Volksgarten
(Weitergeleitet von Kaiserin-Elisabeth-Denkmal)
Die Entstehung des Volksgartens
Die Idee zu Volksgärten entstand Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Ziel war die Erholung, Bildung und Erziehung der Bevölkerung zu fördern, dazu wurden seltene Pflanzen, Denkmäler und Teiche, Pavillons und Ruheplätze in den Park integriert.
Der Wiener Volksgarten entstand zwischen 1819 und 1823 an der Stelle, wo einst die Burgbastei (oder auch: "An der Löwelbastei") war, die von den Franzosen zerstört wurde (Napoleon ließ die Bastei nach seinem Sieg schleifen). Die Bastei hatte zu dieser Zeit nur mehr eine symbolische Bedeutung, trotzdem ließ Kaiser Franz II. sie wieder errichten, allerdings weiter außerhalb (im Bereich der heutigen Ringstraße).
Mit der Gestaltung wurde der Gartenkünstler Ludwig von Remy beauftragt. Der Garten musste im französischen Stil angelegt werden, da englische Gärten die Unsittlichkeit unterstützt hatten: Im Unterschied zu den englischen Gärten mit geschwungenen Wegen und versteckten Winkeln ist die französische Anordnung streng geometrisch angeordnet. Damit setzte der Kaiser zusätzlich ein Zeichen für die staatliche Ordnung: Überschaubarkeit und Kontrolle war die Devise. Trotzdem war der Park zu dieser Zeit Treffpunkt der Wasch- und Dienstmädchen mit ihren Galanen, meist jungen Soldaten.
Auch Tanzveranstaltungen gab es hier schon früher.
Der Aristokratenwinkel
Vor 1848 verkehrte hier auch der Hochadel – aber nur in einem abgegrenzten Bereich, der gegen eine Eintrittsgebühr betreten wurde. Hier wurde zwischen Geld- und Geburtsadel streng unterschieden, was dann auch dazu führte, dass der „echte“ Adel sich in den Erholungsbereich des Praters zurückzog.
Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren auch hier (wie im Stadtpark) Sesselfrauen tätig: Sie vermieteten saubere Sessel an die Besucher, die hier rasten wollten und boten auch einen besonderen Service: zwei breitere Stühle für korpulentere Personen.
Gebäude im Volksgarten
1823 erbaute Pietro Nobile den Theseus Tempel und das Cortische Kaffeehaus (benannt nach seinem Besitzer Pietro Corti, 1781 - 1833).
Theseus-Tempel
Der Theseus-Tempel ist eine Nachbildung des antiken Theseions in Athen. Der klassische Tempel mit 20 dorischen Säulen wurde von Peter Nobile in den Jahre 1819 – 1823 errichtet. Der Tempel war für die Aufstellung der Theseus-Gruppe, die Canova für Napoleon angefertigt hatte (nach dessen Abdankung kaufte sie der österreichische Kaiser), gedacht, diese steht heute jedoch am Treppenaufgang des Kunsthistorischen Museums. Angefertigt wurde die Gruppe eigentlich zur Aufstellung in einem Triumphbogen in Mailand.
Der Tempel wurde 2011 renoviert, und erstrahlt heute im gleichen Weiß, wie er bei seiner Erbauung ausgesehen hatte; Damals wurde allerdings das heute verbotene Bleiweiß verwendet.
Da der Tempel seit 1999 dem Kunsthistorischen Museum gehört, wird er durch das Museum als Ausstellungraum genutzt; Gegenwartskünstler wird die Möglichkeit gegeben, hier auszustellen. Bevorzugt werden Ausstellungen mit politischer Aussagekraft, wie zum Beispiel die Fotoausstellung über die Zerstörung und den Wiederaufbau der Brücke von Mostar. Der slowenische Künstler Branko Suhy hat hier seinen Manhattan-Zyklus präsentiert, es finden auch Lesungen und Theateraufführungen statt.
Der Sieger
Die Statue des nackten Mannes vor dem Tempel hat mit diesem nichts zu tun – er wurde erst 1921 aufgestellt, und sollte das Selbstbewusstsein des Österreichischen Sports verherrlichen. Das Feigenblatt wurde erst nachträglich angebracht, da man den hier spielenden Kindern die „Unsittlichkeit“ nicht zumuten wollte.
