Minoritenkirche
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- Bezirk
- 1., Innere Stadt
- =Minoritenplatz 2/2A
- Konfession
- römisch-katholisch; italienische Nationalkirche Maria Schnee; seelsorglich betreut von der Priesterbruderschaft St. Pius X.
- Baujahr
- Neubau ab 1276, im Wesentlichen vollendet um 1350; Umbauten im 18. Jahrhundert (italienische Nationalkirche)
- Architekten / Baumeister
- unbekannte franziskanische Baumeister; Westportal wohl von Bruder Jacobus Parisiensis; Umbauten im 18. Jahrhundert von Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg
Architektur und Geschichte
Die Minoritenkirche, offiziell italienische Nationalkirche Maria Schnee, ist eine gotische Hallenkirche am Minoritenplatz, wenige Schritte von der Hofburg entfernt. Sie gehört zu den frühesten gotischen Kirchen im ostösterreichischen Raum und wurde in Anlehnung an die französische Kathedralgotik erbaut. Durch die Lage des Baugrunds ist das Gotteshaus leicht verdreht und nicht exakt geostet.
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Entstehung von Kloster und Kirche
Der Ursprung der Minoritenkirche hängt eng mit der Ausbreitung des Franziskanerordens zusammen. Der Legende nach bat Herzog Leopold VI. auf dem Rückweg vom Fünften Kreuzzug Franz von Assisi (im Jahr 1219) darum, Brüder nach Wien zu senden. Wenige Jahre später, 1224, trafen vier fratres minores (mindere Brüder) in der Stadt ein.
Der hatte bereits bei der Familie Schuttenwurfer ein Grundstück außerhalb der Stadtmauer erworben, das von Wein- und Gemüsegärten umgeben war. Der Herzog schenkte nun den Brüdern dieses Grundstück, auf dem sich bereits ein Kirchlein befand, die Katharinenkirche, damit sie hier das Wiener Minoritenkloster gründen konnten. Nachweisbar sind die Minoriten allerdings erst 10 Jahre später, im Jahre 1234 werden sie in einer Bulle Gregors IX. an Friedrich den Streitbaren erwähnt. Die Fratres erweiterten die Katharinenkapelle und weihten sie 1251 dem Heiligen Kreuz, „Santa Croce“. Das Kloster erstreckte sich über ein weites Gebiet, es reichte vom Ballhausplatz über den Minoritenplatz bis zum heutigen Volksgarten, doch davon ist heute nichts mehr erhalten - 1276, bei einem der großen Stadtbrände - wurden alle Bauteile vernichtet.[1]
Bauzeit 1276 bis 1350
Nachdem die Stadtbrände in den Jahren 1262 und 1275 auch die Kirche angegriffen hatten, beschloss man 1276 eine neue Kirche zu erbauen. Den Grundstein dafür legte Ottokar II. Przemysl, er schuf damit eine der ersten gotischen Kirchen in Ostösterreich. Ottokar starb in der Schlacht auf dem Marchfeld - aus Dankbarkeit für seine Wohltätigkeit wurde er dreißig Wochen lang in der Minoritenkirche aufgebahrt.
Die eigentlichen Baumeister sind nicht überliefert, doch spricht die klare Anlehnung an französische Kathedralen für den Einfluss franziskanischer Baumeister aus dem Westen. Bis um 1350 entstand eine hohe, zweischiffige Hallenkirche mit mächtigem Westgiebel und Turm. Da der Ottakringer Bach über den Bauplatz verlief, wurde dieser kurzerhand umgebettet und in den Wienfluss geleitet.
Der Bau wurde durch Spenden finanziert, einen Großteil davon lieferte Herzog Albrecht II. Ihm ist auch das Hauptportal zu verdanken, das wahrscheinlich von Ordensbruder Jacobus Parisiensis geschaffen wurde.
Im Spätmittelalter erhielt die Kirche Seitenkapellen, darunter die Ludwigskapelle, und entwickelte sich zu einem bevorzugten Bestattungsort für Adelige und Hofbedienstete.[2]
Die Ludwigskapelle an der Nordseite, gestiftet von Blanche von Valois, diente als Gedächtnisraum für ihren Großvater, den heiligen Ludwig von Frankreich, und
Der Ludwigschor an der Nordseite, benannt nach dem Heiligen Ludwig von Frankreich, dem Großvater der Gattin von Rudolf dem III., Blanche von Valois, wurde zwischen 1316 - 1328 errichtet. Er wurde zu einem bevorzugten Bestattungsort für adelige und wohlhabende Bürger.[3] Später wurde er in ein Wohnhaus umgebaut und schließlich abgerissen. Das frühgotische Hochgrab, das Blanche von Valois gewidmet war und in der Mitte des Kapellenjochs vor der Apsis gestanden war, verschwand im Zuge einer Restaurierung im 18. Jahrhundert.
