Postgasse 4A

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Die Kirche

Ein Bild.

Bezirk

1., Innere Stadt

Aliasadressen
=Postgasse 4A
=Postgasse 2
Konskriptionsnummer
vor 1862: -
vor 1821: -
vor 1795: -
Baujahr
6.5.1631
Architekten (Bau)
Eduard Frauenfeld sen.
Inhaltslizenz: CC-BY-SA 4.0

Dominikanerkirche - Architektur und Geschichte

Dominikanerkirche aus Sicht Canalettos
Dominikanerkirche 1896[1]

Bettelorden bauten üblicherweise ihre Kirchen knapp an Stadttoren - so geschah es auch bei dieser Kirche: sie grenzte ans Stubentor. Der Baugrund für das Kloster und eine Kapelle war den Mönchen im Jahr 1226 von Herzog Leopold VI. zur Verfügung gestellt worden. Das erste Kirchlein wurde 1237 (von Eberhard, Erzbischof von Salzburg) geweiht, nach zwei Bränden war es jedoch so zerstört, dass man beschloss, nun eine richtige Kirche zu errichten, die noch verbliebenen Fundamente des alten Kirchleins wurden dabei in den Neubau integriert. Nikolaus Boccasini, damals Domkardinal, später Papst Benedikt XI., weihte die neue Kirche 1302.

1529, als die Türken Wien belagerten, rächte sich die Lage unmittelbar an der Stadtbefestigung: Die Bevölkerung trug große Teile der Kirche ab, um mit dem Material die Stadtummauerung zu verstärken. 1530 beschloss Ferdinand I eine neue Kirche zu erbauen, sie rückte dabei etwas näher gegen die Stadt, die verbliebenen Ruinen standen noch viele Jahre hinter der neuen Kirche. Da der Bau sehr schnell vorgenommen wurde - und kaum Geld vorhanden war -, war die Kirche schmucklos, fast ärmlich, ausgestattet. Nun wurde auf kargen Mauern ein hohes Kirchendach aufgesetzt, auch der schlichte Turm erhielt ein hohes Spitzdach.

Aus den Ruinen wurde zwischen 1545 und 1560 ein Kavalier (Katze, Teil der Stadtmauer) errichtet, und da dafür seitens des Herrscherhauses kaum Geld beigesteuert werden konnte, und die Finanzierung durch die Bürger erfolgen musste, trug der Teil der Bastion bald den Namen "Bürgerbastei" (auch Namen wie "Predigerbastei" und "Hollerstaudenbastei" finden sich). Über den fertiggestellten Bau verfasste Schmelzl um 1560 die Zeilen:

Original Hochdeutsch
Zu nechst beym Stubnthor herbey

Die Herrn von Wienn auff haben paut
Ein Stuck, warlich wer das anschaut,
Der spricht: "das ist ein nutz gepew!"
Von quaderstain gemacht als new,
Zu welchem Künigklichs gemüt,
Auß rechter vätterlicher güt,
Beym predigern den hohen Chor,
Ungepaut gstanden etlich jar,
Zu diser Pasteyen vergundt.

Dem Stubentore nahebei

Ist von den Wienern auferbaut
Ein Stück, fürwahr, wer dies beschaut,
Der spricht: 'Das muß von Nutzen sein.'
Errichtet ist's aus Quaderstein.
Es hat ein königlich Gemüt,
Aus echter, väterlicher Güt',
All' das, was bei dem hohen Chor
Der Prediger lange stand zuvor,
Der Bastion nunmehr vergönnt.

