Klimawandelanpassung in Wien
Klimawandelanpassung in Wien beschreibt alle Maßnahmen, mit denen sich die Stadt auf heißere Sommer, veränderte Niederschlagsmuster und häufigere Extremereignisse vorbereitet. Neben der Verringerung der Treibhausgasemissionen geht es darum, die Stadt so zu gestalten, dass sie trotz Klimawandel lebenswert, gesundheitlich verträglich und funktionsfähig bleibt.
Was Klimawandelanpassung bedeutet
Unter Klimawandelanpassung versteht man alle Strategien und konkreten Schritte, mit denen sich Gesellschaften an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels anpassen. Dazu gehören etwa Hitzeschutz, der Umgang mit Starkregen und Hochwasser, die Sicherung der Wasserversorgung, der Schutz sensibler Gruppen sowie die Anpassung von Gebäuden, Infrastrukturen und Grünräumen.[1]
In Wien ist Klimawandelanpassung eng mit Stadtplanung und Stadtökologie verbunden. Viele Maßnahmen, die die Stadt kühlen, Böden entsiegeln und Wasser speichern, wurden zunächst als umwelt- oder naturschutzpolitische Projekte begonnen und später explizit als Anpassungsmaßnahmen verankert; vgl. dazu auch Stadtökologie in Wien.
Ziele und Strategien in Wien
Die Stadt Wien verfolgt mit der Smart Klima City Strategie und dem Wiener Klimafahrplan das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden und gleichzeitig eine klimagerechte Stadt zu schaffen.[2] Der Wiener Klimafahrplan beschreibt diesen Weg detailliert und enthält mehr als hundert Maßnahmen, die laufend ergänzt und konkretisiert werden.[3]
Klimawandelanpassung ist ein eigener Zielbereich in der Smart City Wien Rahmenstrategie. Dort ist unter anderem festgelegt, dass alle Bau- und Stadtentwicklungsprojekte darauf geprüft werden, wie sie zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Wesentliche Punkte sind Begrünungen, Beschattungen, die Rückführung von Regenwasser in den lokalen Wasserkreislauf und die Reduktion von Hitzeinseln.[4]
Neben dem Klimafahrplan gibt es ein Klimaschutzprogramm (KLIP), in dessen Rahmen Wien bereits seit den 1990er-Jahren Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen systematisch plant und umsetzt.[5]
Hitzeschutz und kühlere Stadt
Besonders sichtbar wird Klimawandelanpassung im Umgang mit sommerlicher Hitze. Wien reagiert mit einem Bündel an Maßnahmen, die von mehr Stadtbäumen über kühle Straßen bis zu Trinkbrunnen und Beschattungen reichen. Hitzetage und tropische Nächte haben in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen, die Überwärmung dicht bebauter Gebiete stellt eine zentrale Herausforderung dar.[6]
Ein wichtiges Projekt sind die sogenannten kühlen Straßen. Dabei werden Asphaltflächen reduziert, Bäume gepflanzt, helle Oberflächen und Wassernebel eingesetzt und Sitzbereiche geschaffen. Diese klimaangepassten Straßen sollen urbane Hitzeinseln reduzieren und die Aufenthaltsqualität verbessern.[7] Ergänzend dazu sorgen zusätzliche Trinkbrunnen, Sprühnebelduschen und temporäre Verschattungen im Sommer für Abkühlung im öffentlichen Raum.[8]
Naturbasierte Maßnahmen wie Baumpflanzungen und Entsiegelung wurden in Modellstudien als besonders wirksam ausgewiesen. Simulationsrechnungen zeigen, dass sich lokal Temperaturreduktionen von bis zu etwa zwei Grad erzielen lassen, wenn stark versiegelte Flächen entsiegelt und mit Bäumen oder anderen Vegetationsformen gestaltet werden.[9]
Wasser, Starkregen und Schwammstadt
Mit dem Klimawandel nehmen starke Regenereignisse zu. Wien reagiert darauf, indem die Stadt Schritt für Schritt zur Schwammstadt umgebaut wird. Ziel ist es, möglichst viel Regenwasser lokal zurückzuhalten, zu versickern oder zwischenzuspeichern, statt es direkt in die Kanalisation abzuleiten. Dadurch werden Kanalnetz und Gewässer entlastet, die Vegetation kann mehr Wasser nutzen, und das gespeicherte Wasser trägt bei Verdunstung zur Kühlung bei.[10]
