskapelle)

Die Andreaskapelle

Steht man auf Seite des Stephansplatzes, kann man an der Fassade den Vorsprung einer frühbarocken Kapelle sehen - es handelt sich dabei um den Chor der Andreaskapelle.

Die ursprünglich gotische "Achatiuskapelle", die bereits 1222 belegbar ist (und damals dem Heiligen Achatius geweiht worden war), bei Bränden 1258 und 1262 aber erhebliche Schäden davon getragen hatte, wurde 1267 durch Pfarrer Gerhard von Siebenbürgen erneuert. Achatius hatte der Legende nach eine Schar von Märtyrern angeführt, die Kapelle wurde daher den "11.000 Rittern" gewidmet, die zu seinem Gefolge gehört hatten. 1627 fiel die alte Kapelle ebenfalls dem Brand zum Opfer, der auch das Palais stark beschädigt hatte. Sie wurde daher 1638 wieder aufgebaut und erhielt dabei einen neuen Patron, den Heiligen Andreas.

Sie hatte zur Bauzeit noch einen Turm, der im 18. Jahrhundert abgetragen wurde. Der damals aufgestellte Altar steht heute im Diözesanmuseum, er ist ein Werk von Leopold Kupelwieser (1834).[4]

Das Innere der Kapelle ist mit Stuck aus dem 17. Jahrhundert verziert, besonders beachtenswert ist jedoch der Altar. Der Renaissance-Armenaltar stammt aus der Augustinerkirche. Er wurde 1933 aus der Gruft geborgen und hierher überstellt. Der Stein-Altar stammt aus dem Jahr 1512, wurde vom Bürger Jonas Kumpf gestiftet, und ist der Heiligen Anna gewidmet. Auch eine Orgel hat die Kapelle, sie stammt aus der Kirche von Kranichberg.

Das Erzbischöfliches Dom- und Diözesanarchiv

Im Archiv der Diözese, die 1469 gegründet wurde, finden sich die Schätze des Doms. Die Bestände umfassen Urkunden, Protokolle und Akten der Erzdiözese, eine große Bibliothek und eine Fotosammlung. [5] Hier wurden einige Kirchenarchive vereint, nicht nur die Unterlagen des Bistums, der Cur von St. Stephan und die der Dompropstei, sondern auch Bestände von Pfarren und Klöstern im gesamten östlichen Niederösterreich und des Bundeslands Wien wurden hier gesammelt.

Eintritt

  • Mo., Di., Do. 8.30-13, 14-16 Uhr,
  • Fr. 8.30-12 Uhr
  • Mittwochs geschlossen

Sagen und Legenden

Der Pfarrhof und der Lindenbaum
1144, als der Bau des Stephansdomes im Gange war, beschloss der Baumeister Falkner, dass anstelle eines Lindenbaumes, der hier stand, der Pfarrhof her gebaut werden müsse. Doch der Pfarrer namens Eberhard war über dieses Vorhaben entsetzt. Er flehte: "Lass mir meine liebe Linde stehen, sie ist genau so alt wie ich, und sie darf nicht vor mir sterben!"


Da der Baumeister ein Herz hatte, plante er den Bau der Dompfarre um, die Linde sollte künftig genau vor dem Fenster des Pfarrer stehen, damit er sie immer sehen könne. Und als der Bau fertig war, freute sich Eberhard tatsächlich jeden Morgen am Anblick seines Baumes. Morgens begrüßte er die Linde und die Vögel, die darin zwitscherten, abends wünschte er ihr sorgsam eine Gute Nacht.

Die Jahre gingen hin, der Baum gedieh prächtig, der Pfarrer jedoch wurde weiß und gebrechlich. Jede seiner Krankheiten wurde durch den Gesang der Vögel im Baum geheilt, Doch eines lauen Herbstabends, als er wieder einmal unter der Linde saß, schaute er in die schütter werdende Krone hinauf. Er dachte bei sich: "Diese Blätter sind die Tage meines Lebens. Sind sie alle vom Baum gefallen, dann werde ich tot sein." Am nächsten Morgen wachte er auf und fühlte sich elend. Doch der Anblick der Linde weckte in ihm den Wunsch, dien Baum noch einmal in voller Blüte zu sehen, sein Lebenswillen, den Frühling noch einmal zu erleben, erwachte.