Als der Kavalier 1847 Großteils abgetragen wurde, fanden sich wieder die Fundamente der beiden alten Kirchen, auch zahlreiche Münzen, Grabsteine (wie der des Friedrich Frieshammer) und Kunstwerke konnten geborgen werden. [2]

100 Jahre nach der Zerstörung zur Zeit der Türkenbelagerung, am 6.5.1631, legte Kaiser Ferdinand II. den Grundstein für eine neue Kirche, er ließ dabei die schmucklose Behelfskirche abtragen. Schon nach drei Jahren war der Rohbau fertiggestellt, am 1.10.1634 weihte man die früheste barocke Kirche Wiens. Die Kuppel und die Fassade wurden 1674 vollendet - damit war die Dominikanerkirche nach der Stephanskirche die zweitgrößte Kirche der Stadt. Zwischen 1837 und 1840 wurde der Chor ausgebaut, die Arbeiten nahm Eduard Bauernfeld sen. vor. [3]

Papst Pius XI. erhob die Kirche 1927 zur "Basilica minor" (vom Papst verliehener Ehrentitel für eine Kirche [4]).

Zeittafel

Jahr(e) Ereignis
1226 Baugrund für Kloster & Kapelle (Leopold VI.)
1237 Weihe der ersten Kapelle (Eberhard von Salzburg)
1302 Weihe der erweiterten Kirche (Nikolaus Boccasini)
1529 Türkenbelagerung: Abtrag von Bauteilen für die Befestigung
1530 Schlichte Ersatzkirche näher zur Stadt
1545–1560 Kavalier/Bastei aus den Ruinen („Bürgerbastei“)
6.5.1631 Grundsteinlegung durch Kaiser Ferdinand II.
1.10.1634 Weihe der neuen Kirche (frühbarock)
1674 Vollendung von Kuppel und Fassade
1837–1840 Chorerweiterung (Eduard Bauernfeld sen.) [5]
1927 Erhebung zur Basilica minor (Pius XI.) [6]
2020–2022 Innenrestaurierung (Aufhellung Hochaltarbereich)

Die Kirche Außen

Die barocke Ausfertigung ist vor allem italienischen Künstlern zu verdanken - unter ihnen der Freskenmaler Carpoforo Tencalla und die Baumeister Cypriano Biasino, Antonio Canevale und Jacopo Spacio. Die Steinmetzarbeiten wurden durch Meister Hieronymus Bregno vorgenommen.

Portal, Fassade & Figurenprogramm

Portal und Figurenprogramm

Portal mit Rosenkranz-Patronin & Figurenprogramm

Über dem Portal der Kirche befindet sich die Patronin der Kirche, eine Statue der Hl. Maria vom Rosenkranz. An der Fassade kann man noch acht weitere Steinfiguren entdecken, die Mitglieder des Ordens waren:

  • Neben der Muttergottes knien die Figuren der Katharina von Siena und der Agnes von Montepulciano.
  • Die Statuen von Ludwig Bertrand und Rosa von Lima sind in Nischen des Untergeschosses untergebracht
  • Im Obergeschoss wachen Hyazinth von Polen und Vinzenz Ferrer.
  • An den Ecken des Obergeschosses stehen schließlich die Statuen der bedeutendsten Gelehrten der Dominikaner, Albertus Magnus (links) und Thomas von Aquin (rechts).

An der Westfassade ist ein Spruch angebracht, der sich auf einige der genannten Figuren bezieht: "Dem großen Gott, der großen Mutter Maria vom Rosenkranze, den heiligen Dominikus, Katharina von Siena, allen Heiligen, wurde dieser Tempel erbaut unter Papst Urban VIII., dem die Christenheit regierenden Kaiser Ferdinand II. und König Ferdinand III. [7]

Durch die Regulierung des Dominikanerplatzes im 19. Jahrhundert wurde das Straßenniveau nach unten verlegt, seither führt eine Treppe in die Kirche.

Gedenktafel für Windhag

Über dem Tor des Seiteneinganges findet sich eine Tafel für Johannes Joachim von Windhag.

