Franz-Josefs-Kai 23: Unterschied zwischen den Versionen

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Der erste "Rote Turm" ist bereits 1288 nachgewiesen. Es handelte sich bei ihm um ein schlankes hohes Gebäude, das mit einem rotleuchtenden Dach eingedeckt war. Der Turm selbst war rot weiß eingefärbt. Der erste Blick auf den Turm findet sich im "Babenbergerstammbaum" aus dem Jahr 1490, daneben ist schon ein Tor zu sehen. Man konnte durch dieses Tor über eine Schlagbrücke in die Leopoldstadt (damals noch eine Insel) gelangen. Heute verbindet an deren Stelle die Schwedenbrücke den Laurenzerberg mit der Taborstraße.   
Der erste "Rote Turm" ist bereits 1288 nachgewiesen. Es handelte sich bei ihm um ein schlankes hohes Gebäude, das mit einem rotleuchtenden Dach eingedeckt war. Der Turm selbst war rot weiß eingefärbt. Der erste Blick auf den Turm findet sich im "Babenbergerstammbaum" aus dem Jahr 1490, daneben ist schon ein Tor zu sehen. Man konnte durch dieses Tor über eine Schlagbrücke in die Leopoldstadt (damals noch eine Insel) gelangen. Heute verbindet an deren Stelle die Schwedenbrücke den Laurenzerberg mit der Taborstraße.   


1511 wurde auf Auftrag von Maximilian I. ein neues Tor beim Roten Turm erbaut - das alte Tor war bei der Belagerung durch Matthias Corvinus stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Es galt bis zu seiner Abtragung im Jahr 1776 als Wahrzeichen Wiens, da seine markante Gestalt - ein schmales Haus mit Tor - der Stadtummauerung ein markantes Aussehen gab. Auf dem Tor war eine lateinisch Inschrift und deren Übersetzung angebracht (hier nur die deutsche Version):
1511 wurde auf Auftrag von Maximilian I. ein neues Tor beim Roten Turm erbaut - das alte Tor war bei der Belagerung durch Matthias Corvinus stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Es galt bis zu seiner Abtragung im Jahr 1776 als Wahrzeichen Wiens, da seine markante Gestalt - ein schmales Haus mit Tor - der Stadtummauerung ein markantes Aussehen gab. Laut Realis erhielt der Turm seinen Namen nicht etwa von seiner Färbung - vielmehr entstand seine Bezeichnung durch eine Verballhornung des Wortes "Rotten": Hier rotteten sich die "Bürger-Rotten" oder Kompanien zusammen.


Welcher kompt durch diese Port,<br />
Vom 16. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert fand sich im Inneren des Torbogens, hoch oben, eine (anfangs echte, später hölzerne) Speckseite. Daneben war lateinisch Inschrift und deren Übersetzung angebracht (hier nur die deutsche Version):
Dem rath ich mit getreuem Wort,<br />
 
Welche Frau ihren Mann oft raufft und schlägt,<br />
und ihn mit solcher kalten Laugen zwächt,<br />
Der soll den Packen lassen henken,<br />
Ihr ist ein anderer Kirch-Tag zu schenken.<br />
Welcher kompt durch diese Pforten,<br />
Dem rath ich mit getreuen Worten,<br />
Dass er hält Fried in dieser Stadt,<br />
Dass er hält Fried in dieser Stadt,<br />
Oder er macht ihm selbst Unrath,<br />
Oder er macht sich selbst Unrath,<br />
Dass ihn zwei Knecht zum Richter weisen,<br />
Dass ihn zween Knechte zum Richter weisen,<br />
Und ihn schlagen in Stock und Eisen.<br />
Und ihn schlagen in Stock und Eisen.<br /><ref>A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 49</ref>  
 
Vom 16. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert fand sich im Inneren des Torbogens, hoch oben, eine (hölzerne) Speckseite. Daneben war ebenfalls eine Inschrift angebracht:
 
Befind sich irgend hier ein Mann,<br />
Der mit der Wahrheit sprechen kann,<br />
Dass ihm sein Heyrath nicht grauen,<br />
Und fürcht sich nicht für seiner Frauen,<br />
Der mag diesen Backen herunter hauen.<br />


