Porta Decumana
Porta Decumana
Die Porta decumana war das rückwärtige Haupttor des römischen Legionslagers Vindobona. Als Lagertor markierte sie einen entscheidenden Übergang zwischen dem militärischen Innenraum des Kastells und dem vorgelagerten Bereich mit Grabenanlagen und Verkehrswegen. In der Topografie der heutigen Inneren Stadt wird ihre Lage im Umfeld von Graben und Tuchlauben verortet. [1]
Lage und Orientierung im Lagerplan
Die porta decumana lag am Ende der via decumana und bildete damit den Abschluss einer der zentralen Lagerachsen. Der Bereich ist für die heutige Stadtgeschichte besonders interessant, weil sich römische Befunde, spätere Befestigungen und mittelalterlich-neuzeitliche Stadtentwicklung im Untergrund überlagern. [2]
Archäologische Befunde
Bei Arbeiten im Straßenraum wurden wiederholt römische Strukturen im Umfeld des vermuteten Torbereichs sichtbar. In der Berichterstattung zu Bauarbeiten in der Wiener Innenstadt wird explizit von Fundamentsteinen des Torbogens bzw. von Torresten im Erdreich gesprochen, die im Zuge von Aufgrabungen kurzfristig zugänglich waren. [3]
Solche Befunde sind für CityABC vor allem deshalb relevant, weil sie das Lagertor nicht nur als Rekonstruktion oder Lehrmodell, sondern als realen, punktuell nachweisbaren Ort im heutigen Stadtraum greifbar machen.
Bedeutung im römischen Wien
Als Toranlage war die porta decumana nicht nur ein bauliches Element, sondern Teil der militärischen Logistik und der inneren Ordnung des Lagers. Sie gehört damit zu den Schlüsselstellen, an denen sich der Grundriss Vindobonas in der modernen Stadt noch indirekt ablesen lässt. Eine gute Kontextstation für den Einstieg in Vindobona bleibt das Römermuseum (Wien Museum), weil dort Lagerplan, Achsen und typische Torfunktionen anschaulich zusammengeführt werden. [4]
- Bezirk
- 1., Innere Stadt
- Lage
- Kreuzung Graben / Tuchlauben / Naglergasse (Bereich Tuchlauben 1)
- Epoche
- Römische Kaiserzeit (Legionslager Vindobona)
- Funktion
- Südliches Lagertor; Endpunkt der via decumana
- Befund
- Fundamentreste eines Torturms (wieder) dokumentiert 2019
- Nachfolge
- Mittelalterliches Peilertor über römischen Fundamenten (Abbruch 1731/1732)
- Sichtbarkeit
- Heute nicht sichtbar; Befund liegt unter dem Straßenpflaster
Überblick
Die porta decumana war das südliche Lagertor des römischen Legionslagers Vindobona und markierte den Endpunkt der via decumana, einer der zentralen Lagerstraßen. Im heutigen Stadtplan entspricht der Bereich der Toranlage dem Umfeld der Kreuzung Graben–Tuchlauben–Naglergasse. Bei Bauarbeiten nach einem Gasgebrechen wurden 2019 erneut Fundamentsteine sichtbar, die es ermöglichen, Lage und Aufbau des südlichen Tores deutlich präziser zu rekonstruieren.[5][6]
Lage im heutigen Stadtplan
Der heutige Straßenraum rund um den Graben bewahrt mehrere Spuren der römischen Topografie. Der Straßenname selbst verweist auf die ehemaligen Lagergräben, die der Südseite der Lagermauer vorgelagert waren. Das Tor lag dort, wo die Tuchlauben in den Graben münden; von Westen kommend nähert man sich dem ehemaligen Torbereich über den Straßenzug Kohlmarkt–Graben, der in der römischen Logik als Fortsetzung der via decumana verstanden werden kann.[7]
Vertiefende Informationen: Hintergründe zu Vindobona finden sich bei Vindobona und im Römermuseum; der Wegverlauf lässt sich über Michaelerplatz, Kohlmarkt, Graben und Tuchlauben nachvollziehen.
