Der Schritt in der Nacht

Aus City ABC

Sagen und Legenden
Der Schritt in der Nacht


1., Innere Stadt Hofburg Heldenplatz Äußeres Burgtor Wache · Gedenkhalle

Relevante Orte: Äußeres Burgtor am Heldenplatz · Gedenkhalle im Burgtor · Wegebezug zur Hofburg


Ein einzelner Schritt unter fünf Bögen

Burgtor, ca. 1825.jpg

Burgtor um 1825

In sehr stillen Nächten, wenn über dem Heldenplatz nur das Rascheln der Fahnen zu hören ist, meint die Wache im Äußeren Burgtor manchmal einen einzelnen Schritt zu vernehmen: nicht eilend, nicht schwer – eher der gemessene Tritt eines Soldaten, der seine Runde kennt. Er klingt durch die Bögen, kommt näher, geht vorbei und verhallt, ohne dass jemand zu sehen wäre.

Ein Posten erzählte, er habe den Ton gezählt: fünfmal, genau wie die Bögen. Als er mit der Laterne nachsah, lag auf dem Stein ein kleiner, matter Metallknopf, wie von einer alten Uniform. Am Morgen war er verschwunden; an seiner Stelle fand sich ein frischer Kranz in der Gedenkhalle. Man sagte: Der Schritt in der Nacht erinnert die Lebenden daran, dass hier Wache gehalten wird – für die Namen, die niemand mehr ruft.

Andere meinten, der Klang sei nur das Echo eines fernen Schrittes, der sich im Gewölbe fange; wieder andere sprachen von Metall, das sich in der Kälte bewegt. Doch wer einmal dort stand, wenn der Platz leer ist und die Luft klar, lauscht unwillkürlich – ob der eine Schritt wiederkehrt.

Ort: Tor- und Gedenkzone des Äußeren Burgtors; Hörbezug zum Heldenplatz und den Höfen der Hofburg


Varianten der Erzählung: Ein Schritt pro Bogen · der Schritt hält an der Gedenkhalle inne · am nächsten Tag liegt ein Band in den Farben der Stadt · skeptische Deutung: Echo, Metallspannung, Fahnenbeschläge im Wind.

Historischer Hintergrund

Zur Einordnung: Das Äußere Burgtor bildet die repräsentative Torsituation des Heldenplatzes zur Ringseite; es war Wache und ist Erinnerungsort. Gewölbe und große Platzräume erzeugen starke Echos, kurze Töne werden deutlich geformt. Die Sage verdichtet Akustik, Wachgebrauch und Gedenkfunktion zu einer Nachtgeschichte vom einzelnen Schritt – zwischen Tor, Platz und Hofburg. [1]



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Quellen

  • Dehio Wien I: Heldenplatz/Äußeres Burgtor – Architektur und Gedenkhalle.
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien – Heldenplatz; Burgtor; Wach- und Gedenkgebrauch.
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien 1952 – Nachtwachen-/Schritt-Motive in Toranlagen.
  1. Stadttopographie Heldenplatz/Burgtor; Wach- und Gedenkgebrauch; akustische Effekte in Gewölben und Platzräumen.