Konkret werden etwa versiegelte Flächen aufgebrochen, Baumscheiben vergrößert, Versickerungsmulden und Retentionsflächen angelegt und Dachbegrünungen mit Regenwasserrückhalt kombiniert. Neue Bauvorhaben und größere Sanierungen müssen zunehmend nachweisen, wie sie mit Starkregen umgehen und welche Flächen zur Versickerung und Verdunstung beitragen. Entsprechende Checklisten unterstützen Planer:innen und Bauträger:innen.[11]
Stadtentwicklung, Begrünung und Mini-Wälder
Die Integration von Klimawandelanpassung in die Stadtentwicklung erfolgt über zahlreiche Pilotprojekte und Leitfäden. Dazu gehört etwa der stadtweite Strategieplan zur Reduktion urbaner Hitzeeffekte, der in einem Forschungsprojekt (STRAT-UHI) erarbeitet wurde und planerische Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit und Umsetzbarkeit hin bewertet.[12]
Ein prägnantes Beispiel für neue Ansätze sind Mini-Wälder im Stadtgebiet. Das Projekt Jedem Bezirk sein Wiener Wäldchen setzt auf kleine, dicht bepflanzte Flächen, die als Mini-Wildnis Hitze mindern, Biodiversität fördern und als Erholungsräume dienen. Dieses Projekt wurde 2024 mit dem Staatspreis für Klimawandelanpassung in der Kategorie Hitze ausgezeichnet.[13]
Parallel dazu werden Dach- und Fassadenbegrünungen konsequent ausgebaut. Sie gelten als zentrale Bausteine der Anpassung, weil sie Gebäude kühlen, das Mikroklima verbessern und Lebensraum für Tiere und Pflanzen schaffen. Wien unterstützt solche Begrünungen mit Beratungsangeboten und Förderprogrammen, etwa für Fassadenbegrünung und Gründächer.[14]
Soziale Dimension und Beteiligung
Klimawandelanpassung ist auch eine soziale Frage. Hitze trifft nicht alle Menschen gleichermaßen: Besonders betroffen sind ältere Menschen, Kleinkinder, Personen mit Vorerkrankungen und Menschen in dicht bebauten, wenig begrünten Grätzeln. Wien berücksichtigt diese Aspekte in Hitzeaktionsplänen, die kurzfristige Schutzmaßnahmen mit langfristigen Anpassungsstrategien verknüpfen und an bestehende Programme im Klima- und Umweltschutz anknüpfen.[15]
Mit dem Wiener Klimateam wurde ein Beteiligungsformat geschaffen, in dem Bewohner:innen in ausgewählten Bezirken konkrete Projekte für Klimaschutz und Klimawandelanpassung einreichen und mitgestalten können. Ziel ist es, Maßnahmen dort zu entwickeln, wo sie gebraucht werden, und lokale Erfahrungen in die Stadtpolitik einfließen zu lassen.[16]
Auch im Umland arbeiten Wien und die Nachbargemeinden zusammen, um sich gemeinsam an veränderte Klimabedingungen anzupassen. Themen sind unter anderem Hitze, Wasser, Energie und Flächennutzung, die nicht an Gemeindegrenzen haltmachen.[17]
Klimawandelanpassung und Stadtökologie
Viele Maßnahmen der Klimawandelanpassung überschneiden sich mit stadtökologischen Zielen. Begrünung, Entsiegelung, naturnahe Gewässergestaltung und die Förderung von Biodiversität helfen der Stadtnatur und machen die Stadt gleichzeitig widerstandsfähiger gegenüber Hitze und Extremwetter; vgl. Stadtökologie in Wien. Intakte, klimaresiliente Ökosysteme sind eine Voraussetzung dafür, dass die Stadt auch unter veränderten Klimabedingungen eine hohe Lebensqualität bieten kann.[18]
Klimawandelanpassung in Wien ist damit ein laufender Prozess. Mit neuen Erkenntnissen aus Forschung und Praxis, mit der Beteiligung der Bevölkerung und mit der Verknüpfung von Klimaschutz, Stadtentwicklung und Stadtökologie wird das Maßnahmenpaket fortlaufend weiterentwickelt.
