Stephansdom: Halbmond und Stern

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THEMA: Halbmond und Stern am Stephansdom - "Mondschein" was ist hier zu finden
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1529 belagerten die Türken Wien. Schon von der Ferne konnten sie sehen: Die Stadt hatte ein Gebäude, auf dem das Symbol des Islams zu sehen war, ein glänzender Halbmond und ein Stern. Gut zu sehen ist diese Besonderheit auf dem Stadtplan von Niklas Meldemann aus dem Jahr 1530, der Wien zur Zeit der Ersten Türkenbelagerung plastisch dargestellt hatte.

Mondsichel und Stern waren am Südturm des Domes so angebracht, dass der Halbmond sich im Wind um den Stern drehte. Es hatte im Jahr 1519 ein schlichtes zweiarmiges Kreuz ersetzt, das fünf Jahre zuvor im Sturm abgetragen wurde.

Bild: Niklas Meldemann: Plan der Stadt Wien zur Zeit der Türkenbelagerung, Turmspitze mit Sichel und Stern


Der Mondschein und seine Symbolik

"Mondschein", die alte Turmspitze

Die Wiener meinten lange, das heidnische Symbol sei angebracht worden, um sich den Türken zu unterwerfen (vgl. Schimmer, S.6), defacto handelte es sich aber um eine Darstellung des Universums, die bereits 1519 angebracht wurde. Der Halbmond und der sechszackige Stern standen auf einer goldenen Kugel, die die Sonne darstellte, die Inschrift "Meine Hoffnung ist Christi" unterstrich die Darstellung des Kosmos zusätzlich. Albert von Camesina hatte dazu eine andere Deutung: Der Stern, oder auch die Sonne, stelle den Papst dar, der Mond den Kaiser. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Mond Maria symbolisierte, sie ist oft in der christlichen Ikonographie mit dem Mond dargestellt, sogar im Dom findet sich eine "Strahlenkranzmadonna", auch "Mondsichelmadonna" genannt. [1]

Dass jedoch auch die Türken daran glaubten, ihnen zu Ehren sei dieses Symbol am Wiener Dom, beweist ein Reisebericht von Evliyâ Çelebi aus dem Jahr 1665:

Und auf der höchsten Spitze dieses Turmes ist eine massive goldene Kugel aus zwei Zentnern puren Goldes befestigt, die angeblich zehn Scheffel Weizen fassen könnte. Als nämlich Sultan Süleyman im Jahr 936 die Festung Wien belagerte, da brachte er es nicht über das Herz, diesen hohen Turm zu beschießen, und er sprach: ,Eines Tages wird dieser Turm ja doch ein Minare für den muhammedanischen Gebetsruf an einem Gotteshaus der Muslims sein. Also soll er auch mein Wahrzeichen tragen!‘ Und so ließ Sultan Süleyman vor den Mauern der Festung die oben erwähnte Goldkugel anfertigen und schickte sie dann dem König hinein. Der irrgläubige König wiederum ließ noch in der nämlichen Nacht die goldene Kugel auf der höchsten Spitze dieses Kirchturmes anbringen, und seither heißt die Festung Wien eben wegen dieser goldenen Kugel "Der goldene Apfel von Deutschland und Ungarn". Später aber, als Sultan Süleyman die Belagerung der Festung aufgehoben hatte und abgezogen war, ließ König Ferdinand über dieser Goldkugel, dem Goldapfel Sultan Süleymans, einen goldenen Mond und eine Sonne aus Silber aufpflanzen. (Kreutel 1963: 122ff.) [2]

Tausch der Kirchturmspitze

Abbildung der Demontage der Turmspitze

Lange Zeit forderten die Wiener vom Kaiser, die Turmspitze gegen einen Heiligen Georg auszutauschen. Erst 1683, nachdem die Türken Wien zum zweiten Mal belagert hatten, ließ Leopold I. stattdessen schließlich ein Kreuz anbringen, immerhin hatte er es seinen Wienern und der Kirche versprochen, wenn die Türken mit göttlicher Hilfe abgewehrt würden. Originell daran: der Stern verlor bei dieser Gelegenheit zwei Zacken, sie wurden in das Kreuz eingegossen. Die alte Spitze, die heute noch im Wien Museum aufbewahrt wird, hat daher nur mehr sechs Zacken.