Gedenktafel Johannes Joachim von Windhag

Bibliotheca
Ioannis Ioachimis R I Comitis
Abetin Windhag
pro usu publico fundata
VIDCLXXVIII

Das Innere der Kirche

Die Dominikanerkirche ist innen frühbarock ausgestaltet, sie hat Seitenkapellen, ein Querhaus und eine Kuppel. Die Dimensionen des Kirchenschiffes betragen in der Länge 46,54 Meter, in der Breite 20,90 Meter und in der Höhe 22,10 Meter. Der reiche frühbarocke Stuckdekor wird G. B. Colomba zugeschreiben, er prägt den hellen, plastischen Raumeindruck.

In der Dominikanerkirche flankieren je drei Seitenkapellen das Langhaus; jede Kapelle ist einem Heiligen geweiht, dessen Leben und Tugenden sich im jeweiligen Altarbild und in den Wandgemälden verdichten. Zusammen mit zwei bedeutenden Querhausaltären entsteht ein geschlossenes Bildprogramm des Predigerordens und seiner Spiritualität.

Zwischen 2020 und 2022 wurde die Kirche einer umfassenden Innenrestaurierung unterzogen, bei der die Bilder und Fresken aufgefrischt, vor allem aber ein giebelförmiger Aufsatz am Hochaltar entfernt wurde, was für deutlich mehr Lichteinfall sorgt.

Bilderschmuck

Blick in die Kirche

Blick in die Kirche

Die Deckenfresken im Langhaus sind Werke von Matthias Rauchmiller aus dem Jahr 1675, man sieht hier 46 Szenen mit marianischem Zyklus; Hauptbilder: Vermählung Mariens, Braut des Hl. Geistes, Mariä Opferung

Die Fresken in Presbyterium und Querhaus wurden von Carpoforo Tencalla (1675/76) geschaffen. Das ehemalige Kuppelbild wurde Nikolaus van Hoy zugeschrieben, das heutige wurde 1836 von Franz Geyling gemalt.

Hochaltar und Tabernakel

Der Hochaltar

Der Hochaltar

Der Hochaltar wurde 1839/1840 von Karl Rösner geschaffen, das Altarbild, ein Werk von Leopold Kupelwieser, zeigt die Einsetzung und Feier des Rosenkranzfestes durch Papst Gregor XIII. Der knieende heilige Dominikus nimmt den Rosenkranz entgegen.

Der Tabernakel wurde von Josef Ferstel angefertigt. Rund um den Altar sind Fresken zu sehen, die alle das Thema des Rosenkranzes fortsetzen. Darunter sieht man das Bildnis der Seeschlacht von Lepanto.

Kapelle der Heiligen Katharina von Siena

Kapelle der Heiligen Katharina von Siena

Seitenaltar dder Heiligen Katharina von Siena

Die Kapelle der heiligen Katharina von Siena liegt unmittelbar bei der Kanzel. Über dem Altar entfaltet François Roettiers die „mystische Vermählung“ der Heiligen mit Christus; auch die seitlichen Gemälde stammen von seiner Hand und führen das Thema der liebenden Hingabe weiter. Christus steckt der Dominikanerin den Ring an – darüber schweben Engel. Damit setzt die Kapelle einen zarten, innerlichen Akzent gleich am Beginn des Rundgangs.

Thomaskapelle (heiliger Thomas von Aquin)

Thomaskapelle mit Altarbild von Frans Luycx

Frans Luycx, Altar- und Wandbilder (um 1649)

In der zweiten nördlichen Seitenkapelle steht der Thomasaltar. Die Thomaskapelle zeigt ein geschlossenes Bildprogramm zu Leben und Lehre des „doctor angelicus“. Das Altarblatt von Frans Luycx (1649) stellt Thomas in der Zwiesprache mit dem Gekreuzigten dar – eine poetische Verdichtung der „göttlichen Bestätigung“ seiner Theologie. Auf den Seitenwänden entfalten weitere Gemälde die dramatische Bildsprache des römisch-flämischen Barock: die Versuchung und die Umgürtung durch Engel, eine Erscheinung der Apostel Petrus und Paulus sowie eine lichtdurchflutete Glorie. Eine lateinische Widmungsinschrift im Deckenbereich nennt die Stifterfamilie und verankert die Kapelle als gelehrten Andachtsraum der Wiener Predigerbrüder. Auf der Rückseite des Altarbildes ist der Blick in das Kircheninnere mit der ursprünglichen Kuppel zu sehen. [8][9][10]


