Brandstätte 1

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Das Gebäude

Ein Bild.

Bezirk

1., Innere Stadt

Aliasadressen
=Brandstätte 1
=Stephansplatz 8/8A
=Jasomirgottstraße 2
Konskriptionsnummer
vor 1862: 628
vor 1821: 669
vor 1795: 616
Baujahr
1951
Architekten (Bau)
Josef Vytiska
Inhaltslizenz: CC-BY-SA 4.0

Ehem. Bauernfeindsches Haus, Heute: Kardinal-Innitzer-Hof - Architektur und Geschichte

In caritate servire

Der heute hier stehende Bau wurde 1951 von Josef Vytiska errichtet.

An der linken Hausecke ist ein Relief (aus der Bauzeit) von Bildhauer Ferdinand Welz zu sehen, das Herzog Heinrich II. Jasomirgott darstellt.

Kardinal-Innitzer-Hof

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Im April 1945 brannte das Vorgänger-Gebäude ab, noch ein Jahr lang konnte man die Brandstätte wegen des Schutts und der Einsturzgefahr der Ruinen nicht erreichen. An seiner Stelle wurde 1952 der Neubau errichtet, der als Kardinal-Innitzer-Hof bekannt ist. An seiner Fassade ist ein Mosaik mit dem Wappen und seinem Wahlspruch „In caritate servire“ von Theodor Innitzer angebracht.

Nachdem Innitzer erkannt hatte, dass das Nazi-Regime die Menschen hinters Licht führte, wurde er zum erklärten Nazi-Gegner. Unter dem Motto „Mehr als erschlagen können sie mich nicht“ ermöglichte er zahlreichen Juden die Flucht und organisierte entsprechende Geldunterstützung.

Vorgängerhäuser

Bereits 1560 wurde ein zweistöckiges Haus mit vielen kleinen Fenstern erwähnt, das mit der Front gegen den Stephansfreithof stand.

Bauernfeindsches Haus

Das Haus Stadt 628 wurde 1560 direkt an die heutige Rotenturmstraße 1-3 angebaut, und verband den Stephansfreithof mittels Schwippbogen mit der Brandstadt. Das Haus wird auch im Zusammenhang mit dem ersten gelebten Arbeitnehmerschutz genannt: [1]

Erster Arbeitnehmerschutz

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In Wien gab es im 16. Jahrhundert zu wenig Steinmetze und Maurer, man rekrutierte sie daher aus Oberösterreich. Auch für den Bau dieses Hauses hat die Privatperson (Lazarus Henckel von Donnersmark), die das Vorhaben gemeinsam mit der Stadt in Auftrag gegeben hatte, Probleme, genug Handwerker zu bekommen, und engagierte die Oberösterreicher. Um sie zu halten, musste man sich etwas einfallen lassen. Im August 1560 erkrankten plötzlich acht Arbeiter gleichzeitig. Die Stadt Wien beschloss daher, jedem Arbeiter, der über eine Woche ausfiel, ein „Hofgeld“ zu bezahlen. Damit ersparte man den Arbeitern in ihrer Heimat eine schlechte Nachrede und spornte die gesunden an. Zwischen September und Oktober sind Auszahlungen an 17 Personen nachweisbar.

Geschichten um das Haus

Seinen Namen hatte das Haus von Georg Bauernfeind, dem Ratsherrn, erhalten, der es 1697 kaufte und bis 1721 besaß. Es rankt sich auch die Geschichte um das Haus, dass der Name durch Neidhart Fuchs entstanden sei – der ein Feind der Bauern war – das ist aber als unrichtig erwiesen.

1809 beschossen die Franzosen Wien, und trafen das Bauernfeindsches Haus – dabei brannte es teilweise ab. Die Erben von Bauernfeind, die das Haus bis in die 1830er-Jahre besessen hatten, bauten es jedoch wieder auf. Nach dem Aussterben der Besitzerfamilie gelangte das Haus, nach mehreren Eigentümerwechseln, schließlich 1873 an die Stadtbaugesellschaft, die es abreißen ließ und an seiner Stelle ein Doppelhaus errichten ließ, das Wilhelm Fraenkel gestaltete.[2]

Im Haus waren die „Alte Feldapotheke“ und das „Cafè de l'Europe“ zu finden.[3]

Lokale

Café de l’Europe

Gegenüber dem Riesentor war das berühmte Kaffeehaus Ludwig Riedls, das Diplomaten, Offiziere und Adelige zu Gast hatte. Auch Anton Kuh beschrieb das Lokal und Gustav Mahler wurde öfter gesehen. Es hatte 24 Stunden geöffnet, damit war es vor allem in den frühen Morgenstunden ein beliebter Treffpunkt für Nachtschwärmer. Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte das Café an die Seite der Jasomirgottstraße, in das alte Geschäftslokal zog ein Bankinstitut ein.

