Blutgasse 4: Unterschied zwischen den Versionen

Aus City ABC

KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 53: Zeile 53:


=== Die Schatzkammer und das Zentralarchiv ===  
=== Die Schatzkammer und das Zentralarchiv ===  
[[Anker (Schatzkammer des Deutschen Ordens)]]
[[Anker|Schatzkammer des Deutschen Ordens)]]
Die Schatzkammer ist im 2. Stock untergebracht. – man kann hier nicht nur kirchliche Schätze, prunkvolle Kelche und orientalische Waffen (von den Kreuzzügen) sehen, sondern auch das Tafelgeschirr und Reste der Kunstkammer des Hochmeisters Erzherzog Maximilian von Österreich.
Die Schatzkammer ist im 2. Stock untergebracht. – man kann hier nicht nur kirchliche Schätze, prunkvolle Kelche und orientalische Waffen (von den Kreuzzügen) sehen, sondern auch das Tafelgeschirr und Reste der Kunstkammer des Hochmeisters Erzherzog Maximilian von Österreich.



Version vom 8. August 2015, 19:13 Uhr


Basis-Information


Deutschorden z01.JPG

Deutschordenshaus

Aliasadresse =Stephansplatz 4, =Churhausgasse 1, =Singerstraße 7)
Ehem. Konskriptionsnummer noch nicht erfasst
Baujahr 1667 (Umbau)
Architekt Carlo Carnevale


Architektur und Geschichte

Die Blutgasse hieß ursprünglich „Kothgässel bei den Deutschen Herren“, dieser Name lässt sich darauf zurückführen, dass hier der Deutschorden beheimatet war (Deutschordenshaus). Das Deutschordenshaus hat zwei Innenhöfe, an der Ecke zur Singerstraße ist die Fassade barock gestaltet, daran anschließend ist sie frühbarock gegliedert, der Kern des Hauses ist jedoch gotisch. Am rechten Ende ist sogar noch ein Teil der schlichten Fassade aus dem 16.Jahrhundert erhalten. Bei den jeweiligen Umbauten wurden die gotischen Elemente integriert (Anpassung der gotischen Architektur in einen Barockbau). Die Kirche stammt noch aus dem 13. Jahrhundert.

Ab 1667 wurde das Gebäude von Carlo Carnevale neu gestaltet und 1679 von Johann Bernhard Ceresola erweitert. Das Deutschordenshaus wurde 1720 in seine heutige Form durch Anton Erhard Martinelli umgebaut. Der Gebäudekomplex mit 2 Innenhöfen musste mehrere große Brände überstehen, so zum Beispiel in den Jahren 1728 und 1748, der gefährlichste davon war jedoch 1735. Dem Stadtunterkämmerer, der mit einem Löschgerät gekommen war, wurde der Zutritt verweigert, und so dauerte der Brand drei Tage und Nächte an.

Salomon Kleiner hat das Deutschordenshaus 1733 in einer Zeichnung festgehalten, die heute in der Nationalbibliothek zu finden ist:

Datei:Deutschordenshaus 1773.png
Deutschordenshaus im Jahr 1773, Salomon Kleiner

Der Deutsche Orden

Der Deutsche Orden wurde 1190 in Akkon als Spitalsbruderschaft gegründet. Noch 1991 wandelte er sich - im Laufe des dritten Kreuzzuges - zu einem ritterlichen Orden, der die Pilger zum Heiligen Land schützte. Er gehört – neben den Johannitern und den Templern – zu den drei großen Ritterorden, erkennbar sind die Mitglieder an ihrem weißen Mantel mit einem großen schwarzen Kreuz.

An dieser Stelle ließen sich die Deutschordensritter unter Herzog Leopold VI. bereits im Jahr 1200 nieder (nachweisbar sind sie hier ab 1222), noch heute befindet sich die Zentrale, die Kirche, die Schatzkammer, das Zentralarchiv und das Gästehaus hier.

1309 tauschte der Orden mit der Stadt Wien, sie gaben einen Gebäudeteil zur Erweiterung des Stephansfreithofes ab und erhielten dafür einen Gassengrund und einen Teil des Churhauses (Stephansplatz 3). Während des 14, Jahrhunderts hatte der Orden seine Blütezeit, musste dann aber aufgrund wirtschaftlicher Probleme im Jahre 1422 seine Grundrechte an die Augustiner-Eremiten verkaufen. Zu dieser Zeit hatte der große Komplex einen Wirtschaftshof, der von Pferdeställen umgeben war.