Doch ging es ihm jedem Tag schlechter. Er konnte nicht mehr alleine aufstehen, sein Diener musste die einfachsten Dinge für ihn erledigen. Eines Tages, an einem eisigen Wintermorgen, wusste Eberhard, dass sein letztes Stündlein bald kommen würde. Er bat er seinen Lakaien, noch einmal das Fenster zu öffnen, um den Lindenbaum ansehen zu können. Widerstrebend öffnete der Diener das Fenster und blieb erstarrt stehen: Der Lindenbaum stand in voller Blüte. Nach einem letzten Blick auf das Wunder sank Eberhard tot in sich zusammen. Ein Windhauch trieb die Blüten durchs Fenster, ein Blütenteppich bedeckte den Leichnam sanft.[6], [7]

Wohnhaus bekannter Persönlichkeiten

Gedenktafeln Melichior Khlesl und Kardinal Franz König

Im Stiegenhaus sind Gedenktafeln für Kardinal Melchior Khlesl und Kardinal Franz König zu sehen.

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Khlesl war ab 1580 der Domprobst von St. Stephan und der stärkste Kämpfer für die Gegenreformation. Durch seinen Einfluss bestand das Kollegium der Universität nur mehr aus Katholiken und jeder Student musste das katholische Glaubensbekenntnis ablegen. Nach ihm ist auch ein Platz in Wien benannt (Khleslplatz im 12. Bezirk), weil er auf seinen Reisen zwischen Wien und Wiener Neustadt gerne im Wirtschaftshof der Augustiner-Eremiten (am heutigen Khleslplatz) Rast machte.

Wohn- und Sterbehaus Alexander (Leander) Ditscheiner

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Alexander Ditscheiner (* 4. Jänner 1839 Wien, † 1. Februar 1905) war Physiker, Kristallograph und Mathematiker. Seine Forschungen im Bereich der Optik und der Elektrizität erreichten gelten als bahnbrechend. Ditscheiner wurde 1889 zum Rektor der Technischen Hochschule gewählt, auch an der Akademie für bildende Künste hatte er einen Lehrauftrag: Er unterrichtete hier Farbenlehre und Farbenchemie.

Nach ihm ist die Ditscheinergasse im 3. Bezirk benannt.

Wohn- und Sterbehaus des Fürsterzbischof Franz Ferdinand Rummel

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Franz Ferdinand Rummel (* 28. Oktober 1642 Weiden, † 15. März 1716 ebenhier) trat nach dem Studium mehrerer Sprachen 1677 in den Weltpriesterstand ein. Leopold I. machte ihn 1684 zum Erzieher seines Sohnes Erzherzog Joseph. 1706 ernannte Joseph I. seinen Lehrer schließlich zum Fürsterzbischof von Wien. Rummel ist vor allem dafür bekannt, dass er den Kirchenbau in den Vorstädten forcierte, da in der Zeit der Türkenbelagerung nahezu alle zerstört worden waren.

Der Erzbischof starb in diesem Haus und wurde im Nordchor des Stephansdoms beigesetzt.

Wohn- und Sterbehaus des Fürsterzbischof Kardinal Franz Xaver Nagl

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Zwischen 1911-1913 war Kardinal Franz Xaver Nagl (* 26. November 1855 Wien 3, † 4. Februar 1913, ebenhier) Fürsterzbischof von Wien. Der Kardinal, der bei den Wiener nicht beliebt war, weil er daran schuld war, dass der beliebtere Weihbischof Godfried Marschall zum Kardinal geweiht wurde, setzte sich vor allem für die Verbesserung der Organisation in der Kirche ein. Nach ihm ist der Kardinal-Nagl-Platz im 3. Bezirk benannt. Er wurde in der Barbarakapelle im Stephansdom beigesetzt.

Buchhandlung des Egidius Aquila

Im 16. Jahrhundert betrieb der Buchdrucker Egidius Aquila (auch Ägidius Adler) in dem Haus eine Buchhandlung. Seine Druckerei befand sich in der Grünangergasse 1.

