Börseplatz 2

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Das Gebäude

Ein Bild.

Bezirk
1., Innere Stadt
Aliasadressen
=Börseplatz 2
=Börsegasse 11
=Schottenring 16
=Wipplingerstraße 34
Konskriptionsnummer (Stadt)
vor 1862: offen
vor 1847: - Elendbastei
vor 1821: -
vor 1795: -
Baujahr
1874 / Wiederaufbau: 1956
Architekten (Bau)
Theophil Hansen, Carl Tietz
Architekten (Ausführung)
Johann Schieder
Architekten (Wiederaufbau)
Erich Boltenstern, Erich Schlöss
Inhaltslizenz: CC-BY-SA 4.0


Die Börse – Architektur und Geschichte

Die an vier Seiten freistehende Börse wurde 1873–1877 von Theophil Hansen erbaut. Den Auftrag wollte ursprünglich Heinrich Ferstel haben, er war bereits als Berater der Börsekammer tätig gewesen und hatte dadurch Erfahrung sammeln können. Als dann Hansen zum Zug kam, kam es zum Eklat. Ferstel protestierte, doch das zusammengetretene Baukomitee der Börse entschied sich für die Pläne von Hansen.

Der Bauplatz war einst Teil der Elendbastei (1558–1561 fertiggestellt) und des davor liegenden Glacis.

Eröffnet wurde die Börse am 14.3.1877 durch Kaiser Franz Joseph I.. Bekannt ist auch, dass der Bau des Gebäudes die – für damals unfassbare – Summe von acht Millionen Kronen verschlang.

Das Haus ist durch einen erhöhten Mittelbau mit zwei großen Säulenordnungen gekennzeichnet. Die Seitenflügel sind deutlich niedriger, die Eckrisalite erhöht. Die Fassade ist in rotem Stein gehalten, Ausnahme ist nur der hohe Mittelbau, den ein Giebel mit Reliefbildern und Figuren schmückt. Im Mittelbau war der Wertpapierbörsesaal untergebracht. Er enthielt ein Vestibül und den eigentlichen Börsesaal, der nicht nur sehr lang ist (56,5 m Länge, 25,5 m Breite), sondern auch durch 22 m Raumhöhe beeindruckt.

Im Untergeschoss war der Raum von dorischen Säulen umringt, im Obergeschoss mit korinthischen Säulen; beide trugen hohe Rundbögen. Die Decke war reich kassettiert und auf die Marmorwände abgestimmt. Der plastische Schmuck wurde von Vincenz Pilz (Neptun im Triumphbogen) und Alois Düll (Zeus und Neptun) geschaffen.

Börse, Museen und Ausstellungen

Börse innen

Die Institution Börse wurde 1770 unter Maria Theresia gegründet und war zahlreiche Male übersiedelt, bis dieser Bau dafür errichtet wurde. Doch nicht nur die Börse war hier, auch ein Casino und die Handelskammer waren im ersten Stock verortet; ab 1880 gab es sogar ein Orientalisches Museum. Auch das Museum für Volkskunde siedelte bald ein (1897). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der große Saal mit Holzwänden geteilt und als Ausstellungsraum genutzt.

Nutzung als Museum

Bereits vor 1880 etablierte sich im ersten Stock des Börsegebäudes das k. k. Orientalische Museum; es wurde 1887 in k. k. Österreichisches Handelsmuseum umbenannt. Laut Adressbuchnachweisen lagen seine Stationen im Umfeld der Börse:

  • 1875–1879 Renngasse 12, 1880–1887 Börsegasse 3;
  • als Handelsmuseum 1888–1893 Börsegasse 3 und
  • 1894–1896 Börsegasse 11 (Seitenadresse des Börsekomplexes).