Unter dem Bild ist eine Inschrift angebracht. [11]. Inschrift (latein) / Übersetzung
Textus latinus

DEO IMMORTALI ANGELORVM REGI
IN HONOREM ANGELICI DOCTORIS SANCTI
THOMAE AQVINATIS HANC CAPELLAM FAMILIA
VERTEMANIANA IN AETERNAM MEMORIAM
DICAT CONSECRATQVE

Übersetzung

Dem unsterblichen Gott, dem König der Engel, zu Ehren des engelsgleichen Gelehrten, des heiligen Thomas von Aquin, widmet und weiht die Familie Wertemann diese Kapelle zum ewigen Angedenken. [12]

Kapelle der heiligen Rosa von Lima

Altar der heiligen Rosa von Lima

Altar der heiligen Rosa von Lima

Die Kapelle der heiligen Rosa von Lima war ursprünglich mit einem Altarbild von 1671 ausgestattet; in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ersetzte man es durch eine Krönung Mariens. Der Wechsel spiegelt den marianisch-rosenkranzlichen Ton der Kirche, ohne die Dominikanerin aus dem Blick zu verlieren. Maria schwebt auf Wolken, umgeben von Engeln; oben deutet die Trinität (Vater, Sohn und die Taube des Heiligen Geistes) die Krönungsszene an – genau jenes Gemälde, das im 18. Jahrhundert das ursprüngliche Rosa-von-Lima-Bild in dieser Kapelle ersetzt hat.

Annenkapelle

Altar der Heiligen Anna

Altar der heiligen Anna

In der Annenkapelle richtet sich der Blick auf Anna, Johannes den Täufer und Barbara. Das Altarbild wurde lange Tobias Pock zugeschrieben; die Forschung ist hier vorsichtiger geworden und erinnert daran, wie vielschichtig die Werkzusammenhänge im Wien des 17. Jahrhunderts waren. Das Altarblatt zeigt die Anna-Selbdritt-Darstellung: die hl. Anna mit Maria und dem Jesuskind, umgeben von Engeln; seitlich sind weitere Heilige bzw. Begleitfiguren gestellt, und im Aufsatz befindet sich ein kleines Oberbild.

Kapelle des heiligen Vinzenz Ferrer

Kapelle des heiligen Vinzenz Ferrer

Altar des heiligen Vinzenz Ferrer

Besonders eindrucksvoll ist die Kapelle des heiligen Vinzenz Ferrer. François Roettiers zeigt 1726 die Totenerweckung des Predigers; über dem Geschehen schwingen Engel mit Posaunen und verweisen auf die Dringlichkeit seiner Bußpredigt. Hier wirkt der Dominikaner als „Engel der Apokalypse“; über ihm schwebt der Engel mit der Trompete, darunter sammeln sich die Gläubigen zur Totenerweckung. Zwei bronzierte Figuren – Hieronymus und Maria Magdalena – stammen aus der Werkstatt Johann-Georg Bendls; ein vergoldetes, schmiedeeisernes Gitter, gearbeitet von den Mönchen Martin Eker und Raymund Schrob, fasste die Kapelle ursprünglich wie ein leuchtender Rahmen.

Kapelle der heiligen Katharina von Alexandrien

Altar der heiligen Katharina von Alexandrien

Altar der heiligen Katharina von Alexandrien

Die Kapelle der heiligen Katharina von Alexandrien zeigt im Altargemälde Tobias Pock’s realistische Schilderung des Martyriums. Das Altarblatt zeigt ihr Martyrium mit dem Rad als Attribut; oben im Aufsatz erscheint eine himmlische Szene, das reich vergoldete Gehäuse rahmt die Darstellung barock-theatralisch. Auf den Seitenwänden ergänzt Frans Luycx die Szene zu einem dichten Lehr- und Leidenszyklus. So schließt die Reihe der sechs Seitenkapellen mit einer Darstellung, die Mut und Erkenntnis treu miteinander verbindet.