Die Bronze-Skulptur trägt mehrere Namen: Neben "Der Sieger" scheint auch "Jugendlicher Athlet" oder "Denkmal der Jugend" auf. Deswegen ist auf dem Sockel eine Inschrift angebracht, die besagt: "Der Kraft und Schönheit unserer Jugend". Einige Quellen geben auch an, dass die Darstellung an die gefallenen Sportler des Ersten Weltkrieges erinnert.
Geschaffen wurde die Statue 1921 von Josef Müllner, der auch das Lueger-Denkmal entworfen hatte.[1]
Die Halle unter dem Tempel
Da der Bauplatz der ehemalige Burggraben war, musste das Fundament deutlich tiefer gesetzt werden. Der dadurch entstandene Zwischenraum wurde nicht aufgefüllt, sondern als Halle belassen. Dieser dreischiffige Raum ist gleich groß, wie der darüber stehende Tempel und war der Ausstellung antiker Büsten und Plastiken gewidmet. Ursprünglich gelangte man über eine Treppe von Außen nach unten. Mit der Zeit verfiel der Raum, die Statuen wurden ins Kunsthistorische Museum gebracht, und zuletzt wurde die subterrane Halle nur mehr als Lager für Gartenmöbel genutzt. Im Zuge der Renovierung wurde auch diese Halle wieder instandgesetzt, mit Strom versehen und trocken gelegt, allerdings ist der Abgang mit einem Eisengitter verschlossen, der Raum bislang ungenutzt. Es bleibt zu hoffen, dass hier wieder eine kulturelle Nutzung ermöglicht wird.
Das öffentliche Klo
Auch hier befindet sich ein besonderes öffentliches Klo, zehn Meter vor dem Theseus-Tempel. Errichtet wurde das Holzhäuschen durch die Fa. Wilhelm Beetz 1884, als der Volksgarten erweitert wurde. Beetz war Berliner, und hatte seine Idee des öffentlichen Klos nach Wien übertragen, die Anlage im Volkskarten war die erste, die Beetz in Wien errichtet hatte, es folgte 48 weitere, die er und seine Firma bis 1039 in Wien errichteten.
1907 übergab man die WC-Anlage in Besitz der Stadt Wien. Das Klo gehörte zu den letzten mit Klofrau - nach einigen Jahren Pause stehen mittlerweile wieder diese Reinigungsdamen zur Verfügung.
Meierei
Wie im Stadtpark steht auch hier eine Meierei (heute ein Cafè). Der achteckige Pavillon wurde eigentlich 1890 als Wasserspeier erbaut, 1924 in eine Milchbar umgebaut und ist heute ein Lokal. Das Cafè Meierei hat nur von Anfang April bis Ende September geöffnet und ist für sein Frühstück im Garten bekannt.
Ochsenmühle bis Diskothek Volksgarten
Einst war hier nur eine Limonadenhütte, durch die die Bevölkerung, stets im Kreis gehend, immer wieder durchzog und hin- und wieder eine Erfrischung zu sich nahm. Es ging um Sehen und Gesehen werden, herzliches Begrüßen und hinterher Ausrichten. Da der Kreisgang an wasserpumpende Ochsen erinnerte, wurde der Platz bald "Ochsenmühle" genannt.
1820 bot der Kaiserliche Hof dem Kaffeesieder Corti aus Mailand an, hier ein Cafè zu errichten. Er erhielt die Erlaubnis des „Kaffee- Thee-, und Chokoladen-Ausschanks mit practicablen Tischen, Bänken und auch Gestühle“. Das erste Wiener Kaffeehaus im Grünen war entstanden. Hier war auch der Treffpunkt der Biedermeier-Prominenten: Beethoven, Grillparzer, Ferdinand Raimund und Ignaz von Castelli waren hier zu Gast. Auch Strauß-Konzerte (wie im Stadtpark) wurden ab 1875 geboten.
1898 wurde der halbkreisrunde Bau erweitert, aber durch Bomben im Krieg weitgehend zerstört. Oswald Haerdtl baute das Café zwischen 1947 und 1953 wieder auf und erweiterte es um eine Terrasse und einen Schanigarten.