Architektur und Funktion
In der römischen Militärarchitektur endete die via decumana an der porta decumana. Für den Torbereich am Graben/Tuchlauben sind Fundamentreste eines Torturms belegt; die Stadtarchäologie Wien ordnet den dokumentierten Torturm in die Kaiserzeit ein und nennt für die sichtbaren Fundamentstrukturen eine Datierung um 100 n. Chr.[8] In der wissenschaftlichen Auswertung werden für die Toranlage Rekonstruktionsmaße diskutiert; dabei wird u. a. eine Gesamtbreite von rund 27,20 m (Torbau ca. 9,50 m) und eine Durchfahrtsbreite von rund 3,80 m genannt.[9]
Zeittafel
| Zeit | Ereignis |
|---|---|
| um 100 n. Chr. | Torturmfundamente der porta decumana (Datierung der dokumentierten Befunde).[10] |
| 1731/1732 | Abbruch des Peilertors im Zuge verkehrlicher Umgestaltungen.[11][12] |
| April/November 1901 | Entdeckung des Südtores im Zuge der Errichtung des Hauses Tuchlauben 1/Naglergasse 2/Bognergasse 1 bzw. beim anschließenden Kanalbau.[13] |
| 23.–29. April 2019 | Zufallsfund nach einem Gasrohrgebrechen; archäologische Dokumentation durch die Stadtarchäologie Wien in mehreren Künettenabschnitten.[14][15] |
| Sommer 2019 | Weitere römerzeitliche Befunde im Umfeld der porta decumana im Zuge des Baus einer Fernkälteleitung (u. a. Seitzer- und Bognergasse sowie Tuchlauben).[16] |
| Hochmittelalter bis frühe Neuzeit | Errichtung und Nutzung des nachfolgenden Stadttores Peilertor im unmittelbaren Bereich der römischen Anlage; verschiedene Namensformen sind überliefert, und das Tor ist seit 1278 in Quellen genannt; ein Umbau wird für 1426 genannt, später diente es u. a. als städtisches Gefängnis.[17] |
| Heute | Die Befunde sind wieder überpflastert; eine dauerhafte Sichtbarmachung ist an dieser Stelle nicht vorgesehen.[18] |
Archäologische Befunde 2019
Die 2019 beobachteten Strukturen wurden durch ein Gasrohrgebrechen und die darauf folgenden Bauarbeiten an der Kreuzung Naglergasse/Tuchlauben/Graben zugänglich. Dabei traten Fundamentquader in geringer Tiefe zutage, die fachlich als Bestandteile der porta decumana angesprochen wurden. In der Auswertung wird betont, dass die neue Dokumentation nicht nur den Torturm, sondern auch den Verlauf der ins Lagerinnere führenden via decumana sowie die Kreuzungssituation mit der via sagularis besser rekonstruierbar macht.[19] Gleichzeitig wird in den zeitgenössischen Berichten darauf hingewiesen, dass der Einblick nur kurzfristig möglich war und die Reste rasch wieder unter dem Pflaster verschwanden.[20]
Auf der Website der Stadtarchäologie Wien ist außerdem eine Verlinkung zu einem 3D-Modell des Befundes (Sketchfab) angeführt, wodurch sich der dokumentierte Zustand auch nach der Wiederverfüllung anschaulich nachvollziehen lässt.[21]
Peilertor und mittelalterliche Stadtbefestigung
Der Ort der porta decumana blieb auch nach dem Ende der römischen Nutzung ein stadträumlich logischer Durchlass. In der Forschung wird für denselben Bereich ein mittelalterliches Stadttor, das Peilertor, diskutiert, das wegen des unmittelbaren räumlichen Bezugs zur römischen Lagermauer häufig mit der römischen Toranlage in Verbindung gebracht wurde. In einer Zusammenstellung werden mehrere historische Bezeichnungsformen (u. a. Peurertor, Pailer, Peuler, Bairer und Peyrertor) genannt; als frühester schriftlicher Nachweis wird 1278 angeführt, und für 1426 wird ein Umbau wegen Baufälligkeit erwähnt.[22] Der Abbruch wird je nach Darstellung mit 1731 bzw. 1732 angegeben.[23][24]
Heute vor Ort
Vor Ort ist heute kein sichtbarer Baubestand erhalten, weil die dokumentierten Strukturen wieder überdeckt wurden. Dennoch lässt sich die römische Logik im Stadtgrundriss gut erzählen: Wer vom Michaelerplatz über den Kohlmarkt in Richtung Graben geht, bewegt sich entlang jener Achse, die als Annäherung an die via decumana interpretiert wird, und erreicht genau den Bereich, in dem das südliche Lagertor verortet wird.[25] Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit Vindobona bietet sich zudem ein Besuch des Römermuseums am Hohen Markt an, in dem weitere Befunde und Originalfunde aus dem Legionslager und seinem Umfeld gezeigt werden.[26]
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Quellen
- ↑ Wien Museum: Vindobona – Historischer Abriss und Rundgang (Informationsblatt zum Römermuseum; Hinweis auf die porta decumana an der Ecke zu den Tuchlauben). PDF.
- ↑ ORF Wien: Bericht über freigelegte Reste der Porta Decumana im Bereich Graben/Tuchlauben (Fundamentsteine bei Bauarbeiten).
- ↑ Der Standard: Überreste eines römischen Tors (Porta Decumana) in der Wiener Innenstadt freigelegt; Kontext: Bauarbeiten, kurzfristige Sichtbarkeit der Befunde.
- ↑ Wien Museum: Informationen zum Römermuseum und zur Lagerstruktur Vindobonas (inkl. Einordnung der porta decumana am Rand des Lagerareals).
- ↑ Römisches Tor bei Bauarbeiten freigelegt, wien.ORF.at, publiziert am 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Überreste eines römischen Tors in der Wiener Innenstadt freigelegt, Der Standard, 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Vindobona – Informationen zum Römermuseum für LehrerInnen, Wien Museum (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Fundamente des Torturms der porta decumana gefunden, Stadtarchäologie Wien, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), Tabelle/Abschnitt zum Vergleich der Maße, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Fundamente des Torturms der porta decumana gefunden, Stadtarchäologie Wien, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Römisches Tor bei Bauarbeiten freigelegt, wien.ORF.at, publiziert am 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Römisches Tor bei Bauarbeiten freigelegt, wien.ORF.at, publiziert am 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Überreste eines römischen Tors in der Wiener Innenstadt freigelegt, Der Standard, 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Römisches Tor bei Bauarbeiten freigelegt, wien.ORF.at, publiziert am 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Fundamente des Torturms der porta decumana gefunden, Stadtarchäologie Wien, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Vindobona – Informationen zum Römermuseum für LehrerInnen, Wien Museum (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ M. Mosser: Am Südtor von Vindobona – Befunde im Legionslager Vindobona. Teil X, Fundort Wien 23/2020 (PDF), abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Überreste eines römischen Tors in der Wiener Innenstadt freigelegt, Der Standard, 10.05.2019, abgerufen am 18.12.2025.
- ↑ Vindobona – Informationen zum Römermuseum für LehrerInnen, Wien Museum (PDF), abgerufen am 18.12.2025.