Franziskanerplatz
| Franziskanerplatz (1., Innere Stadt) | |
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Namensgebung und Geschichte
Der Franziskanerplatz gehört zu den "jüngeren" Plätzen in Wien, seine Schaffung erfolgte aus dem einfachen Grund, dass die herrschaftlichen Kutschen der Kirchgänger der 1611 fertiggestellten – und stark frequentierten - Kirche weder abbiegen noch umkehren konnten. Es wurde mehr Platz zum Ranchieren benötigt, und so wurde das Haus Ecke Weihburggasse abgerissen, das nun freie Areal bildete den Franziskanerplatz.
Ursprünglich gab es an dieser Stelle keinen Platz, sondern nur eine schmale, namenlose Gasse, die vor dem Franziskanerkloster zwischen Singerstraße und Weihburggasse verlief. In einer Urkunde von 1434 ist sie als kleines Gässlein bezeichnet, über das man zur damals bestehenden Kirche St. Hieronymus gelangt.
Ab 1701 ist der Name Franziskanerplatz in verschiedenen Schreibweisen (Franciscanerplatz, Franziscaner-Plätzl) belegt. Alle Bauten rund um den Platz – vom barocken Orellischen Haus an der Ecke Weihburggasse / Franziskanerplatz über die Franziskanerkirche bis zum Haus Zum goldenen Löwen – stehen heute unter Denkmalschutz.[4][5]
Die Kirche weist einen ungewöhnlichen Stilmix auf: die Fassade ist aus der Renaissance, die Strebepfeiler und das Gewölbe sind gotisch, der Innenraum in üppigem Barock.
Die Mitte des Platzes wird durch den Mosesbrunnen dominiert, der erst 1798 aufgestellt wurde.
Trotz der Nähe zu Kärntner Straße und Graben wirkt der Franziskanerplatz bis heute wie eine kleine Oase im Zentrum: Der Verkehr wird auf einen schmalen Durchzugsstreifen beschränkt, der übrige Platz gehört Fußgängerinnen und Fußgängern, den Schanigärten von Gasthaus Pöschl und Kleinem Café sowie den Besucherinnen und Besuchern der Franziskanerkirche.[6][7]
Mosesbrunnen
- Mosesbrunnen am Franziskanerplatz
In der Mitte des Franziskanerplatzes steht der Mosesbrunnen, ein klassizistischer Platzbrunnen, der 1798 nach einem Entwurf von Johann Martin Fischer geschaffen wurde.[8] Ein großes, leicht geschwungenes Becken umgibt einen blockhaften Sockel, aus dessen Löwenmaske Wasser in die Schale fließt. Auf dem Sockel steht eine überlebensgroße Figur des Moses mit erhobenem Stab; an der Vorderseite zeigt ein Relief Israeliten, die ihren Durst stillen, und spielt damit direkt auf die biblische Szene an, in der Moses Wasser aus dem Felsen schlägt. Der Brunnen hieß daher auch „Moses, aus dem Felsen Wasser schlingend, an dem sich die Juden laben“.
Die Brunnenschale ist aus dem frühen 17. Jahrhundert, sie stand ursprünglich im Haus Franziskanerplatz 6 (Zum grünen Löwen). Die Figur war einst aus Blei und wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Bronze gegossen, um dauerhaft witterungsbeständig zu sein.[9]
Anfang des 19. Jahrhunderts stand vor dem Brunnen ein Schilderhäuschen (ein Unterstand für militärische Wachposten), das von vier Öllaternen umgeben war. Diese waren an hohen schwarzgelb gestrichenen Holzpfosten verankert.
| Steckbrief | |
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| Datierung | 1798 (Brunnenskulptur); Brunnenschale aus dem frühen 17. Jahrhundert |
| Künstler / Zuschreibung | Johann Martin Fischer (Entwurf und Ausführung der Mosesfigur und des Reliefs) |
| Typ | Freistehender Platzbrunnen mit großem Becken, Sockel, Mosesfigur, Löwenmaske und Relief der trinkenden Israeliten |
| Material | Steinernes Becken und Sockel; Figur ursprünglich Blei, seit dem späten 19. Jahrhundert Bronzefigur |
| Standort (genau) | Franziskanerplatz (1., Innere Stadt), Platzmitte vor der Franziskanerkirche |
| Ikonografie | Moses mit Stab, Löwenmaske als Wasserspeier, Relief der trinkenden Israeliten (Wasserschlag aus dem Felsen) |
| Hinweis | Denkmal- und Zierbrunnen (kein Trinkbrunnen) |
Sagen und Geschichten rund um den Mosesbrunnen
Moses und der Übersetzungsfehler
Die Legende von der Musterfigur
Moses wird in der darstellenden Kunst oft mit Hörnern dargestellt. Bei dieser Brunnenfigur ist dies eher nur angedeutet, in anderen Kunstwerken trägt er ausgeprägte Ochsenhörner. Der Grund dafür liegt in einer falschen Bibelübersetzung: Im 7. Jahrhundert n. Chr. hieß es "Moses kam herunter den Berg Sinai, mit den Gesetzestafeln in der Hand, eine Corona (Heiligenschein) um sein Haupt".