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Quellen
- ↑ Allgemeine Definitionen von Klimawandelanpassung in wissenschaftlicher Literatur und im deutschsprachigen Klima-Fachportal klimawandelanpassung.at.
- ↑ Stadt Wien: Klimaschutz und Klima, Überblick zu Zielen und Klimaneutralität 2040, wien.gv.at/umwelt/klima.
- ↑ Stadt Wien: Wiener Klimafahrplan, Kurz- und Langfassung, wien.gv.at/spezial/klimafahrplan.
- ↑ Smart Klima City Wien: Ziele und Monitoring, insbesondere Zielbereich Anpassung an den Klimawandel, smartcity.wien.gv.at.
- ↑ Wiener Umweltanwaltschaft: Klimaschutzprogramm der Stadt Wien, Überblick über KLIP 1 und KLIP 2, wua-wien.at.
- ↑ GeoSphere Austria: Analyse zu Hitzebelastung und Wirksamkeit naturbasierter Maßnahmen in Wien, 2025.
- ↑ Smart City Wien: Kühle Straßen, Maßnahmenpaket gegen städtische Hitzeinseln, smartcity.wien.gv.at.
- ↑ Wien Energie und Stadt Wien: Maßnahmen gegen urbane Hitzewellen, Stadtbäume, Fernkälte und Begrünung, wienenergie.at/blog.
- ↑ GeoSphere Austria: Studie zu naturbasierten Maßnahmen und Hitzeminderung in Wien, geosphere.at, 2025.
- ↑ Smart City Wien: Ziele im Bereich Stadtökologie, Umwelt & Wasser, insbesondere lokale Regenwasserrückhaltung, smartcity.wien.gv.at.
- ↑ Stadtentwicklung Wien: Klima-Checkliste zur Umsetzung klimarelevanter Leitziele in der Stadtentwicklung, wien.gv.at.
- ↑ Universität für Bodenkultur Wien: Projekt STRAT-UHI – Strategieplan zur Reduktion urbaner Hitzeeffekte in Wien, boku.ac.at.
- ↑ Klima- und Energiefonds: Projekt Jedem Bezirk sein Wiener Wäldchen – Mini-Wildnis in der Stadt Wien, klimafonds.gv.at.
- ↑ Stadt Wien und Wiener Umweltanwaltschaft: Informationen und Förderungen zu Dach- und Fassadenbegrünungen, wien.gv.at und wua-wien.at.
- ↑ Newsletter klimawandelanpassung.at: Wiener Hitzeaktionsplan und Einbettung in Klimaschutzstrategie und Klimafahrplan.
- ↑ Partizipation.at: Wiener Klimateam – Beteiligungsprojekt zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung, partizipation.at.
- ↑ Stadt-Umland-Management: Klimawandelanpassung als gemeinsames Handlungsfeld von Wien und Umlandgemeinden, stadt-umland.at.
- ↑ Stadt Wien: Zielbereich Stadtökologie, Umwelt & Wasser in der Smart Klima City Strategie, wien.gv.at/spezial/smartklimacitystrategie.