Die Bildunterschrift zur Darstellung der Demontage besagt Folgendes: "Zur denkwürdigen Erinnerung an den Sieg der Christenheit über die Türken wird das heidnische Symbol von der Spitze des Stephansturmes herabgenommen und später durch ein Kreuz ersetzt."

Die Abnahme selbst wurde großartig inszeniert: Leopold I. hatte öffentlich bekanntgemacht, dass für das riskante Unternehmen ein Preis von 5000 und dann sogar 7000 Florin bezahlt würde, doch niemand fand sich. Schließlich meldete sich ein Ziegeldecker namens Ressytko, der es - zu Ehren Gottes (und sicher auch zu Werbezwecken) - für 1000 Florin wagen wollte. Am 12. Juli 1686 begann der Meister ein Gerüst aus Leitern zu bauen und zwei Tage später zog Ressytko schließlich in Begleitung seiner Söhne vom Bürgermeister Simon Stephan Schuster zum Dom. Das jedoch unter großem Getöse: Ein Sohn schlug die Trommel, der andere schwenkte eine große schwarzgelbe Fahne. Dramatisch stieg der mutige Handwerker auf das Gerüst bis zur Spitze und montierte Mond und Stern ab. Als das Werk getan war, zog er einen Becher aus dem Gewand, füllte ihn mit Wein, prostete dem Publikum zu und schmiss den Becher nach einem kräftigen Schluck leer in die Menge. Er soll sogar eine Pistole abgefeuert haben, bevor er wieder zum johlenden Volk zurückkehrte.

Das verhasste Symbol wurde nach Abnahme erst dem Kardinal, Leopold Karl von Kollonitsch, übergeben, dann übertrug man es an den Hof, damit es die Wiener noch bestaunen konnten. Zu dieser Zeit erhielt die Kupfersichel noch eine Inschrift vom Kupferstecher Johann Martin Lerch, die spöttisch über den türkischen Heerführer herzog: „Haec Solimane memoria tua. Ao.1529“ (Dies Soliman zu deinem Andenken). Dazu war eine Feige graviert.

Erst kam der Mondschein in das Bürgerliche Zeughaus, 1885 wurde er dem neuen Rathaus übergeben, bis er schließlich ins Wien Museum zur Aufbewahrung kam. [3]

Die neue Kirchturmspitze

Am 14. September 1686 wurde die neue Spitze am Südturm montiert, ein spanisches Kreuz (auch Caravacakreuz), das der Kupferschmied Hans Adam Bosch gefertigt hatte. Das 1,5 Meter hohe Kreuz war 45,5 Kilo schwer und nicht beweglich genug, schon 3 Monate später, am 14.12., löste es sich durch einen starken Sturm wieder.

Am 29.9.1687 schließlich, am Tag des Erzengels Michael, wurde ein beweglicher kupferner Doppeladler, der ein Schwert und ein Zepter in den Klauen hielt, angebracht. Der Schmuck wurde 1809 von den Franzosen so stark beschädigt, dass man die Spitze großteils erneuern musste, und 1842 drohte sogar der Einsturz, sodass man das schwere Stück abnahm. Am 15. August 1864 erhielt der Turm schließlich seine neue Bekrönung, die noch heute zu sehen ist. Der vergoldete Doppeladler und das Kreuz mit zwei Querbalken sind mit einer speziellen Konstruktion verankert, sie werden von einer 11 Meter langen Eisenstange gehalten, an der schwebende Eisengewichte angebracht sind. Sie sorgen dafür, dass der Stein durch Wind und Sturm nicht ausgehöhlt wird.



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Quellen

  1. Unser-Stephansdom-Zeitung_Ausgabe-80-Juli_2008
  2. http://www.tuerkengedaechtnis.oeaw.ac.at/ort/stephansdom-mondschein/
  3. Gerhard Robert Walther von Coeckelberghe-Dützele: Curiösitäten- und memorabilien-lexicon von Wien, 1848, S. 8