1958 kam dann ein Wintergarten mit ausfahrbarem Glasdach dazu, das Lokal wandelte sich zu einem Jazz- und Tanzlokal: Hier traten zum Beispiel Ella Fitzgerald und Joe Zawinul auf.
Auch heute kann man hier tanzen – aus der Ochsenmühle wurde die Discothek Volksgarten.
Das Charmante an dem Lokal ist auch heute noch, dass es aus drei Teilen besteht, die mehrere Bedürfnisse abdeckt. Bei der Renovierung im Jahr 2011, die Neugestaltung wurde von den Architektur-Büros BEHF und ARTEC vorgenommen, wurden der Wintergarten, die Discothek und die Cortische Säulenhalle neu gestaltet. Damit wurde das historische Umfeld geschickt mit futuristischen Lichtinstallationen und Designer-Elementen verbunden.
In der Disco wird von Events für ältere Semester am Donnerstag über RnB am Freitag bis House-Music („Get Whipped“) am Samstag für jede Zielgruppe etwas geboten.
Die Säulenhalle mit dem großen Garten ist unter der Woche Veranstaltungsort für geschlossene Gesellschaften und von Donnerstag bis Samstag der Ort für Events wie Heaven, NYC und Boink.
Erweiterung 1862 - Rosarium
1862 wurde der Garten erweitert – hier ist heute das Rosarium untergebracht. Damals war das Eisengitter noch rot lackiert, die Laternen vergoldet, originale Zaunteile sieht man heute nur mehr beim Burgtor. Da an der Ringstraßenseite kein Eingang vorgesehen war, entstand ein neuer Eingang beim Burgtheater.
Erst nach dem zweiten Weltkrieg entstand hier der Rosengarten – mit 5.500 verschiedenen Rosenarten. Es gibt alle Arten der königlichen Blume: Hochstammrosen, Beetrosen, Schlingrosen und Strauchrosen, neue Züchtungen finden sich hier genauso wie sehr alte. Eine Auflistung aller Arten befindet sich in der Tabelle Rosengarten.
Denkmäler im Volksgarten
Im Park stehen die Denkmäler von Kaiserin Elisabeth und Franz Grillparzer sowie ein Brunnen von Viktor Tilgner.
Das Elisabeth-Denkmal
Am nördlichen Ende des Volksgartens, fast schon bei der Löwelstraße und mitten in der Parkanlage, steht das Denkmal von Kaiserin Elisabeth, geschaffen von Hans Bitterlich und Friedrich Ohmann.
Über Treppen, die von Vasen eingerahmt sind, gelangt man auf eine Terrasse mit Sitzbänken, Wandbrunnen und Reliefs. Eine halbrunde Wand umschließt die Terrasse, im Zentrum befindet sich die sitzende Figur der Kaiserin und seitlich von ihr liegende Hunde. Links und rechts von der Figur ist das Wasserbecken mit wasserausgießenden Kinderfiguren angebracht.
Das Denkmal wurde am 4.6.1907 von Kaiser Franz Josef enthüllt und von einem Komitee unter Hofjuwelier Mayer errichtet. Ein interessantes Detail bei der Darstellung der Kaiserin: Sie ist ohne jegliche kaiserliche Attribute abgebildet.
Grillparzer-Denkmal
In der südlichsten Ecke des Parks steht das Grillparzer-Denkmal, das 1885 enthüllt wurde. Weyr stellte auf den seitlichen Reliefs Szenen aus den Werken des Dichters dar.
Triton- und Nymphe–Brunnen
Der von Viktor Tilgner 1880 geschaffene Brunnen zeigt Triton und Nymphe, die von einem Delphin und einem Putto flankiert sind. Aus dem runden Becken ragt der Steinsockel mit den Bronzefiguren hervor.
Der Volksgartenbrunnen
Der Volksgartenbrunnen, der im oberen Drittel des Rosariums steht, wurde 1866 von Anton Dominik Fernkorn geschaffen.
Der Brunnen besteht aus zwei übereinandergelegten Brunnenschalen und ist mit reichem Zierrat in Bronzeguss versehen: Delphine, Maskarons, Festons. Der Springbrunnen steht in einem Vierpaßbecken.