Gedenktafeln

Ausgrabungen


Ausgrabung 2018
Ausgrabungscode:[8] 201808
zeitliche Lagerung: römisch
Beschreibung: Gräberfeld
Ausgrabung 1937
Ausgrabungscode:[9] 1937
zeitliche Lagerung: Neuzeit
Beschreibung: Im Jahr 1937 wurde bei Kanalarbeiten ein neuzeitliches Kellergewölbe aufgedeckt.
Ausgrabung 1888
Ausgrabungscode:[10] 188802
zeitliche Lagerung: römisch
Beschreibung: Im Jahr 1888 wurde der Grabstein des P. Titius Finitus neu entdeckt: Im Mittelalter offensichtlich beim Bau des Erzbischöflichen Palais gefunden, vom 15. Jh. an in der Mauer der Messnerwohnung eingemauert, war er seit den 70er-Jahren des 18. Jh. verschollen.
Ausgrabung 2016
Ausgrabungscode:[11] 201605
zeitliche Lagerung: römisch
Beschreibung: Im Zuge der neuen Pflasterung des Platzes und angrenzender Straßenmündungsbereiche wurden auch die Einbauten modernisiert. Die regelmäßige Kontrolle der Aufgrabungen erbrachte folgende Befunde: Unter dem rund 1 m starken Platzaufbau fanden sich etwa an der Nordwest-Ecke des Stephansplatzes römerzeitliche Pfostenlöcher und Gruben sowie im Bereich zwischen Nr. 8 und 8A eine Fundamentmauer, die wohl dem 1560 errichteten und 1874 endgültig abgerissenen Bauernfeindschen Haus zugeordnet werden kann. An der Nordseite des Platzes, vor Nr. 7, wurden ein Teilskelett und mehrere dislozierte Menschenknochen unbekannter Zeitstellung dokumentiert.
Ausgrabung 2013
Ausgrabungscode:[12] 201322
zeitliche Lagerung: Mittelalter/Neuzeit
Beschreibung: Zwei Räume im Erdgeschoß des erzbischöflichen Palais konnten bauarchäologisch untersucht werden. Spätmittelalterliches Burchsteinmauerwerk mit wenigen Ziegeln wurde an einer Stelle gefunden. Der Großteil des heute sichtbaren Mauerwerks geht auf die Frühe Neuzeit zurück und ist spätestens im 2. Viertel des 17. Jahrhunderts entstanden.
Ausgrabung 2009
Ausgrabungscode:[13] 200915
zeitliche Lagerung: römisch/Mittelalter/Neuzeit
Beschreibung: Fünf Bohrlöcher im Bereich des Stephansplatzes nördlich des Domes zeigten erwartungsgemäß folgende Schichtabfolge: Unter der neuzeitlichen Oberflächenbefestigung und Störungen befindet sich ein sehr dicht belegter mittelalterlicher Friedhof, gefolgt von der sog. Schwarzen Schicht und römerzeitlichen Planierschichten. Bei einer Sondage im Kellergeschoss der Bauhütte konnten in der untersten Fundamentlage des Nordturms mindestens zwei Grabplatten mit gotischen Minuskel, die in das 14. und 15. Jahrhundert datieren, freigelegt werden.

Wien - Eine Stadt stellt sich vor

Das Haus trägt das Schild Nummer 42 der Aktion "Wien - Eine Stadt stellt sich vor".



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Quellen

  1. Verlag Reinhold Entzmann & Sohn (Hersteller), 1., Wollzeile 2 - Erzbischöfliches Palais - Blick Richtung Rotenturmstraße, Ansichtskarte, um 1905 (Herstellung), Wien Museum Inv.-Nr. 145106, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/279151/)
  2. Richard Groner: Wien wie es war, vollst. neu bearb. von Felix Czeike, Verlag Molden, Wien-München, 1965, 5. Auflage, S. 69f
  3. Johann Evangelist Schlager, Alterthümliche Ueberlieferungen von Wien aus handschriftlichen Quellen, Band 1, 1844, S. 51 ff0
  4. Johann Evangelist Schlager, Alterthümliche Ueberlieferungen von Wien aus handschriftlichen Quellen, Band 1, 1844, S. 50
  5. https://www.erzdioezese-wien.at/dioezesanarchiv
  6. Wiener Sagen, herausgegeben von der Wiener Pädagogischen Gesellschaft, Wien 1922, aus K. Linke, Der erzählende Geschichtsunterricht, Hamburg 1914, S.12
  7. Maria Pacolt,Sagen aus Alt-Wien, Wien, 1946,. S. 19
  8. https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/searching/search.aspx?__jumpie#magwienscroll
  9. https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/searching/search.aspx?__jumpie#magwienscroll
  10. https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/searching/search.aspx?__jumpie#magwienscroll
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  12. https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/searching/search.aspx?__jumpie#magwienscroll
  13. https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/searching/search.aspx?__jumpie#magwienscroll