Querhausaltäre

Johannes-Nepomuk-Altar

Johannes-Nepomuk-Altar

Zum Seitenaltar-Kranz treten zwei Querhausaltäre hinzu. Am Dominikus-Altar betet der Ordensgründer – gemalt 1655 von Tobias Pock – vor der Dreifaltigkeit; in den Nischen stehen Leopold und Florian, darüber Katharina von Alexandrien und Barbara.

Gegenüber der Kanzel erinnert der Johannes-Nepomuk-Altar mit einer dramatisch gefassten Statuengruppe des Bildhauers Lorenzo Mattielli (1724) an Beichte, Verkündigung und Standhaftigkeit: Antonius von Padua, Vinzenz Ferrer, der Apostel Petrus und Severin von Noricum begleiten die Hauptfigur; über den Voluten sitzen die Allegorien Glaube und Hoffnung

Die Kanzel

Kanzel

Die Kanzel

Die Kanzel der Dominikanerkirche ist ein Höhepunkt der barocken Ausstattung. Sie entstand um 1698–1700 als vergoldete Holzarbeit des kaiserlichen Bildhauers Matthias Steinl und wurde von der Rosenkranz-Bruderschaft gestiftet. In der Forschung wird außerdem vermutet, dass Steinl sich als Büstenrelief am Kanzelkorb selbst porträtiert hat. Stilistisch knüpft das Werk an ein Vorbild aus der Graphik an: Die Gesamtdisposition folgt einer Kupferstichkomposition Jean Le Pautres.

Heute steht die Kanzel am Vierungspfeiler gegenüber dem Johannes-Nepomuk-Altar; sie wurde im 19. Jahrhundert auf diesen Standort versetzt und später mehrfach restauriert.

Ihr ikonographisches Programm entfaltet die weltumspannende Botschaft des Rosenkranzes. Auf dem weit ausgreifenden Schalldach umkreisen Engel die Taube des Heiligen Geistes, während an der Kante vier Erdteil-Allegorien – Afrika, Europa, Asien und Amerika – dem Zentrum zugewandt sind; Europa hält als Attribut ein Kirchenmodell. Im mittleren Relief des Kanzelkorbs tragen zwei Putti eine vom Rosenkranz umschlungene Weltkugel, unter der die Devise „Toto diffunditur orbe.“ („über den ganzen Erdkreis verbreitet“) erscheint. Damit verweist die Kanzel auf die marianisch-rosenkranzliche Prägung der Kirche und bindet Bild, Predigt und Liturgie zu einer Einheit.

Orgeln

Orgelpfeifen und Denkenfresken

Orgelpfeifen und Denkenfresken

Die Klanglandschaft der Dominikanerkirche trägt zwei deutlich unterschiedliche Handschriften:

Auf der Westempore steht die große Hauptorgel im historischen Gehäuse des 18. Jahrhunderts, deren Pfeifenwerk 1895 von den Gebrüdern Rieger (Jägerndorf) eingebaut wurde. Im Mozartjahr 1991 erhielt das Instrument durch Karl Schuke (Berlin) eine umfassende Restaurierung mit Rekonstruktion des im Ersten Weltkrieg verlorenen Prospekts und einer Rückführung der Disposition auf den originalen Charakter. Seither führt die Hauptorgel — mit drei Manualen und Pedal sowie rund sechs Dutzend Registern — den Raum souverän; ihre mechanischen Trakturen vermitteln eine direkte Ansprache, während das wieder eingerichtete Brüstungspositiv den vorderen Kirchenraum farbig akzentuiert.