1897 übersiedelte die Institution in das Palais Festetics (Berggasse 16). [1] [2] [3]

Am 31.1.1897 wurde im Börsegebäude das Museum für österreichische Volkskunde eröffnet; 1898 bezog es seine erste Unterkunft im großen Saal der Wiener Börse. 1917 übersiedelte es in das Gartenpalais Schönborn (Laudongasse 15–19), die Eröffnung dort erfolgte 1920. [4] [5]

Nach 1945 wurde der große Börsesaal durch Kojenwände unterteilt und als Ausstellungshalle genutzt, bis der Brand von 1956 weite Teile des Inneren zerstörte. [6]

Zwei Zerstörungen

ICON Unglücksfall.png

Am 12.3.1945 traf eine Bombe das Gebäude schwer – der gesamte Nordosttrakt wurde dabei zerstört, mit ihm die Büroräume im ersten und zweiten Stock und der Sitzungssaal im Erdgeschoss.

Am 13.4.1956 wurde die Börse abermals Opfer einer Katastrophe: Ein Großbrand zerstörte große Teile des Hauses; der zentrale Börsensaal und der Eingangstrakt wurden dabei für immer vernichtet. Ausgelöst wurde der Brand vermutlich durch eine weggeworfene Zigarette. Pikantes Detail: In dem Haus hatte damals die APA ihren Sitz. Die „brandaktuelle“ Nachricht, die an diesem Tag aus dem Gebäude kam, lautete „+++ Hilfe +++ SOS +++ Wir brennen +++“.

Die Börse heute

1956–1959 erneuerte man die Innenausstattung nach Plänen von Erich Boltenstern und Erich Schlöss; der Saal wurde dabei nicht mehr rekonstruiert und ist seither ein Innenhof. [10] Am 7.12.1959 konnte die Börse wieder ihren Betrieb aufnehmen.

Bis ins Jahr 2000 war hier schließlich der Sitz der Börse, seither findet sich die Institution in der Wallnerstraße 8. Das Gebäude wurde auf eine 25-Schilling-Münze geprägt und war auch auf einer Briefmarke abgebildet (1971).

Innenräume

Historischer Zustand (1877–1956)

Der Mitteltrakt beherbergte den monumentalen Wertpapierbörsesaal (L/B/H: 58,8 × 26,5 × 22,8 m); er war zweigeschossig ausgebildet (unten dorische, oben korinthische Ordnung mit Rundbogenstellungen), mit reich kassettierten Decken und marmorverkleideten Wänden. Ein vorgelagertes Vestibül und repräsentative Stiegenhäuser erschlossen die Apparat- und Sitzungssäle sowie Nebenräume. Der große Saal war in elf Joche/Abteilungen gegliedert und diente als zentrales „Parkett“ der Effektenbörse. [11]

Der plastische Schmuck der Anlage (Außenprogramm und Giebelfeld) stammt u. a. von Vincenz Pilz (»Neptun im Triumphbogen«) und Alois Düll (»Zeus« und »Neptun«); im Inneren korrespondierten Säulenordnungen, Kassettierungen und farbiges Material mit Hansens historistischem Gesamtkonzept. [12]

Am 12.3.1945 wurde der Nordosttrakt durch Bombentreffer schwer beschädigt; der große Saal wurde nach 1945 provisorisch als Ausstellungshalle genutzt (durch Kojenwände unterteilt). [13]

Nach 1956 – heutige Nutzung

Der Großbrand vom 13.4.1956 zerstörte weite Teile der Innenräume; beim Wiederaufbau 1956–1959 nach Plänen von Erich Boltenstern (mit Erich Schlöss) wurde der ausgebrannte Börsensaal nicht rekonstruiert, sondern als offener Innenhof ausgebildet. Die Börse nahm am 7.12.1959 den Betrieb wieder auf. [15] [16]

Die „Wiener Börsensäle“ (Wipplingerstraße 34) werden heute als Veranstaltungsräume genutzt; erhalten bzw. wiederhergestellt sind die repräsentativen Erschließungsbereiche (Vestibül/Stiegenhaus) und mehrere reich dekorierte Säle, die das ringstraßenzeitliche Ambiente weitertragen. [17]

Figurenschmuck und Reliefs der Fassade

Die Fassade folgt Hansens historistischem Programm mit neorenaissancehaften Ordnungen und einem reich gegliederten Mittelrisalit: Ein umlaufender Fries mit Relieftafeln und eingestellten Figuren betont den erhöhten Mittelbau; thematisch zeigen die Tafeln Allegorien des Wirtschaftslebens (etwa Handel, Verkehr/Schifffahrt, Industrie).

