Die Belagerungszeichen in der Stadt
1., Innere Stadt 1683 – Belagerung Wiens Stadtmauer / Glacis Stephansdom
Nach dem Entsatz bewahrte man Spuren der Zeit wie Reliquien: in Mauern stecken gebliebene Türkenkugeln, Haus- und Wirtshausschilder mit Halbmond und Turban, Gedenktafeln und Jahreszahlen. In Erzählungen wurden sie zu stummen Zeugen – Zeichen, die man im Vorübergehen deutete: Mahnung an Gefahr und Standhaftigkeit.
Beispiele dafür sind:
- Am Hof 11 – „Zur goldenen Kugel“: In die Fassade eingelassene (vergoldete) Türkenkugel; Namensgeber des Hauses. Sehr ikonisch für 1683.
- Sterngasse 3 – Wiener Neustädter Hof: Große, neben dem Portal eingemauerte „Türkenkugel“; gilt als eine der markantesten/ältesten Kugeln in der Innenstadt.
- Fleischmarkt 11 / Griechengasse 9 – „Griechenbeisl“: Drei in die Wand eingelassene Kugeln mit Inschrift (Überlieferung: 1529).
- Löwelstraße 20 – Handwerksmeister-Gedenktafel (1683): Tafel zur Erinnerung an den Einsatz der Wiener Handwerkszünfte bei der Verteidigung.
- Am Hof 7 – Liebenberg-Gedenktafel: Erinnerungszeichen an Bürgermeister Johann Andreas von Liebenberg (Schlüsselrolle 1683).
- Türkenschanzpark (18. Bezirk): Name erinnert an Stellungen/Scharmützel des Entsatzheeres; mehrere Erinnerungszeichen im Park.
- Neustiftgasse 32-34 / Neustiftgasse 43 (7. Bezirk): Gedenkzeichen zur Belagerung (u. a. vergoldete Reiterfigur, Mosaik) im Umfeld der historischen Schanzenlinie
Historischer Hintergrund
Zur Einordnung: Vor- und Unheilszeichen gehören zum festen Repertoire frühneuzeitlicher Stadtüberlieferung. Um 1683 wurden Himmelserscheinungen, Geräusche und Zufälle als Omen gedeutet – ein Deutungsmuster, das der Gemeinschaft Sinn und Zusammenhalt gab. Nach der Belagerung prägten sichtbare Spuren (eingemauerte Kugeln, Hauszeichen, Andenken) die Erinnerungskultur in der Inneren Stadt; die Sage bündelt diese Motive zu einer erzählerischen Topographie.
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