Natürlich gelang das keinem, wie nachfolgende Legende berichtet:
Natürlich gelang das keinem, den "Packen" - nämlich die Speckseite - herunter zu holen, wie nachfolgende Legende berichtet:


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Man hängte einst eine Speckseite an den Turm und ließ verlautbaren, dass sie dem gehöre, der in seinem Haus nicht unter dem Pantoffel stand und sie herunterholen konnte. Nun, es waren gar nicht viele, die es probierten - als schließlich ein Schuster daherkam und meinte, er sei ganz sicher der Herr im eigenen Haus. Er zog sich den Rock aus und machte sich daran, am Turm empor zu klettern. Doch plötzlich besann er sich und gab sein Ansinnen auf. "Meine Frau wird mir böse sein, wenn ich mir die Hose schmutzig mache", erklärte er, bevor er wieder in der Menge verschwand.
Man hängte einst eine Speckseite an den Turm und ließ verlautbaren, dass sie dem gehöre, der in seinem Haus nicht unter dem Pantoffel stand und sie herunterholen konnte. Nun, es waren gar nicht viele, die es probierten - als schließlich ein Schuster daherkam und meinte, er sei ganz sicher der Herr im eigenen Haus. Er zog sich den Rock aus und machte sich daran, am Turm empor zu klettern. Doch plötzlich besann er sich und gab sein Ansinnen auf. "Meine Frau wird mir böse sein, wenn ich mir die Hose schmutzig mache", erklärte er, bevor er wieder in der Menge verschwand.
<ref>A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 47 f. </ref>
<ref>A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 47 f. </ref>
Die Legende wurde von Johann Nepomuk Vogl auch in ein Gedicht verwandelt: [[Die Speckseite unter dem roten Turme in Wien]].
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Version vom 2. April 2017, 09:26 Uhr

Grund-Information
Rotenturmstraße 24.jpg

Rotenturmstraße 24

Aliasadressen =Rotenturmstraße 24, =Franz-Josefs-Kai 23, =Griechengasse 1
Ehem. Konskriptionsnummer vor 1862: 724, 725 | vor 1821: 770, 771 | vor 1795: 682, 681
Baujahr 1889
Architekt Wilhelm Fraenkel


Ehemaliges Hotel Habsburg - Architektur und Geschichte

Das Hotel - damals "Zur goldenen Krone", dann "Hotel Habsburg", dann "Hotel Excelsior" - wurde von Wilhelm Fraenkel erbaut, der auch das Hotel Sacher entworfen hatte.

Genau an dieser Stelle stand das Rotenturmtor, hier begann im Auftrag von Kaiser Franz-Joseph auch der Abriss der Stadtmauer.

Wohnhaus bekannter Persönlichkeiten

Wohnhaus und Gedenktafel Stella Kadmon

Seit hier der Eissalon eingemietet ist, kann die Gedenktafel nicht mehr gelesen werden - sie ist verglast und teilweise durch die Eiskarte verdeckt.

Bild Anlass/Persönlichkeit Text der Tafel
Kadmon GT.jpg Kadmon, Stella In diesem Haus wohnte von 1974 - 1989

Prof. Stella Kadmon
Direktorin und Gründerin (1947) des "Theater der Courage"

Das Rotenturmtor

Der erste "Rote Turm" ist bereits 1288 nachgewiesen. Es handelte sich bei ihm um ein schlankes hohes Gebäude, das mit einem rotleuchtenden Dach eingedeckt war. Der Turm selbst war rot weiß eingefärbt. Der erste Blick auf den Turm findet sich im "Babenbergerstammbaum" aus dem Jahr 1490, daneben ist schon ein Tor zu sehen. Man konnte durch dieses Tor über eine Schlagbrücke in die Leopoldstadt (damals noch eine Insel) gelangen. Heute verbindet an deren Stelle die Schwedenbrücke den Laurenzerberg mit der Taborstraße.

