Der nächtliche Trompeter am Michaelertor

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Sagen und Legenden
Der nächtliche Trompeter am Michaelertor


1., Innere Stadt Michaelerplatz Michaelertor · Hofburg Wache · Zeitsignale

Relevante Orte: Michaelertor der Hofburg · Vorplatz Michaelerplatz · Durchgänge zur Winterreitschule und zum Schweizerhof


Ein Signal zwischen Tor und Hof

Michaeler Burgtor in Wenen, RP-F-F02197.jpg

Trompete im Torbogen – Legendenmotiv (Symbolbild)

Spät nachts, wenn der Michaelerplatz leer ist und nur der Wind durch den Torbogen fährt, will man am Michaelertor einen kurzen Trompetenstoß hören: nicht laut, aber klar, als rufe jemand zum Wechsel der Wache. Ein Fiaker schwor, er habe den Ton gehört, als die Uhr erst drei schlug. Er stieg vom Bock, weil die Pferde scheuten – da polterte aus dem dunklen Durchgang ein Karren herab, dessen Rad sich gelöst hatte. Hätte er nicht angehalten, wäre es schlecht ausgegangen.

Die Wachen erzählten, der nächtige Trompeter melde sich immer dann, wenn etwas aus dem Takt gerate: eine Tür unverschlossen, eine Laterne verlöscht, ein Brief falsch abgegeben. Manche sagten, der Klang sei alt wie die Hofsignale; er gehe durch Stein und Gewölbe, wisse den Weg in die Höfe und kehre ans Tor zurück.

Andere meinten, der Ton sei nur der Wind im Bogen, der an einer metallenen Kante pfeife, oder das Echo einer fernen Übung. Doch wenn es im Tor plötzlich hell und kurz »ta-da« macht, legen die Leute die Hand an den Hut und schauen in die Dunkelheit – als stünde dort einer mit blanker Trompete und nickte.

Ort: Torbogen am Michaelerplatz; Verbindungen zur Winterreitschule und in den Schweizerhof

Varianten der Erzählung: Ein einziger Stoß als Warnung · dreitöniges Rufmotiv vor Hofereignissen · der Ton kommt aus dem Schweizerhof, klingt aber im Michaelertor · skeptische Deutung: Windpfeifen, Hall, Wagenhupfer/Signal aus der Ferne.

Historischer Hintergrund

Zur Einordnung: Das Michaelertor ist eine der repräsentativen Hofburg-Pforten; Wachen und Bedienstete orientierten sich an Glocken- und Trompetensignalen. Torbögen und Höfe erzeugen starke Echos und verformen kurze Klänge zu klaren Rufen. Aus akustischen Zufällen und Hofgebrauch entstand die kleine Omen-Geschichte vom Trompeter, verwandt mit Die Stunde zu früh – die Hofglocke. [1]

Quellen

  • Dehio Wien I: Michaelertrakt/Michaelertor – Toranlagen, Hofbezüge.
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien – Michaelerplatz; Hofsignale/Wachwesen (Überblick).
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien 1952 – Stadtwachen- und Warnruf-Motive.
  1. Hof- und Stadttopographie: Michaelertor/Michaelerplatz; Signale von Wache und Kapelle.