Wien in der Steinzeit
Kurzüberblick
| Wann? | Wer? | Worum geht’s? |
|---|---|---|
| Altsteinzeit (bis ca. 10.000 v. Chr.) & Mittelsteinzeit | Mobile Jäger- und Sammlergruppen im Donauraum | Lagerplätze auf trockenen Terrassen, Feuersteinwerkzeug, saisonale Routen zwischen Marchfeld, Donauauen und Wienerwald |
| Jungsteinzeit (ab ca. 5500 v. Chr.) | Erste Bauern (Linearbandkeramik/LBK, später Lengyel) | Langhäuser, Keramik, Ackerbau & Viehzucht, Stein- und Kupfergeräte, lokale Rohstoffgewinnung (Radiolarit/Hornstein) |
Wie sah das „steinzeitliche Wien“ aus?
Auen, Inselrücken und Hochterrassen prägten das Bild: Unten die Donau mit feuchten Wiesen, oben die trockenen Kanten am Rand des Wienerwaldes – perfekte Plätze für Feuerstellen, Speichergruben und später ganze Gehöfte. Wege verbanden die Region nach Norden (Marchfeld), Westen (Wienerwald) und Süden (über die Pässe).
Alltag in drei Szenen
- Jagd & Jahreskreis: In der Alt- und Mittelsteinzeit folgte man Herden und Jahreszeiten. Es gab leichte Zelte, Kochgruben – und Klingen aus gutem Stein.
- Haus & Hof: Ab der Jungsteinzeit entstehen Langhäuser aus Holz und Lehm. Ackerbau (Emmer, Einkorn), Vieh (Rind, Schwein, Schaf/Ziege) und Keramik prägen den Rhythmus.
- Werkstatt Donau: Schlagen, Bohren, Schleifen – vom Messer bis zur Axt. Gute Rohstoffe waren Gold wert (Radiolarit/Hornstein aus dem Wiener Raum).
Fundorte & Rohstoffe im Stadtgebiet (Auswahl)
- Antonshöhe (23., Mauer): jungsteinzeitliches Hornsteinbergwerk – hier wurde begehrter Schlagstein gewonnen.
- Lainzer Tiergarten (Dorotheer Wald u. a.): Spuren von Radiolarit-Gewinnung und -Bearbeitung; kleine Werkplätze auf Kuppen.
- Ober St. Veit (13.): spätes Neolithikum belegt – Siedlungsspuren am Rand des Wienerwaldes.
Diese Orte zeigen: Wien war kein Rand, sondern ein aktiver Knoten im steinzeitlichen Netzwerk.
Handel & Netzwerk
Salz aus den Alpen, Muschelschmuck (z. B. Spondylus) aus dem Süden, Ideen und Formen aus vielen Richtungen. Der Donauraum war Verkehrsader – Wien profitierte von Lage und Landschaft.
Mythentrennung (kurz & freundlich)
| Behauptung | Was stimmt? |
|---|---|
| „In Wien standen schon in der Steinzeit Stadtmauern.“ | Nein. Befestigungen aus Stein gehören späteren Epochen. Steinzeit: natürliche Lagen, Gräben/Palissaden – keine mittelalterlichen Mauern. |
| „Mammuts stapften durch die Innere Stadt.“ | Mammuts lebten im Eiszeitalter des Donauraums; direkte Stadtfunde sind selten. Wahrscheinlicher: Kontakte über Jagdreviere im Umland. |
Mini-Zeitleiste: Wien im steinzeitlichen Kontext
| Zeit | Weltweit | zeitgleich in Wien / Umgebung |
|---|---|---|
| bis ca. 10.000 v. Chr. | Altsteinzeit (Eiszeit) | Mobile Gruppen, Lagerplätze auf Terrassen/Kanten |
| ca. 10.000–5500 v. Chr. | Mittelsteinzeit | Kleine Camps, Mikrolithen, flexible Nutzung der Auen- und Waldressourcen |
| ab ca. 5500 v. Chr. | Jungsteinzeit (u. a. LBK) | Erste Bauern und Langhäuser; Keramik, Ackerbau, Vieh – Beginn lokaler Rohstoffgewinnung (Radiolarit/Hornstein) |
Fundgeschichten
- Der Glasurglanz der Steinzeit: Ein Radiolaritabschlag funkelt rötlich – Abfall? Nein, Beweis für eine Werkstatt auf einer Waldkuppe.
- Die Linie im Lehm: Ein dunkles Band im Aushub wird zur Wand eines Langhauses – plötzlich steht ein 7.000 Jahre alter Grundriss vor uns.
- Der Pfad auf der Kante: Moderne Wege folgen alten Trassen – trocken, überschaubar, sinnvoll. Schon in der Steinzeit bevorzugt.
Erste Nachweise einer Besiedlung im Wiener Raum wurden im 13. Bezirk (Titlgasse) gefunden, hier fand man 1969 neben einem Mammutstoßzahn behauene Feuersteine. Am Abhang der Terrassen am Wienerwald dürften sich die ersten steinzeitlichen Bauern angesiedelt haben, Reste der Besiedlung wurden am Bisamberg, am Leopolds- und Wilhelminenberg, aber auch im 13., am Gemeindeberg, gefunden. Die günstige klimatische Lage und die fruchtbaren Böden ermöglichten Bauern, sich anzusiedeln: Es wurde Gerste, Roggen und Hirse angebaut, die ersten gezähmten Pferde werden im 3. Jahrtausend vor Chr. genutzt.
Am Rochusmarkt wurden 2014/2015 noch ältere Nachweise einer Besiedlung erbracht: Man fand ein frühneolithischen Langhaus aus der Zeit 5500 bis 5000 v. Chr.
Im Steinbruch Antonshöhe (23. Bezirk) wurde Horn abgebaut, die Siedlungen dehnten sich weiter aus: nun wurde der Bereich um Schönbrunn, Aspern, Essling und Simmering bewohnt und bebaut. Die Steinzeit-Bevölkerung dürfte sogar bis in die heutige Innere Stadt vorgedrungen sein: Bei den Errichtungsarbeiten zum Justizpalast wurde 1875 ein steinzeitlicher Keulenknauf gefunden, am Schwarzenbergplatz ein Steinbeil.
Um 2.000 vor Christus begann die große Völkerwanderung, es kamen friedlich gesinnte indogermanische Völker aus dem Norden Europas und vermischten sich mit den hier Ansässigen.
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