Der zweigeschossige Portikus trägt ein gefülltes Giebelfeld, darüber stehen auf Postamenten weitere Standfiguren; die Eckrisalite sind skulptural akzentuiert. Die plastische Ausstattung der Außenhaut blieb beim Großbrand 1956 weitgehend unversehrt und prägt das Erscheinungsbild bis heute; monumentale Innenplastiken (u. a. Vinzenz Pilz) sind teils nur mehr als Gipsabgüsse erhalten. [18] [19] [20]

Video zur Börse

YouTube • Wien
Kurzdoku: Vom Parkett bis ins Netzwerk – 250 Jahre Wiener Börse

Quelle: YouTube • Direktlink



Quellen

  1. Wiener Börse (Gebäude): Abschnitt zur Nutzung; „im ersten Stock … Orientalisches Museum“; sowie Museumsangaben. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude)
  2. MAK: Museumsgeschichte; zur Gründung 1875 und Umbenennung 1887. https://www.mak.at/en/museum/mak_geschichte_
  3. Palais Festetics (Wien): Adressstationen des Orientalischen Museums/Handelsmuseums (nach Lehmann). de.wikipedia.org/wiki/Palais_Festetics_(Wien) .
  4. Wiener Börse (Gebäude): Eröffnung des Volkskundemuseums am 31.1.1897. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude).
  5. Österreichisches Museum für Volkskunde: Gründung 1895; erste Unterkunft 1898 im großen Saal der Wiener Börse; Übersiedlung/Eröffnung 1917/1920. de.wikipedia.org/wiki/Österreichisches_Museum_für_Volkskunde
  6. Wiener Börse (Gebäude): Nachkriegsnutzung als Ausstellungshalle; Brand 1956. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude)
  7. Wien Museum Online: „1., Schottenring 16 – Börse – Innenansicht – Börsesaal“, Inv.-Nr. 209959.
  8. Wikimedia Commons: „Siegelmarke K.K. Österr. Handelsmuseum Direktion W0320777.jpg“.
  9. Wikimedia Commons (Thomas Ledl, CC BY-SA 4.0): „Stiegenhaus Börse Wien 1.jpg“.
  10. http://www.architektenlexikon.at/de/1367.htm
  11. Wiener Börse (Gebäude), Maße und Saalgliederung; sowie Bild „Stiegenhaus“. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude)
  12. Wien Geschichte Wiki: „Börse (Gebäude)“, Abschnitt zu Bildhauerarbeiten (Pilz/Düll). https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Börse_(Gebäude).
  13. Wiener Börse (Gebäude), Kriegs- und Nachkriegsnutzung. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude)
  14. Unbekannt (Fotograf), 1., Schottenring 16 - Börse - Innenansicht - Börsesaal (Wiener Bauten-Album, Blatt Nr. 196, Beilage zur "Wiener Bauindustrie-Zeitung"), um 1890 (Druck), Wien Museum Inv.-Nr. 79000/631, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/139381/)
  15. Architektenlexikon Wien: Erich Boltenstern – Wiederaufbau Börse 1956–1959. https://www.architektenlexikon.at/de/1367.htm
  16. Wiener Börse (Gebäude), Brand 1956, Wiederaufbau, Betriebsaufnahme. de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Börse_(Gebäude)
  17. Palais Events (Betreiber): Presseinfo/Facts zu den Wiener Börsensälen. https://palaisevents.at/wp-content/uploads/pt_wiener-boersensaele-1.pdf
  18. https://www.architektenlexikon.at/de/1093.htm
  19. https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_B%C3%B6rse_%28Geb%C3%A4ude%29
  20. https://palaisevents.at/wp-content/uploads/pt_wiener-boersensaele-2021.pdf
© Christiana Mazakarini