Sagen und Legenden
Kolschitzky – der Kundschafter in Türkentracht
Relevante Orte: Haarmarkt (Rotenturmstraße 14) · Stock-im-Eisen-Platz 4 (»Zur blauen Flasche«) · Stadtwälle / Glacis (Belagerungszeit)
Der Kundschafter in Türkentracht
Kolschitzky in türkischer Tracht (Symbolbild)
Als Wien 1683 belagert wurde, erzählte man, habe sich Georg Franz Kolschitzky – Dolmetsch und kühner Stadtläufer – in türkische Kleidung gehüllt, den Bart gebunden, den Turban tief gezogen und sei bei Nacht zwischen Zelten, Wachen und Pferdepfosten hindurchgeschlüpft. Über Schanzen und Gräben sei er hinaus zum Entsatzheer gelangt, um Nachricht von Starhembergs Lage hinauszutragen und Antwort über den Zeitpunkt des Entsatzes zurückzubringen.
Zwei-, manche sagen dreimal, habe er die Linien durchquert; einmal mit Botschaft, einmal mit Antwort – stets in Türkentracht, stets mit klopfendem Herzen. Als Lohn der Stadt, so die Wiener, habe Kolschitzky später an gutem Ort sein Auskommen gefunden: als Wirt, als Mann mit Sinn für das Neue – und mit einer Türkenmode am Schild, die fortan sein Bild prägte. [1][2]
Ort: Stadtwälle/Glacis (Belagerungszeit); spätere Legendenorte: Haarmarkt und »Blaue Flasche«
Historischer Hintergrund
Was die Überlieferung erzählt – und was gesichert ist: Kolschitzky (um 1640–1694) war als Übersetzer und Bote im Kriegseinsatz; Berichte über couragierte Aus- und Einläufe durch die Linien kursierten schon früh, wurden im 18./19. Jahrhundert jedoch ausgeschmückt. Die ikonische Türkentracht entstammt diesem Legendenbild und prägte Wirtshausschilder und Darstellungen. Das Kaffeehaus-Primat wird heute meist als Sage erklärt; Kolschitzky bleibt dennoch eine prägende Figur der Wiener Erinnerungskultur. [3]
Quellen
- ↑ G. Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien 1952 (Erzählstrang »Kolschitzky als Kundschafter«).
- ↑ Wiener Sagensammlungen des 18./19. Jh. (ikonische Türkentracht-Darstellungen).
- ↑ Forschungsliteratur zu 1683 (Stadtläufer/Kuriere); Gugitz 1952; Wiener Ikonographie des 19. Jh.
