Igel in Wien
Igel in Wien gehören zu den bekanntesten Wildtieren der Stadt. Die stacheligen Insektenfresser sind in vielen Grünanlagen, Gärten, Kleingärten und Parks zuhause und begegnen Menschen vor allem in der Dämmerung und bei nächtlichen Streifzügen. In Wien kommen – wie in weiten Teilen Österreichs – Braunbrustigel und Nördliche Weißbrustigel vor, wobei in Wien vor allem der Weißbrustigel als typische Stadtart gilt.[1][2]
Igel als Stadttiere
Igel sind Kulturfolger. Sie finden in der Stadt zahlreiche Lebensräume: strukturreiche Gärten, Parks, Böschungen, Brachen, Friedhöfe und Kleingartenanlagen. Dort nutzen sie Hecken, Sträucher, Laub- und Totholzhaufen, Kompost und Gartenecken als Tagesverstecke und Winterquartiere. Nachts suchen sie nach Nahrung und können dabei mehrere Kilometer zurücklegen.[3]
Ihre Nahrung besteht fast ausschließlich aus tierischer Kost: Käfer, Raupen, Regenwürmer, Spinnen, Asseln und Schnecken stehen ganz oben auf dem Speiseplan. Damit sind Igel wichtige Insekten- und Schneckenjäger im Garten – allerdings sind sie keine „biologischen Schädlingsbekämpfer“, die man gezielt einsetzen könnte, sondern geschützte Wildtiere, die ihren Lebensraum selbst wählen.[4]
Forschungsprojekte und Stadtökologie
In den letzten Jahren sind Igel in Wien zunehmend in den Fokus der Forschung gerückt. Citizen-Science-Projekte wie Stadtwildtiere sammeln Beobachtungen von Igeln und anderen Stadtwildtieren, um Verbreitungsmuster, Aktivitätszeiten und Gefahren besser zu verstehen.[5]
Eine aktuelle Studie untersucht, wie sich Igel und Dachse im Siedlungsgebiet von Wien ihren Lebensraum teilen und welche Strukturen beiden Arten helfen, sich in der Stadt zurechtzufinden. Datengrundlage sind Meldungen aus den Citizen-Science-Projekten StadtWildTiere.at und Roadkill.at, ergänzt um Telemetrie- und Spurendaten.[6]
Die Wiener Umweltschutzabteilung MA 22 hat zudem eine eigene Broschüre „Igel in Wien. Ein Wegweiser“ herausgegeben, in der Lebensweise, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen ausführlich beschrieben sind. Im Rahmen des Arten- und Lebensraumschutzprogramms Netzwerk Natur wird der streng geschützte Igel als Zielart geführt.[7]
Lebensräume in Wien
Igel finden in Wien vor allem dort geeignete Lebensräume, wo es reich strukturierte Grünflächen gibt. Der Wildtierservice Wien betont, dass strukturreiche Gärten mit Laub- und Totholzhaufen, Hecken, Sträuchern und ungemähten Ecken ideale Verstecke, Schutz vor Kälte und Nahrungsquellen bieten.[8]
Typische Igel-Lebensräume sind:
- Gärten und Kleingartenanlagen mit Hecken, Beeten, Kompost und Laubhaufen
- Parks und Friedhöfe mit altem Baumbestand und Unterwuchs
- Böschungen, Brachen, Bahndämme und Grünstreifen zwischen Häusern
- naturnah gestaltete Schulhöfe, Innenhöfe und Wohnhausanlagen
Versiegelte Flächen, monotone Rasen, dichte Zäune ohne Durchschlupf und „aufgeräumte“ Gärten ohne Totholz oder Laubhaufen sind dagegen für Igel nahezu unbrauchbar. Die Wiener Umweltanwaltschaft wirbt deshalb seit Jahren für mehr „wilde Ecken“ in Gärten und Siedlungen.[9]
Winterschlaf und Hilfe im Herbst
Igel halten Winterschlaf. Ab etwa Oktober, je nach Witterung, suchen sie geschützte Plätze in Laub- und Totholzhaufen, unter Sträuchern, Holzstapeln oder in speziellen Igelhäusern auf. Für den Winterschlaf müssen sie sich im Herbst ausreichend Fettreserven anfressen; als Richtwert gilt, dass gesunde Jungigel im November etwa 500 bis 600 Gramm wiegen sollten, um den Winter aus eigener Kraft zu überstehen.[10]
Die Stadt Wien und der Wildtierservice Wien betonen immer wieder, dass nur verletzte, kranke oder deutlich untergewichtige Igel wirklich Hilfe brauchen. Viele scheinbar „hilfsbedürftige“ Igel sind gesund und werden durch gut gemeintes Einsammeln aus ihrem Lebensraum gerissen. Tierschutzeinrichtungen berichten, dass Igel mitunter „wie Kastanien“ gesammelt und in großer Zahl abgegeben werden, obwohl sie keine Hilfe bräuchten.[11]
Die Empfehlung lautet daher: Igel grundsätzlich im Lebensraum belassen, nur bei klaren Notfällen (sichtbare Verletzungen, extreme Abmagerung, Apathie, Igel mit deutlich unter 500 Gramm im späten Herbst) den Wildtierservice Wien oder eine wildtierkundige Praxis kontaktieren.[12][13]
Igel im Garten: Was hilft wirklich?
