Die Belagerungszeichen in der Stadt

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Sagen und Legenden
Die Belagerungszeichen in der Stadt


1., Innere Stadt 1683 – Belagerung Wiens Stadtmauer / Glacis Stephansdom

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Die Belagerungszeichen in der Stadt

Anonym Entsatz Wien 1683.jpg

Wien in der Belagerungszeit

Als sich die Osmanen vor Wien lagerten, erzählte man von Zeichen, die die Stadt gewarnt hätten. In nächtlichen Stunden sah man am Himmel feurige Streifen und Schweife – man deutete sie als Omen. Glocken sollen von selbst bewegt, Orgelklänge sich gehört haben, ohne dass ein Spieler zu sehen war. Auf den Plätzen liefen Gerüchte: Brunnen hätten stillgestanden, Tiere seien unruhig geworden, und über den Dächern sei eine schweigende Prozession der Armen Seelen gezogen.

Auf den Basteien, so hieß es, hätten Wachen Schattenreiter vorbeistürmen sehen, und am Stephansdom sei ein fahler Schein gestanden. Mit jedem Gerücht wuchs die Furcht – und der Trotz. Denn die Wiener deuteten die Zeichen bald auch als Mahnung zur Einigkeit: Haltet zusammen – Wien steht. So verdichtete sich die Erzählung: Vorzeichen vor der Gefahr, die die Stadt bestehen sollte.


Spuren und Erinnerungszeichen

Nach dem Entsatz bewahrte man Spuren der Zeit wie Reliquien: in Mauern stecken gebliebene Türkenkugeln, Haus- und Wirtshausschilder mit Halbmond und Turban, Gedenktafeln und Jahreszahlen. In Erzählungen wurden sie zu stummen Zeugen – Zeichen, die man im Vorübergehen deutete: Mahnung an Gefahr und Standhaftigkeit.

Beispiele dafür sind:

  • Am Hof 11 – „Zur goldenen Kugel“: In die Fassade eingelassene (vergoldete) Türkenkugel; Namensgeber des Hauses. Sehr ikonisch für 1683.
  • Sterngasse 3 – Wiener Neustädter Hof: Große, neben dem Portal eingemauerte „Türkenkugel“; gilt als eine der markantesten/ältesten Kugeln in der Innenstadt.
  • Fleischmarkt 11 / Griechengasse 9 – „Griechenbeisl“: Drei in die Wand eingelassene Kugeln mit Inschrift (Überlieferung: 1529).
  • Löwelstraße 20 – Handwerksmeister-Gedenktafel (1683): Tafel zur Erinnerung an den Einsatz der Wiener Handwerkszünfte bei der Verteidigung.
  • Am Hof 7 – Liebenberg-Gedenktafel: Erinnerungszeichen an Bürgermeister Johann Andreas von Liebenberg (Schlüsselrolle 1683).
  • Türkenschanzpark (18. Bezirk): Name erinnert an Stellungen/Scharmützel des Entsatzheeres; mehrere Erinnerungszeichen im Park.
  • Neustiftgasse 32-34 / Neustiftgasse 43 (7. Bezirk): Gedenkzeichen zur Belagerung (u. a. vergoldete Reiterfigur, Mosaik) im Umfeld der historischen Schanzenlinie

Historischer Hintergrund

Zur Einordnung: Vor- und Unheilszeichen gehören zum festen Repertoire frühneuzeitlicher Stadtüberlieferung. Um 1683 wurden Himmelserscheinungen, Geräusche und Zufälle als Omen gedeutet – ein Deutungsmuster, das der Gemeinschaft Sinn und Zusammenhalt gab. Nach der Belagerung prägten sichtbare Spuren (eingemauerte Kugeln, Hauszeichen, Andenken) die Erinnerungskultur in der Inneren Stadt; die Sage bündelt diese Motive zu einer erzählerischen Topographie.


Quellen