1350 wurde endlich der Bau vollendet.
Belagerungen durch Türken und Protestanten
Zwischen 1559 und 1620 besetzten die Protestanten die Kirche. Die Schäden, die durch die verursacht wurden, sind heute noch sichtbar: Am rechten Seitenportal. Trotzig hielten nun die Minoriten ihre Messen im Kloster ab, sie wollten ihren Anspruch auf die Kirche nicht verlieren.
Die Türkenbelagerungen 1529 und 1683 hinterließen ebenfalls deutliche Spuren. Dach, Fenster und Turmhelm wurden beschädigt, Teile der Umgebung verwüstet.
Umbauten zur italienischen Nationalkirche Maria Schnee
Im 18. Jahrhundert brachte die josephinische Kirchenreform eine Zäsur: 1783 versicherte Kaiser Joseph II. den Brüdern seine höchste Wertschätzung - und veranlasste gleichzeitig, dass der Orden in ein anderes Kloster außerhalb der Stadt siedeln musste. Damit wurden Kloster und Kirche der Minoriten aufgehoben, die Gemeinschaft übersiedelte in das ehemalige Trinitarierkloster an der Alser Straße und musste die Pflege im nahegelegenen Krankenhaus übernehmen.
1784 übernahm die Italienische Kongregation Maria Schnee, eine marianische Laienkongregation, die zuvor die in der Nähe gelegene Katharinenkirche genutzt hatte, die freie Kirche, die fortan als italienische Nationalkirche Maria Schnee geführt wurde – benannt nach dem in Santa Maria Maggiore in Rom verehrten Gnadenbild. Bei dieser Gelegenheit wurde der Hochaltar von Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg vier Jahre lang umgestaltet, Christof Unterberg gestaltete das Tafelbild, das eine Kopie jenes Werkes ist, das sich in Sta. Maria Maggiore auf dem römischen Esquilin befindet.[4]
Im Zuge dieser Neuwidmung gestaltete Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg den Innenraum nach spätbarock-neugotischen Vorstellungen um. Er entfernte den gotischen Langchor, ordnete die Ausstattung neu und entwarf den monumentalen Hochaltar mit dem Bild der Madonna della Neve von Ignaz Unterberger. Der mittelalterliche Bau blieb im Kern erhalten, erhielt aber eine neue, stärker auf das Hochaltarbild hin komponierte Raumdramaturgie. Obwohl oft von einer Regotisierung die Rede ist, wurden bei dieser Bauphase sowohl barocke als auch gotische Elemente verändert oder beseitigt.[5]
Das 19. und 20. Jahrhundert
1808-1813 war Clemens Maria Hofbauer Kirchendirektor. Als man ab 1892 das Klostergebäude demolierte, trat an seine Stelle ein Anbau (nach Plänen von Viktor Luntz), der die Süd- und die halbe Ostseite der Kirche umschließt.
Mit der monumentalen Mosaikkopie von Leonardo da Vincis Letztem Abendmahl, die 1845–1847 in der Kirche aufgestellt wurde, erhielt der Innenraum ein Kunstwerk von europäischem Rang. Das Mosaik war ursprünglich im Auftrag Napoleons entstanden, gelangte aber schließlich nach Wien und wurde in der Minoritenkirche zu einem der bekanntesten Bildwerke der Innenstadt.[6]
Man begradigte das Dach, ergänzte Maßwerk und Fenster, errichtete zwischen 1901 und 1909 Sakristei und Arkadengang entlang des Minoritenplatzes. Die Bombenschäden des Zweiten Weltkriegs betrafen vor allem Dach und Verglasung, wurden aber in den Jahrzehnten nach 1945 nach und nach behoben.[7]
1957 wurde die Kirche wieder den Minoriten übergeben, der Charakter als italienische Nationalkirche blieb jedoch erhalten. 1960-1970 entfernte man den Verputz von 1786, 1977 begann eine Außenrenovierung.
Die Kirche heute
Seit 2021 ist die Minoritenkirche Eigentum der Priesterbruderschaft St. Pius X. Die Kongregation und die Bruderschaft arbeiten seither zusammen: Einerseits bleibt die Kirche italienische Nationalkirche, andererseits ist sie zu einem wichtigen Ort der überlieferten liturgischen Formen geworden.