Die Stadt Wien gibt klare Tipps für „Igelliebhaber:innen“:
- Laub- und Totholzhaufen liegen lassen, statt alles wegzuräumen – sie dienen als Tagesversteck und Winterquartier
- Hecken statt sterile Zäune, Blumenwiesen statt kurz geschorener Rasen
- Fallobst und Insekten im Garten dulden – sie sind wichtige Nahrungsquellen
- auf Pestizide und Schneckenkorn verzichten, damit Igel nicht indirekt vergiftet werden
- Durchschlupflöcher in Zäunen ermöglichen, damit Igel ihre Streifzüge fortsetzen können
Zum Füttern gilt: Igel dürfen nicht mit Milch gefüttert werden – sie vertragen keine Laktose und bekommen schwere Verdauungsstörungen. Wenn eine unterstützende Fütterung sinnvoll ist (etwa bei geschwächten Tieren in Absprache mit Fachleuten), eignen sich spezielles Igelfutter oder Fleischfutter für Katzen/Hunde plus Wasser. Stadt und Tierschutzorganisationen erinnern jedoch daran, dass Futterplätze auch Katzen, Marder und Füchse anlocken können und daher mit Augenmaß eingesetzt werden sollten.[14]
Hilfreich ist es außerdem, Gefahrenquellen im Garten zu entschärfen: Licht- und Kellerschächte sichern, Teiche so gestalten, dass Igel herausklettern können, Mähroboter nicht in der Dämmerung und Nacht einsetzen und Drahtnetze oder Zäune so anbringen, dass sich Tiere nicht darin verfangen.
Bedrohungen und Schutzstatus
Igel sind in Wien streng geschützt. Als Wildtiere dürfen sie nach dem Wiener Naturschutzgesetz nicht gefangen, gehalten oder ohne besonderen Grund der Natur entnommen werden.[15]
Zu den wichtigsten Bedrohungen zählen:
- Straßenverkehr und Zerschneidung von Lebensräumen
- Mähroboter, Motorsensen und übertriebene Gartenpflege
- Verlust von Brachen, Hecken, Laub- und Totholzhaufen
- Pestizide und Schneckengifte, die Nahrung und Gesundheit der Igel beeinträchtigen
- ungesicherte Schächte, Pools und steile Teichränder
Der Wildtierservice Wien weist darauf hin, dass der Lebensraum der Igel in der Stadt kleiner wird und dass versiegelte Flächen, Mähroboter und Pestizide zu einem Rückgang der natürlichen Nahrung führen.[16] In der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) wurde der Westeuropäische Igel 2024 erstmals als „potenziell gefährdet“ eingestuft; Expert:innen gehen davon aus, dass die Bestandsrückgänge in Österreich ähnlich ausfallen könnten wie in Deutschland oder der Schweiz.[17]
Igel, Stadtökologie und Klimawandel
Igel sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Stadtökologie, Gärten und Klimawandelanpassung. Sie profitieren von strukturreichen, schattigen Grünräumen, von entsiegelten Flächen, Hecken, Sträuchern und naturnahen Gärten – also von genau jenen Elementen, die in Stadtökologie in Wien und Klimawandelanpassung in Wien als Antworten auf Hitze, Trockenheit und Artenrückgang beschrieben werden.