1511 wurde auf Auftrag von Maximilian I. ein neues Tor beim Roten Turm erbaut - das alte Tor war bei der Belagerung durch Matthias Corvinus stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Es galt bis zu seiner Abtragung im Jahr 1776 als Wahrzeichen Wiens, da seine markante Gestalt - ein schmales Haus mit Tor - der Stadtummauerung ein markantes Aussehen gab. Laut Realis erhielt der Turm seinen Namen nicht etwa von seiner Färbung - vielmehr entstand seine Bezeichnung durch eine Verballhornung des Wortes "Rotten": Hier rotteten sich die "Bürger-Rotten" oder Kompanien zusammen.

Vom 16. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert fand sich im Inneren des Torbogens, hoch oben, eine (anfangs echte, später hölzerne) Speckseite. Daneben war lateinisch Inschrift und deren Übersetzung angebracht (hier nur die deutsche Version):

Welche Frau ihren Mann oft raufft und schlägt,
und ihn mit solcher kalten Laugen zwächt,
Der soll den Packen lassen henken,
Ihr ist ein anderer Kirch-Tag zu schenken.
Welcher kompt durch diese Pforten,
Dem rath ich mit getreuen Worten,
Dass er hält Fried in dieser Stadt,
Oder er macht sich selbst Unrath,
Dass ihn zween Knechte zum Richter weisen,
Und ihn schlagen in Stock und Eisen.
[1]

Natürlich gelang das keinem, den "Packen" - nämlich die Speckseite - herunter zu holen, wie nachfolgende Legende berichtet:

Die Sage Das Rote Tor und die Speckschwarte
1609-Wien-col-Roter Turm alleine.jpg

Man hängte einst eine Speckseite an den Turm und ließ verlautbaren, dass sie dem gehöre, der in seinem Haus nicht unter dem Pantoffel stand und sie herunterholen konnte. Nun, es waren gar nicht viele, die es probierten - als schließlich ein Schuster daherkam und meinte, er sei ganz sicher der Herr im eigenen Haus. Er zog sich den Rock aus und machte sich daran, am Turm empor zu klettern. Doch plötzlich besann er sich und gab sein Ansinnen auf. "Meine Frau wird mir böse sein, wenn ich mir die Hose schmutzig mache", erklärte er, bevor er wieder in der Menge verschwand. [2]

Die Legende wurde von Johann Nepomuk Vogl auch in ein Gedicht verwandelt: Die Speckseite unter dem roten Turme in Wien.

Ab 1662 entstand die neue Festungsanlage, bei dieser Gelegenheit wurde etwas flussabwärts ein neues Tor gleichen Namens erbaut.

Das Tor wurde 1858 - als erster Teil der Stadtbefestigung - abgerissen.

Das Tor aus Sicht des Jahres 1842

Ein Stadtführer aus dem Jahr 1842 schildert die Eindrücke so:

Auf dem nächstfolgenden Ravelin erblickt man den Donaukanal. Es ist ein malerischer Standpunkt: Links hat man das Kahlengebirge, rechts die Bäume des Praters zum Hintergrunde, vor sich am anderen Ufer die Leopoldstadt; die Ferdinandbrücke führt vom Rotenturm-Tore hinüber. Von ihr führt die Taborstraße gerade fort (nördlich) zum Tabor, der Linie gegen Mähren und Böhmen, rechts aber sieht man zum Teil in die Jägerzeile hinein, durch welche die berühmte Praterfahrt geht. Der Donau abwärts sind die Fischerkähne, weiterhin landen die Getreideschiffe und man sieht die großen Kornspeicher. Unterhalb diesem steht die Franzensbrücke. Die Bastei wird weiterhin am niedrigsten. Die Vorstadt diesseits heißt unter den Weißgerbern und Erdberg. Ehe man zum Rotenturm-Tore kommt sieht man in der Stadt die stark ansteigende Laurenzergasse hinauf, deren linke Seite von einem großen Gebäude (Lorenzerhof) gebildet wird, in welchem die Staatsbuchhaltungen und noch mehr andere Büros sich befinden. [3]



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Folge dem Stadtspaziergang 2 - Teil 9: Rund um die Stadtmauer im Jahr 1842

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Quellen

  1. A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 49
  2. A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 47 f.
  3. Adolf Schmidl: C. Gerold, Eine Woche in Wien: Zuverlässiger und zeitsparender Führer durch die Kaiserstadt und ihre nächsten Umgebungen, Tag 1, 1842, Wien, Seite 4 – 13