2024 wurde mit einer Festwoche das 800-jährige Jubiläum der Minoriten in Wien begangen, 2025 folgen die Feierlichkeiten zum 400-jährigen Bestehen der italienischen Kongregation und zum 200. Todestag ihres berühmten Mitglieds Antonio Salieri.[8][9]
Zeittafel
| Jahr | Ereignis |
|---|---|
| 1219 / 1224 | Herzog Leopold VI. begegnet der Überlieferung nach Franz von Assisi in Assisi; wenige Jahre später treffen die ersten Minoriten in Wien ein und übernehmen ein Grundstück mit der kleinen Katharinenkirche vor der Stadtmauer. |
| 1251 | Erweiterung der bestehenden Kapelle und Weihe an das Heilige Kreuz; das frühere Kirchlein bildet den Keim für das spätere Minoritenkloster. |
| 1275 / 1276 | Nach einem großen Stadtbrand beginnt man 1276 mit dem Neubau einer großen Klosterkirche; König Ottokar II. Přemysl legt den Grundstein. |
| 1276–1350 | Neubau der gotischen Hallenkirche nach dem Stadtbrand; Langhaus und Chor entstehen in mehreren Bauphasen. |
| 1316–1328 | An der Nordseite entsteht die Ludwigskapelle, gestiftet von Blanche von Valois zur Ehre ihres Großvaters, des heiligen Ludwig von Frankreich. |
| um 1350 | Fertigstellung der Kirche; hoher Westgiebel und Turm prägen das Stadtbild. In die Zeit fällt der Ursprung der Legende vom Wimpassinger Kreuz. |
| 1529 / 1683 | Während der ersten und zweiten Türkenbelagerung wird die Turmspitze beschädigt; schließlich ersetzt man den hohen Helm durch ein niedrigeres Zeltdach. |
| 1559–1620 | Zeitweise Nutzung der Kirche durch evangelische Prediger; die Minoriten halten ihre Gottesdienste im Kloster, um den Besitz der Kirche nicht zu verlieren. |
| 1782–1784 | AIm Zuge der Reformen Kaiser Josephs II. wird die Minoritenkirche der italienischen Kongregation übertragen und zur italienischen Nationalkirche Maria Schnee; der Innenraum wird nach Plänen von Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg umgestaltet.[10] |
| 1780er Jahre | Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg gestaltet den Innenraum um, errichtet den neuen Hochaltar und ordnet die Ausstattung neu.[11] |
| 1845–1847 | An der Nordwand des Langhauses wird die monumentale Mosaikkopie von Leonardo da Vincis Abendmahl des römischen Mosaikkünstlers Giacomo Raffaelli angebracht. |
| 1890er Jahre | Abbruch großer Teile des Klosters; ein Neubau nach Plänen von Viktor Luntz umschließt heute die Süd- und Teile der Ostseite der Kirche. |
| 1901–1909 | Erweiterung um Sakristei und Arkadengang; Neugestaltung des Platzes und Freilegung des Chorgrundrisses. |
| nach 1945 | Beseitigung von Kriegs- und Witterungsschäden; konservierende Restaurierungen an Dach, Maßwerk und Ausstattung.[12] |
| 1960–1970 | Entfernung des barocken Außenverputzes und Restaurierungen am Äußeren; der gotische Charakter der Kirche tritt wieder deutlicher hervor. |
| 2021 | Übergabe der Kirche an die Priesterbruderschaft St. Pius X.; Intensivierung der Messfeiern im überlieferten Ritus.[13] |
| ab 2023 | Ein neues Glockenspiel mit zunächst elf Glocken aus der Glockengießerei Grassmayr ergänzt die historische Antoniusglocke; eine Erweiterung auf bis zu 24 Glocken ist vorgesehen. |
| 2024 | 800-Jahr-Jubiläum der Minoriten in Wien; Festgottesdienste und Kulturprogramm.[14] |
Ein Rundgang um die Kirche
Die Westfassade
Wer vom Heldenplatz oder vom Ballhausplatz her über den Minoritenplatz zugeht, erlebt die Kirche als ruhigen Gegenpol zu Kanzleramt, Ministerien und Verfassungsgerichtshof.