Ein Mönch machte einen Abschreibfehler, und ab nun hieß es: "Moses kam herunter den Berg Sinai...mit einem Corno (Horn) auf seinem Haupt".
Moses und das Strafausmaß
Eine weitere Erzählung, die mit dem Brunnen verbunden wird, knüpft an die Frage nach Schuld und Reife eines Kindes an. In früheren Jahrhunderten galt: Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr waren strafunmündig. War das Alter unklar, prüfte man die sogenannte Kindesreife, indem man ihnen einen verlockenden Gegenstand und Geld vorlegte. Griff das Kind nach dem Apfel, galt es als noch kindlich und wurde milder behandelt, griff es nach der Münze, nahm man an, dass es bereits das Gewicht von Besitz und Tausch verstand – und damit wie ein Erwachsener zu bestrafen sei.
Als Vorbild wird eine Moses-Legende erzählt: Der kleine Moses greift nach der Krone des Pharao. Um zu entscheiden, ob er für diesen Affront bestraft werden soll, hält man ihm ein Gefäß mit glühenden Kohlen vor. Moses greift danach, steckt die Kohlen in den Mund und verbrennt sich. Die Geschichte schließt mit dem beruhigenden Fazit: Er wird nicht bestraft, denn er ist noch ein unschuldiges Kind.
Häuser des Platzes
Rund um den Franziskanerplatz liegt ein dichtes Ensemble barocker und klassizistischer Bürgerhäuser, die den Platz zu einer kleinen Bühne wienerischer Stadtgeschichte machen.
- Franziskanerplatz 1 - Orellisches Stiftungshaus, „Zur blauen Lilie“, die Einsturzgefahr, Wohnhaus von Egon Caesar Conte Corti, kurzfristige Bleibe von Nikolaus Lenau, Wohn- und Sterbehaus Leopold Kompert und Peter Nobile, Wohnhaus der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis, Restaurant Pöschl, ehem. Immervoll
- Franziskanerplatz 2 - der Alte Domprobsthof, Melchior Khlesls Portal, Wohnhaus der Domkapellmeister Johann Georg Albrechtsberger und Joseph Preindl, Wohnhaus des Nikolaus Lenau, des Schnitzers Wilhelm Rollinger und des Weihbischofs Anton Marxer
- Franziskanerplatz 3 - Wohn- und Sterbehaus von Ignaz de Luca, das Kleine Café
- Franziskanerplatz 4 - Das Büssnerinnenkloster St. Hieronymus, die Geschichte der freizügigen Oberin Juliane Kleeberger, die Franziskaner, mittelalterlicher Hausbesitzer Peter Suchenwirt, Wohnhaus des Arztes und Mathematikers Georg Tannstetter, Sitz des Hagenbundes und der Staatsdruckerei, die Weinkellerei Grams, Blumen Prassl und die Pestleichen
- Franziskanerplatz 4K - Die Franziskanerkirche
- Franziskanerplatz 5 - Wohnhaus des Modearztes Tichtl und des Theologen Johann Emanuel Veith
- Franziskanerplatz 6 - Zum goldenen Löwen, Kunst von Leherb, Hausbesitz Curd Jürgens
Alte Ansichten
- Franziskanerplatz in historischen und aktuellen Ansichten
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Quellen
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskanerplatz_(Wien)
- ↑ https://franziskaner.at/wien/
- ↑ Datenquelle: Stadt Wien - data.wien.gv.at
- ↑ https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Franziskanerplatz_(Wien)
- ↑ https://www.steinhof-erhalten.at/Informationen/denkmalliste_bda_28.6.2013-991320437.pdf
- ↑ https://www.wien.info/de/essen-trinken/maerkte/franziskanerplatz-346272
- ↑ https://lokalfuehrer.stadtbekannt.at/unsere-lieblinge-von-frh-bis-spt/
- ↑ https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Mosesbrunnen_(Wien)
- ↑ https://wien.denkmal-3d.at/wien01_mosesbrunnen.php