Dem liturgischen Alltag dient die kleinere Chororgel, die 1992 ebenfalls von Karl Schuke erbaut wurde. Sie steht brüstungsnah, arbeitet mit zwei Manualen und Pedal und umfasst neunzehn Register. Durch ihren schlanken, klaren Ton unterstützt sie Gesang und Wortverkündigung in unmittelbarer Nähe des Altars, ohne den großen Raum zu dominieren — ein komplementäres Gegenüber zur groß dimensionierten Westempore-Orgel.

Reliquien

Zur Wiedereröffnung 2022 wurde der neue Altar feierlich geweiht – dabei setzte Kardinal Christoph Schönborn die "Altarreliquien" in das verschlossene Reliquiengrab ein, salbte die Mensa und entzündete den Weihrauch auf dem Stein. Damit knüpft die Kirche an die alte Praxis an, Reliquien von Märtyrern oder anderen Heiligen "unter dem Altar" beizusetzen: Ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Feier der Eucharistie auf dem Zeugnis der Heiligen ruht. Die konkreten Reliquiennamen sind üblicherweise im sogenannten *Altardepositum* (Sakristei-Unterlagen) vermerkt und werden nicht öffentlich ausgestellt. [13] [14]

Die im Reliquiar befindlichen Heiligen sind: Dominikus, Thomas v. Aquin, Raymund v. Penafort, Vinzenz Ferrer, Petrus von Verona, Ludwig Bertran und die Märtyrer von Gorcum – Johannes von Köln. <ref<https://wien.dominikaner.org/wp-content/uploads/2023/07/Heute-im-Gestern-ER-mittendrin_Sommer-2022.pdf</ref>

Krypta & Grüfte

Unter der Kirche erstreckt sich ein vielteiliges Gruf­ten­system, das seit dem 17. Jahrhundert als Begräbnisort der Predigerbrüder und als Adelsgrablege diente. Neben der Dominikanergruft liegen hier mehrere Familiengruften, wie sie im Umfeld der Hofkirchen der Barockzeit üblich wurden. Mit den josephinischen Reformen wurden die innerstädtischen Grüfte später weitgehend geschlossen; vieles blieb verschlossen und geriet in Vergessenheit. [15]

Bei den jüngsten Restaurierungen der Jahre 2020–2022 rückte dieser unterirdische Kosmos kurz in den Blick: Die Gruft der Grafen von Abensperg und Traun wurde geöffnet und dokumentiert, ebenso kamen Spuren der Brü­dergruft des Konvents wieder zum Vorschein. Der Blick in die Geschichte der Bestattungen reicht dabei bis in die Glanzzeit des Wiener Barock zurück. [16]

Ein besonderer biographischer Faden führt zur Habsburgerin Claudia Felicitas: Die Kaiserin wurde 1676, ihrem Wunsch entsprechend, in der Dominikanerkirche beigesetzt; ihr Herz ruht getrennt in der Kapuzinergruft – ein Hinweis auf die vielschichtige Memoria­praxis der Epoche. [17]

Charakteristisch für diese Kirche ist die enge Bindung von Seitenaltären und Familiengräbern: So erwarb etwa die Familie Sinzendorff im 17. Jahrhundert eine Gruft unter der St.-Katharina-Kapelle – Patronat, Bildprogramm und Bestattung griffen ineinander und prägten den sakralen Raum über Generationen. [18]

Die Grüfte sind heute in der Regel nicht öffentlich zugänglich. Gelegentlich ermöglichen Arbeiten am Bau oder seltene Spezialführungen kurze Einblicke in die unterirdische Topografie der Kirche.

Glocken

In den beiden Türmen der Dominikanerkirche hängt ein dreistimmiges historisches Geläute, dessen Charakter von der großen Glocke „Rosa“ geprägt ist. Sie wurde 1674 in Wien von dem kaiserlichen Stück- und Glockengießer Balthasar (II.) Herold gegossen, schlägt im Ton dis¹, misst rund 138 cm im Durchmesser und bringt etwa 1,6 t auf die Waage. Auf besonderen Zahnkranzlagern gelagert, wird sie bis heute von Hand geläutet und erklingt deshalb nur zu hohen Festen; ihren Platz hat sie im linken Turm.