Naturdenkmal
Im Volksgarten befindet sich auch ein Naturdenkmal: eine Morgenländische Platane. Sie steht im Hintergrund des Volksgartenbrunnen, und ist mit 200 Jahren der älteste Baum des Volksgartens.[2]
Die zweite Erweiterung und der Zweite Weltkrieg
1884 fand die zweite Erweiterung des Gartens statt, da einige Gebäude in der Löwelstraße abgerissen wurden. Eigentlich wäre wieder eine Häuserreihe geplant gewesen, doch der damalige Bürgermeister Wiens, Cajetan Felder, redete dem Kaiser den Bau aus („Er werde sich doch nicht in die Suppe schauen lassen“).
Das Tor zum Ballhauslatz (neben dem Theseus-Tempel) entstand 1907, bei der Neugestaltung der Anlage durch Josef Vesely, dem Hofgartenverwalter.
Während des Krieges hat auch der Volksgarten einiges abbekommen: Noch heute muss beim Fällen der Bäume Vorsicht walten, denn in den Bäumen befinden sich immer noch Granatsplitter, die dann die Ketten der Motorsägen zum Reißen bringen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde ein Denkmal für die im Kampf gefallenen russischen Soldaten aufgestellt. Auch einige Gräber für russische Offiziere wurden rundherum angelegt.
Gedenktafel / Denkmal Julius Raab
Im Zaun Richtung Parlament ist eine Gedenkmedaillon für den Bundeskanzler Julius Raab angebracht.
THEMA: Raab-Denkmal | was ist hier zu finden |
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Enhüllung: 30. April 1967 Inschrift Mitte: Julius Raab Inschrift Links: Julius Raab (1891 - 1964) Bundeskanzler der Republik Österreich von 1953 bis 1961. Inschrift rechts: In seiner Amtszeit erreichte er 1955 die Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages der Österreich wieder die volle Freiheit brachte. Inschrift (Zitat Julius Raab): "Alle bitte ich inständig die rotweissrote Fahne hochzuhalten und unser schönes Österreich als einen Hort der Freiheit zu bewahren." |
Der Garten aus Sicht des Jahres 1842
Ein Stadtführer aus dem Jahr 1842 schildert die Eindrücke so:
Man steht nun wieder an dem äußeren Burgplatze, auf welchem man jenseits den Rundgang begonnen hat und schließt mit einem Besuche des Volksgartens. Unter Tags ist derselbe ein Haupttummelplatz der Kinder, abends kömmt dann die elegante Welt. Ein zweites Kaffeehaus von Corti ist eine sehr freundliche Halle im Halbkreise gebaut. Die beliebten Orchester von Strauß und Lanner spielen hier zuweilen. Mitten im Volksgarten steht der Theseustempel, von Nobile nach den Verhältnissen des atheniensischen erbaut, 76‘ lang, 43‘ breit, und für Canovas Meisterwerk bestimmt, die Marmorgruppe des Theseus. Im Winter ist der Tempel verschlossen, er wird aber bereitwillig geöffnet, wenn man sich in der Wachstube der Hof-Burgwache (nicht der Grenadier-Hauptwache) in der Durchfahrt in den Schweizerhof meldet. Das kleine Haus dicht an der Stadtmauer ist dem Kunstvereine eingeräumt, der darin die von ihm angekauften Kunstwerke ausstellt; auch für andere Expositionen dient das Gebäude. [3]
Der Volksgarten des Jahres 1842 stellte sich noch deutlich kleiner als heute dar, mittlerweile wurden zwei Erweiterungen vorgenommen. Aus dem damaligen Café Corti, in dem Lanner und Strauß gastierterten, wurde das Lokal "Volksgarten", in dem Jazz-Legenden auftraten. Auch den Theseustempel gibt es noch. Die Marmorgruppe des Theseus, die hier aufgestellt werden sollte, befindet sich heute am Treppenaufgang des Kunsthistorischen Museums.
Folge dem Stadtspaziergang 2 - Teil 1: Rund um die Stadtmauer im Jahr 1842 und heute
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Quellen
- ↑ http://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Denkmale/Jugendlicher%20Athlet
- ↑ Verzeichnis der Wiener Naturdenkmäler, MA 22, 2011, S. 2
- ↑ Adolf Schmidl: C. Gerold, Eine Woche in Wien: Zuverlässiger und zeitsparender Führer durch die Kaiserstadt und ihre nächsten Umgebungen, Tag 1, 1842, Wien, Seite 4 – 13