Am neuen Standort etablierte sich ein beliebter Treffpunkt deutscher Emigranten, wie Berthold Brecht und Walter Mehring. Durch die Bombardierung im April 1945 brannte das Kaffeehaus aus, es übersiedelte an den Graben 31, wo es heute noch in drei Geschossen Gäste bewirtet. Die Einrichtung aus den 1950er Jahren ist noch original erhalten.


Goldene Greif-Gravuren an der Apotheke

Die Alte Feldapotheke „Zum Goldenen Greif“ und der Wacholdersack

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Hier war auch die erste urkundlich erwähnte Apotheke Wiens - die Alte Feldapotheke „Zum Goldenen Greif“, sie bestand jedenfalls schon um 1400, vielleicht sogar schon 1315.

Im Mittelalter war es üblich, dass sich für Betriebe Zentren bildeten. So entstand um diese Apotheke herum das Apothekenviertel (Graben bis Rotenturmstraße). Neben Medikamenten bestellte der Hof gerne Marzipan und Konfekt in den Apotheken, da dies einerseits für Normalsterbliche zu teuer war, andererseits wurden diesen Naschereien erotische Wunderkräfte nachgesagt.

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Im Revolutionsjahr 1848 schlug in die Apotheke eine Bombe ein - damals befand sie sich allerdings im Haus Stock-Im-Eisen-Platz 4. Sie richtete erstaunlicher Weise keinerlei Schaden an, weil sie sanft in einem Sack Wacholderbeeren landete und nicht explodierte. [4]

Heute bietet die Apotheke - neben dem üblichen Sortiment - unter der Eigenmarke „Greifenmarke“ alternative Medizin an, darunter einen Brust- und Hustentee, einen speziellen Knoblauchextrakt ("Sativan") und eine Ringelblumensalbe.[5]