Zu Zeiten Adalbert Stifters gab es noch einen Durchgang vom Keller zu den Katakomben.

Die geheime Gruft

Im August 1954 wurde bei Renovierungsarbeiten im Boden eine Gruft entdeckt – der Deckel liegt auf selber Höhe wie der Fußboden, im geschlossenen Zustand war sie daher nicht erkennbar. Nach einem Protokoll aus dem Orden soll diese Gruft zuletzt am 3.5.1864 geöffnet worden sein. Über 15 Steinstufen gelangt man in einen erdigen Gewölbekeller, in dem drei Särge stehen: Der von Graf Guidobald Starhemberg, gestorben am 7. März 1737, der von Graf Johann Harrach, gestorben am 8. August 1864, und die Leiche eines Unbekannten, bei dem vermutet wird, dass es sich um Graf Erasmus Starhemberg handelt.

Deutschordenskirche

Die römisch-katholische Kirche aus dem 13. Jahrhundert, von der heute nur mehr der Kirchturm erhalten ist, brannte Ende des 14. Jahrhunderts ab. Das neu errichtete Langhaus wurde am 4. Adventsonntag 1395 der Ordenspatronin, der heiligen Elisabeth von Thüringen, geweiht. Im Barock wurde das rechteckige Langhaus im gotischen Stil in einen ovalen Raum abgeändert, dadurch entstanden in den Ecken Emporen mit gotischen Ornamenten.

An den Kirchenwänden sind mehr als achtzig Wappenschilde (Aufschwörschilde) angebracht, sie alle wurden nach dem Ritterschlag jeweils hier angebracht.

Der Flügelaltar, der 1520 in Mechelen für die Marienkirche in Danzig geschaffen wurde, kam 1864 nach Wien. Das Hochaltarbild von 1667 (geschaffen vom Tobias Pock) zeigt die Ordenspatrone Maria mit dem Jesuskind, Elisabeth, Georg und Helena. Der Cuspinianaltar zeigt den Stifter Johannes Cuspinian und seine beiden Ehefrauen, Agnes und Anna.

Die Schatzkammer und das Zentralarchiv

Schatzkammer des Deutschen Ordens) Die Schatzkammer ist im 2. Stock untergebracht. – man kann hier nicht nur kirchliche Schätze, prunkvolle Kelche und orientalische Waffen (von den Kreuzzügen) sehen, sondern auch das Tafelgeschirr und Reste der Kunstkammer des Hochmeisters Erzherzog Maximilian von Österreich.

Das Archiv beherbergte ursprünglich nur österreichische Urkunden und Akten, nachdem 1809 der Orden seinen Sitz aus Mergentheim nach Wien verlegt hatte, wurden auch die Bestände des Hauptarchivs (1813) und später auch die aus Schlesien, und Südtirol übernommen. Heute sind hier rund 12.000 Urkunden (die ältesten aus dem 12. Jahrhundert), mehr als 1.000 Handschriften, rund 7.400 Bücher und Publikationen und ein Aktenbestand, der in 44 Abteilungen gegliedert ist, verwahrt.

Der Streit Mozarts mit Graf Colloredo

Im Vorhof, neben dem Eingang zur kleinen Kirche, ist eine Gedenktafel. Sie sagt uns, dass in einer der Wohnungen Mozart lebte, als er als 25-jähriger mit dem Fürsterzbischof von Salzburg Graf Colloredo mit nach Wien übersiedeln musste.

2 Monate später geriet Mozart derart mit Graf Colloredo aneinander (Grund war – neben vielen anderen Aufmüpfigkeiten, dass Mozart sich eigenmächtig Urlaub in München verschafft hatte), dass er kündigte. Auch die Vermittlungsversuche durch den Kammerherrn des Grafen, Graf Arco, nutzen nicht viel, wie Mozart in einem Brief an seinen Vater schilderte:

„Was geht es ihn an, wenn ich meine Entlassung haben will? So soll er mit Gründen jemand zureden, oder die Sache gehen lassen wie sie geht, aber nicht mit Flegel und Bursche herumwerfen, und einen bei der Thüre durch einen Tritt im Arsch hinaus werfen.“ Dieser „Arschtritt“ ging als legendär in die Geschichte ein und führte dazu, dass Mozart von einer sicheren Anstellung in die Selbständigkeit als Freischaffender Künstler entlassen wurde.