Von Außen sieht man das hohe Satteldach der prismaförmigen Kirche - ein Stil, der für Bauten von Bettelorden charakteristisch ist - statt eines Mittelchores wurde ein schlanker Turm errichtet. Die ursprüngliche, wesentlich höhere Helmform wurde nach Kriegsschäden und Sturmschäden ersetzt; heute krönt ein einfacherer Helm mit Laterne den Turm. Im Westen ist die Hauptfassade zu sehen, die sich 45 Meter hoch in den Himmel erstreckt.
Das Hauptportal an der Westseite führt direkt in das Mittelschiff. Der spitzbogige Gewändeabschluss, Reste von Figurenkonsole und die feine Profilierung erinnern daran, dass die Kirche einst Teil eines größeren Klosterkomplexes war. Über dem Portal befindet sich ein Tympanonfeld, dessen Skulpturenbestand nur fragmentarisch erhalten ist.
Wer das Portal durchschreitet, steht sofort im hohen, dreischiffigen Hallenraum. Der Übergang von der offenen Platzfläche zum kühlen, gefilterten Licht des Innenraums gehört zu den eindrucksvollsten Momenten eines Besuchs: Die schlanken Pfeiler, das Netz der Rippen und die relativ schmuckarmen Wandflächen lenken den Blick unmittelbar nach vorne – auf den Hochaltar mit dem Bild Maria Schnee.
Das Hauptportal, elf Meter hoch und 8,5 Meter breit, ist mit Reliefs geschmückt, ebenso das rechte Seitenportal. Das Haupttor zeigt ein dreigeteiltes Zirkelfeld, zu sehen ist im mittleren Feld Christus auf dem Astkreuz, im linken Feld ist Maria mit Maria Magdalena, Maria Cleophae und anderen weiblichen Figuren zu sehen, im rechten Zirkelfeld findet sich der weinende Johannes der Evangelist, der Hauptmann Longinus, dahinter ein Soldat in voller Rüstung, er trägt eine Fahne, auf der ein "Judenhütel" dargestellt ist, und eine Gestalt, die möglicherweise Herzog Albrecht zeigt (er war Förderer des Kirchenbaus).
Die sechs Statuen im Portal zeigen eine Gruppe von Männern (links) und Frauen (rechts). Von links nach rechts handelt es sich dabei um:
- Hl. Philippus
- Hl. Johhannes von Batista
- Hl. Johannes Evangelista
Frauengruppe von links nach rechts:
- Hl. Ursula
- Hl. Agnes
- Hl. Helena [15]
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Quellen
- ↑ Wikipedia: Minoritenkloster Wien und Minoritenkirche (Wien); Wien Geschichte Wiki: Minoritenkirche
- ↑ Manfred Zips, Die Minoritenkirche "Maria Schnee" in Wien, Peda-Kunstführer, 2012.
- ↑ Wikipedia: Minoritenkirche (Wien), Abschnitte Geschichte der Gemeinde und des Gotteshauses und Architektur
- ↑ Wikipedia: Minoritenkirche (Wien), Abschnitte Geschichte der Gemeinde und des Gotteshauses; Informationen der Italienischen Kongregation Maria Schnee
- ↑ planet-vienna.com: Minoritenkirche; Ricardalovesmonuments, Beschreibung zum Hochaltar auf Wikimedia Commons
- ↑ Manfred Zips, in: Die Minoritenkirche Maria Schnee in Wien – die italienische Nationalkirche, Kirchenführer; sowie Berichte zur Ausstellung und zum Mosaik, abgerufen 2025.
- ↑ Wiener Wege – Führungen zu Wiener Kirchen; diverse Restaurierungsberichte
- ↑ Berichte der Priesterbruderschaft St. Pius X. und der Italienischen Kongregation zu Jubiläumsfeiern 2024/25, u. a. auf fsspx.at und minoritenkirche-wien.info.
- ↑ Religion.ORF.at: Minoritenkirche feiert 800-Jahr-Jubiläum (6.9.2024) und OTS-Presseaussendung zum Jubiläum 2024.
- ↑ Manfred Zips, Kirchenführer Die Minoritenkirche "Maria Schnee" in Wien.
- ↑ planet-vienna.com: Minoritenkirche.
- ↑ Bundesdenkmalamt, diverse Berichte zu Wiener Sakralbauten.
- ↑ Pressemitteilungen und Website der FSSPX Österreich, 2021–2022.
- ↑ Religion.ORF.at: Minoritenkirche feiert 800-Jahr-Jubiläum, 2024.
- ↑ Leopold Mazakarini: Wien, Minoritenkirche, Gesellschaft für Natur- und Heimatkunde, Wien, 1959. S. 21, Minoritenkirche, Kirchenführer, Literatur