Im rechten Turm hängen die beiden kleineren Schwestern: eine fis¹-Glocke (114 cm, ca. 900 kg) ebenfalls von Balthasar Herold aus dem Jahr 1659 sowie eine h¹-Glocke (81 cm, ca. 280 kg), die Franz Josef Scheichel 1769 schuf. Gemeinsam spannen sie das helle Klanggerüst dis¹–fis¹–h¹, das sich mit den Innenstadtkirchen wirkungsvoll mischt und den Raum der Maria-Rotunda feierlich füllt.

Ursprünglich war das Geläute umfangreicher; eine zusätzliche mittlere Glocke und das Zügenglöckchen gingen im Zweiten Weltkrieg verloren. Heute übernehmen meist die beiden kleineren Glocken den Alltagsruf zum Gottesdienst, während die „Rosa“ ihren seltenen, majestätischen Auftritt für besondere Anlässe bewahrt. Wer den Klang erleben möchte, findet Aufnahmen des Voll- und Teilgeläuts (dis¹–fis¹–h¹) in einschlägigen Mitschnitten.

YouTube • Wien
Dominikanerkirche Vollgeläute

Quelle: YouTube • Direktlink

Wien – Eine Stadt stellt sich vor

Die Dominikanerkirche trägt das Schild Nr. 6 der Aktion „Wien – Eine Stadt stellt sich vor“.

Tafel der Aktion „Wien – Eine Stadt stellt sich vor“ Dominikanerkirche

Dominikaner--
kirche
Basilika minor ad S. Mariam Rotundam
1631 - 1634
unter der Bauführung von
Jakob Spatz, Cipriano Boafino und
Antonio Canevale erbaut.

→ Mehr zur Reihe: Übersicht


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Quellen

  1. Franz Holluber (Fotograf), 1., Dominikanerbastei 1 - Dominikanerkirche, 1896, Wien Museum Inv.-Nr. 77501/38, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/550108/)
  2. Gustav Adolph Schimmer: Das alte Wien: Darstellung der alten Plätze und merkwürdigsten jetzt größtentheils verschwundenen Gebäude Wien's nach den seltensten gleichzeitigen Originalen, 4. Heft, Zamarski, Wien, 1854, S. 4 ff
  3. http://www.architektenlexikon.at/de/1063.htm
  4. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 1., Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 266
  5. Architektenlexikon, a. a. O.
  6. Czeike, a. a. O.
  7. "http://wien.dominikaner.org/fileadmin/user_upload/Dominikaner-Wien-Uploads/PDF/Kirchenfuehrer.pdf
  8. de.wikipedia.org/wiki/Dominikanerkirche_(Wien)
  9. Austria-Forum: Dominikanerkirche (Wien)
  10. „Thomas von Aquin in Wien“, Blogbeitrag mit Foto der Inschrift
  11. https://mundusantiquus.wordpress.com/2023/02/09/dominikanerkirche-in-wien-thomas-von-aquin/
  12. https://mundusantiquus.wordpress.com/2023/02/09/dominikanerkirche-in-wien-thomas-von-aquin/
  13. Ordensgemeinschaften Österreich: „Dominikanerkirche Wien nach Renovierung wieder eröffnet“, 5.4.2022.
  14. Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, Nr. 302: Der Brauch, Reliquien beizusetzen, „möge man in geeigneter Weise beibehalten“ (deutsche Ausgabe).
  15. de.wikipedia.org/wiki/Dominikanerkirche_(Wien)
  16. Berichte des Konvents und Restaurierungsnotizen, 2020–2022.
  17. Kapuzinergruft – Herzbestattungen; Czeike: Historisches Lexikon Wien.
  18. Stiftungs- und Grablegennachweise in Pfarr-/Ordensakten.