Allerlei

Über einen längeren Zeitraum als Mozart, von 1863 bis 1865, verweilte in diesem Haus auch Johannes Brahms.

Rechts vom Tor ist ein Fenster mit alter schmiedeeiserner Vergitterung zu sehen. Dahinter verbirgt sich ein kleines Theater aus dem 18. Jahrhundert (reich verziert und bunt, Groteskenmalerei von 1680), es war das Musikzimmer des Deutschen Ritter Ordens. Hier finden immer noch Konzerte des Mozart-Ensembles statt, natürlich in Originalkostümen.

Die Grabplatten sind die des St. Stephansfriedhofes, sie wurden bei Umbauarbeiten gefunden und 1903 eingemauert.

Im Durchgang zwischen den zwei Höfen sind Ehrentafeln für Ehrenmitglieder beziehungsweise Träger der Mozart-Medaille der Mozartgemeinde Wien angebracht.

1789 richtete Alois Doll seine Buchhandlung in diesem Haus ein (im selben Jahr machte er seinen Ehevertrag). Die Buchhandlung war so erfolgreich, dass er später ein größeres Geschäft Ecke Stephansplatz/Goldschmiedgasse übernahm.

An der Ecke Blutgasse befand sich schon im 19.Jahrhundert ein Lokal, der Deutschordenskeller. Danach fanden sich hier noch andere Gaststätten: Das „Deutsche Haus“ oder „Der Fenstergucker“.

Im zweiten Hof – dem Großen Deutschordenshof – war ab 1205 der Wirtschaftshof des Deutschen Ordens. Er war von Pferdeställen umgeben, die heutige Gestaltung ist von 1785.

Hier ist der Gastgarten von Haas&Haas, dem Teehaus. Die alten schönen Kellergewölbe können im Geschäft betrachtet werden.


Sala Terrena

Im Erdgeschoß liegt neben der Kirche die Sala terrena, ein mit einer flachen Kuppel gewölbter Zentralraum, der mit illusionistischen Wandmalereien des späten 18. Jahrhunderts geschmückt ist. Die Fresken zeigen reiches, teilweise figurales Ornament und mythologische Szenen. Ehemals war dieser sommerliche Gartensaal durch eine Tür zum Hof hin geöffnet, die heute als Fenster verschlossen ist. Die Sala terrena ist gewöhnlich nur für Konzerte geöffnet, kann aber auch im Rahmen von Führungen in der Schatzkammer besichtigt werden.

Der Dichter Ayenhoff

Am 28. Mai 1733 wurde im Deutschen Haus der Dichter Cornelius Hermann Paul von Ayenhoff geboren. Die Gedenktafel im ersten Hof, Stiege III erinnert daran:

Datei:AyenhoffGT.png
Zur Erinnerung an den heimischen Dichter Cornelius Hermann Paul von Ayrenhoff welcher in diesem Hause am 28. Mai 1733 geboren wurde.

Ayenhoff war eigentlich Soldat im Regiment von Harrach, er kämpfte im siebenjährigen Krieg für Maria Theresia um den Erhalt von Schlesien. Dabei war er nicht sehr erfolgreich – er wurde zwei Mal gefangen genommen, auch die Schlacht verlor Österreich. Schon während dem Kriegsdienst hatte Ayenhoff mit dem Schreiben begonnen. Sein erstes Werk, ein Trauerspiel mit dem Namen "Aurelius oder Wettstreit der Großmuth" wird im Kärntnertor-Theater 1766 uraufgeführt. In Summe schrieb er 7 Trauerspiele und 14 Komödien.


Gehe weiter zu Blutgasse 5,7 und 9

Gehe zurück zu Blutgasse | Churhausgasse | Stephansplatz | Singerstraße | Straßen des 1. Bezirks

Quellen:

  • Deutschordenshaus 1733. Zeichnung von S. Kleiner in der Nationalbibliothek