  • um 1320–1342/1350 Albrecht (Albertus)
  • um 1342/1350 Chunrat (Vorlauf?)
  • um 1350 – (vor?) 1404 Mathias Bonus (Guet)
  • 1405–1415 Lukas von Venedig
  • 1416–1441 Martin Scheper, † 1451 Wien? (erste Ehe mit Lukas’ Witwe Katharina)
  • 1441–1463 Niclas Lainbacher
  • 1463–1478(?) Hans Perger
  • 1478(?)–1514 Bernhard Flander
  • vor 1530(?)–1541 Sigmund Pernrieder, † 19. Oktober 1541 Wien
  • 1541–1559 Christinus Khünig, * ?Olmütz (Olomouc), † 12. Februar 1559 Wien
  • 1559–1570 Anna Khünig (Witwenbetrieb)
  • 1570–1574 wahrscheinlich Khappler (Kauf; Vorname unbekannt)
  • 1574–1602/1603 Boppo Müller, * vor 1550 Schleissingen (Franken)
  • 1603–1639 Johann Häringshauser, † zwischen 15. März und 29. April 1647 (1622–1639 Pächter Johannes Dornarius beziehungsweise Dornavius)
  • 1639 – (vor?) 1645 Magnus Clemens (Kauf; † 1645)
  • 1647–1657 Heinrich Peschke
  • 1657–1677 Gerhardt Gymnich, Kauf; † 16. September 1677
  • 1677–1680 Rosina Gymnich (Witwenbetrieb), * um 1645, † 28. April 1685, zweite Ehe mit Jonathan Hessenthaler, 1679–1680 Apotheker "Zur goldenen Krone" († 5. April 1680)
  • 1680–1681 Witwenbetrieb "Zur goldenen Krone"
  • 1680–1707? Johann Sigismund Ponz (Schwager und [mit Wenzel Lavin] Gerhab des Paul Leonhard Gymnich, Schwiegersohn der Rosina) anschließend:
  • 1707 Maria Rosina Ponz (Schwester des Paul Leonhard Gymnich; Witwenbetrieb)
  • 1717–1750 Georg Friedrich Eulenschenk (Kauf als Provisor), * um 1687, † 22. Oktober 1750
  • 1750–1770 Maria Regina Eulenschenk (Witwenbetrieb), * um 1687, † 10. Jänner 1770
  • 1770–1783 Joseph Seyfried (Kauf; zeitweise Kompagnon Peter Johann Rauch)
  • 1783–1824 Johann Georg Pfendler (Kauf), * 6. April 1756, † 1. März 1838 Wien
  • 1824–1830 Georg Andreas Pfendler (Sohn als Erbe)
  • 1830–1833 Franz Edler von Mack der Jüngere (Kauf als Schwager)
  • 1833–1850 Eduard Edler von Vivenot (Kauf; zeitweise verpachtet)
  • 1850–1878 Franz Xaver Pleban der Ältere, † 19. Juli 1878
  • 1878–1880 Theresia Pleban (Witwenbetrieb)
  • 1880–1895 Franz Xaver Pleban der Jüngere (Erbe)
  • 1885–1913 Moriz Kris (Kauf), * um 1863, † 25. Jänner 1913
  • 1913–1919 Familienangehörige des Moriz Kris
  • 1919–1938 OHG (Witwe Helene, Söhne Georg und Stefan)
  • 1938 "Arisierung" durch die nationalsozialistische Stadtverwaltung
  • 1945–1949 Rückstellungsverfahren
  • 1949 Rückstellung an Gisela und Anna Kris
  • 1949–? Wiener Gebietskrankenkasse
  • … 2000 … Mag. pharm. Helga Stolz ("Mag. pharm. H. Stolz KG") [6]
  • 1342 … 1483 Goldschmiedgasse 1/Stock-im-Eisen-Platz 4 (zuvor 7; Teil des heutigen Areals; zeitgenössische Lagebezeichnungen gegenüber St. Stephan beziehungsweise gegen sant Stephans freithof uber beziehungsweise am Stephansfreithof; Konskriptionsnummer 612/666/625)
  • vielleicht im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts Goldschmiedgasse 2/Stephansplatz 9 (alt 11 [Teil des heutigen Areals]; späteres Hausschild "Zum goldenen Löwen"; Konskriptionsnummer 613/634/595)
  • … 1465 … (der Zusammenhang ist fraglich) Kärntner Straße ("Zum Semelröschen")
  • 1483 – um 1549 Rotenturmstraße 3 (gegenüber dem Bischofshof; Konskriptionsnummer 621/674/633)
  • um 1549 … 1566 … 1570/1574 Graben 10 (Spiegelgasse 2; Konskriptionsnummer 1136/1171/1105)
  • 1588 Kärntner Straße (fraglich)
  • 1603 … Rotenturmstraße (möglicherweise wieder 3, Konskriptionsnummer 621/674/633, prope curiam episcopalem)
  • … 1612 … Rotenturmstraße 2 (alter Bischofshof; Konskriptionsnummer 869/920/852)
  • frühestens 1619–1834 (ab 1566 Standort der Apotheke "Zum schwarzen Bären) Rotenturmstraße 3 (damals Bischofsgasse; Konskriptionsnummer 621/674/633)
  • 1834–1866 (bis zum Abbruch des Hauses) Stock-im-Eisen-Platz 4 (ursprünglich 7, Teil des heutigen Areals Goldschmiedgasse 1/Stock-im-Eisen-Platz 4 samt einem Teil des vorgelagerten heutigen Straßengrunds; Konskriptionsnummer 610/664/623)
  • 1866–1887 Stephansplatz 2 (Stock-im-Eisen-Platz 1 [heute teilweise Straßengrund]; Konskriptionsnummer 861/929/875 [Lažanskyhaus])
  • 1887–1945 (im Zweiten Weltkrieg zerstört) Stephansplatz 8/Brandstätte 1
  • seit 1951 (nach Wiederaufbau) Stephansplatz 8A (Teil des Theodor-Innitzer-Hofs)[7]


  • … 1465 … Appotecarius circa Rosam
  • 1574, 1602 "Poppiana"
  • 1603 … Ad griphonem aureum
  • 1619 … Zum güldenen Greifen (Zum goldenen Greif)
  • 1707 Ad aureum griphonem
  • 1717–1867 Alte Feldapotheke
  • 1867–1918 Alte k. k. Feldapotheke
  • seit 1918 Alte Feldapotheke[8]

Wohnhaus bekannter Persönlichkeiten

Wohn- und Sterbehaus Georg Carabelli

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In dem Haus wohne der Zahnarzt Georg Carabelli, Edler von Lunkaszprie (* 11. Dezember 1787 Pest, † 24. Oktober 1842 Stadt 628). Carabelli hatte an der Universität Wien Medizin studiert (Doktor der Chirurgie 1815) und sich dann hauptsächlich der Zahnheilkunde gewidmet. Ihm ist es zu verdanken, dass diese Sparte wissenschaftlich anerkannt wurde. 1821 wurde er außerordentlicher Professor für Zahnheilkunde an der Universität Wien, 1833 der Leibarzt von Franz I.

Begraben ist Carabelli am St. Marxer Friedhof. Nach ihm ist auch eine Straße in Wien benannt, die Carabelligasse im 21. Bezirk.

Alte Ansichten

Auf der Seite "Zeitensprünge Wien" ist eine wunderbare Ansicht der heutigen und der ehemaligen Bebauung zu sehen:

https://www.zeitenspruenge.at/karte/606



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Quellen

© Christiana Mazakarini