Projekte wie „Freie Bahn für Eichhörnchen, Igel & Co“ oder Umweltbildungsprogramme wie „Wildnis (ist) Klasse“ der Wiener Umweltanwaltschaft machen deutlich, dass Stadtnatur vor der Haustür beginnt: mit Laubhaufen, wilden Ecken und einem bewussten Umgang mit Wildtieren im Alltag.[18][19]
In der stehen die Igel damit Seite an Seite mit Stadtfüchse in Wien, Vögel in Wien, Amphibien in Wien und anderen Stadttieren. Gemeinsam erzählen sie, wie reichhaltig und zugleich verletzlich die Tierwelt einer Großstadt sein kann – und welche Rolle Gärten, Parks und bewusste Stadtgestaltung für ihr Überleben spielen.
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Quellen
- ↑ Der Standard: „Die Leute sammeln Igel teilweise wie Kastanien“, Interview mit Wildtierökologin Fabienne Selinger, Hinweis auf Nördliche Weißbrustigel als typische Igelart in Wien, 11. November 2024.
- ↑ Stadt Wien: Igel in Wien – Informationsseite der Umweltschutzabteilung MA 22 mit Beschreibung von Aussehen, Lebensweise und Schutzstatus, wien.gv.at/umwelt/igel.
- ↑ Stadtwildtiere Wien: Artportrait Igel – Angaben zu nachtaktiver Lebensweise, Aktionsraum und Nahrung, wien.stadtwildtiere.at/artportraet/igel.
- ↑ Stadt Wien: Igel – Abschnitt „Igel und Mensch“, Hinweis auf Nahrung (Insekten, Schnecken, Würmer) und Rolle im Garten, wien.gv.at/umwelt/igel.
- ↑ Stadtwildtiere Wien: „Igel in Wien – sie brauchen unsere Unterstützung“, Beitrag mit Projektzielen und Aufruf zur Meldung von Igelbeobachtungen, 4. Dezember 2024, wien.stadtwildtiere.at.
- ↑ Citizen Science Österreich: „Stadtleben mit Stacheln und Streifen: Neue Studie zeigt, wie sich Igel und Dachse in Wien ihren Lebensraum teilen“, 8. Oktober 2025, citizen-science.at.
- ↑ Stadt Wien – Umweltschutz: Broschüre „Igel in Wien. Ein Wegweiser“, MA 22, wien.gv.at/umweltschutz/pdf/ma22/igel.pdf.
- ↑ Wildtierservice Wien / OTS: „Herbstzeit ist Igelzeit – so helfen Sie den stacheligen Nachbarn sicher durch den Winter“, Hinweis auf strukturreiche Gärten als wichtige Lebensräume, 31. Oktober 2025.
- ↑ Wiener Umweltanwaltschaft: „Freie Bahn für Eichhörnchen, Igel & Co“ – Projekt zur Vernetzung von Wildtierlebensräumen in Wien, 2024, wua-wien.at.
- ↑ MeinBezirk Wien: „Naturschutz: Igel bitte in Ruhe lassen!“, Hinweis auf Gewichtsgrenze von 500 Gramm im November und Empfehlungen des Wildtierservice Wien, 20. September 2021.
- ↑ Der Standard: „Die Leute sammeln Igel teilweise wie Kastanien“, 11. November 2024.
- ↑ MeinBezirk Wien: „Igel bitte in Ruhe lassen!“, 20. September 2021.
- ↑ Kosmo: „Achtung, Gartenbesitzer – so helfen Sie dem stacheligen Nachbarn!“, mit Kontaktdaten des Wildtierservice Wien, 31. Oktober 2025.
- ↑ Stadt Wien: Igel – Abschnitt „Tipps für Igelliebhaber“, wien.gv.at/umwelt/igel.
- ↑ Tieranwalt Österreich: „Igelhilfe – (k)eine Hilfe für Gartenbewohner“, Hinweis auf Wildtier-Status und Verbot von Fang und Haltung nach Wiener Naturschutzgesetz, tieranwalt.at.
- ↑ Wildtierservice Wien / OTS: „Herbstzeit ist Igelzeit – so helfen Sie den stacheligen Nachbarn sicher durch den Winter“, 31. Oktober 2025.
- ↑ Der Standard: „Die Leute sammeln Igel teilweise wie Kastanien“, mit Verweis auf IUCN-Einstufung und Studien aus Bayern und Zürich, 11. November 2024.
- ↑ Wiener Umweltanwaltschaft: Projekt „Freie Bahn für Eichhörnchen, Igel & Co“ zur Vernetzung von Wildtierlebensräumen, 2024, wua-wien.at.
- ↑ Wiener Umweltanwaltschaft: „Wildnis (ist) Klasse“ – Klima- und Umweltbildungsprojekt zur Stadtnatur, 2023/2024, wua-wien.at.