Seitzergasse 6: Unterschied zwischen den Versionen
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Den | Den Mauerbacher Mönchen wurde das Recht der freien Weinausschank gewährt, von dem sie reichlich Gebrauch machten: Sie schufen einen der größten mittelalterlichen Weinkeller Wiens. Diese Weinschenke brachte den Mönchen ein hohes Vermögen – aber auch Ärger mit den örtlichen Weinbauern - ein. Als der Streit zwischen den Wiener Bürgern und den Mönchen, die Wein von Außen einführten, eskalierte, entschied Albrecht V., dass die Mönche das zwar weiterhin durften, aber „''Beschaidentlich und nicht mit Rufern … und nicht Frühstück oder ander Essen bey den Weinschenken in ihren Häusern noch Kellern geben''“. | ||
1782 wurden die Klöster in Wien aufgehoben, damit auch der Seitzerhof und seine Kapelle. Käufer war der Kaufmann Johann Georg Reich, der Taufpate von Ignaz Franz Castelli war. Der Keller blieb als Gasthaus weiterhin bestehen und war für die riesigen Fässer berühmt, die hier gelagert waren. Das dunkle Labyrinth wurde mit 18.000 Kerzen jährlich ausgeleuchtet. Später gab es hier eine Tafelrunde, der Künstler angehörten, wie der Dichter Ignaz Franz Castelli und der Schriftsteller Adolf Bäuerle. | |||
=== Das Elysium === | === Das Elysium === |
Version vom 22. November 2015, 14:15 Uhr
Grund-Information | |
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Der Seitzerhof, Tuchlaubenhof | |
Aliasadressen | =Seitzergasse 6, =Tuchlauben 7-7a, = Steindlgasse 1-3 |
Ehem. Konskriptionsnummer | 427 (alt: 460) |
Baujahr | 1912 |
Architekt | Alfred Teller, Emmerich Spielmann |
Der Seitzerhof, Tuchlaubenhof - Architektur und Geschichte
Der 1912 erbaute Tuchlaubenhof ersetzte den Seitzerhof. Die beiden Gebäudeteile sind durch eine Glasdachkonstruktion und einen Quertrakt miteinander verbunden, durch die eine Straße führt,
Der Tuchlaubenhof wurde am 10.9.1945 durch eine Bombe nahezu zerstört, im April 1945 erlitt das Haus durch einen Granatentreffer weitere Schäden.
Vorgängerhäuser
Das Haus im Mittelalter
Eines der Vorgängerhäuser ist bereits bis in die Zeit der Babenberger zurückverfolgbar. Zur Zeit Leopolds des Glorreichen (1198-1230) gehörte das Haus dem reichsten Bürger der Stadt, dem herzoglichen Münzmeister Dietrich, der auch das Amt des Stadtrichters innehatte. Dietrich war wohl der erste Dagobert Duck, von ihm sagte man, er zähle sein Geld nicht, er schöpfte es mit Schaufeln und wog es. Er richtete sich eine eigene Hauskapelle, die Nikolauskapelle, ein.
Die folgenden Besitzer wechselten in rascher Folge: Durch die Hinrichtung des Besitzers Johann von Stadlau (er beging Hochverrat) gelangte das Haus 1310 in den Besitz von Friedrich dem Schönen, der es Wernhard und Heinrich Chrannest gab, um damit seine Schulden zu tilgen. 1325 schenkte es Herzog Friedrich der Kartause Mauerbach, der Grund wurde zum neuen „Mauerbachhof“ gelegt, der dann Seitzerhof genannt wurde (ab 1403).
"Zu den Röhren"
Der Schild-Name des Hauses, der auf den Namen „Zu den Röhren“ lautete, bezieht sich auf eine römische Wasserleitung, die hier verlaufen war. Der Nachweis für ihre Existenz wurde während Grabungsarbeiten 1838 erbracht. Der Name ließ annehmen, dass sich hier ein Badehaus befunden hatte, dieses war jedoch im Haus Kleeblattgasse 5. Das Wasser, das zur Speisung dieses Badehauses benötigt wurde, floss aber durch diese Leitungen.
Seitzerhof
Der Name leitete sich von der steirischen Kartause Seitz ab, dort hatte die Kartause Mauerbach ihre erste Siedlung. Friedrich der Schönen gründete in Mauerbach die Kartause nahe Wien im Jahr 1314. Der Stiftshof in Wien wurde als Niederlassung der Kartäuser neu gebaut, wobei Teile des alten Gebäudes, so auch die Nikolaus-Kepelle, erhalten blieben.
Während der Türkenbelagerung 1529 stürmten die Türken die Kartause in Mauerbach und verwüsteten dabei die dortige Gruft. Provokant schleppten sie die Särge von Friedrich dem Schönen und seiner Tochter Elisabeth auf die Wiese neben dem Kloster und warfen ihre Überreste durcheinander, in der Hoffnung, einen Schatz zu finden. Die Hoffnung wurde nicht erfüllt. Heimkehrende Flüchtlinge fanden die Gebeine, sammelten sie ein und brachten sie in den Seitzerhof in Wien. Schon wenige Wochen später hatten die Mönche die Särge wieder nach Mauerbach zurückgebracht.
Seitzerkeller
Den Mauerbacher Mönchen wurde das Recht der freien Weinausschank gewährt, von dem sie reichlich Gebrauch machten: Sie schufen einen der größten mittelalterlichen Weinkeller Wiens. Diese Weinschenke brachte den Mönchen ein hohes Vermögen – aber auch Ärger mit den örtlichen Weinbauern - ein. Als der Streit zwischen den Wiener Bürgern und den Mönchen, die Wein von Außen einführten, eskalierte, entschied Albrecht V., dass die Mönche das zwar weiterhin durften, aber „Beschaidentlich und nicht mit Rufern … und nicht Frühstück oder ander Essen bey den Weinschenken in ihren Häusern noch Kellern geben“.
1782 wurden die Klöster in Wien aufgehoben, damit auch der Seitzerhof und seine Kapelle. Käufer war der Kaufmann Johann Georg Reich, der Taufpate von Ignaz Franz Castelli war. Der Keller blieb als Gasthaus weiterhin bestehen und war für die riesigen Fässer berühmt, die hier gelagert waren. Das dunkle Labyrinth wurde mit 18.000 Kerzen jährlich ausgeleuchtet. Später gab es hier eine Tafelrunde, der Künstler angehörten, wie der Dichter Ignaz Franz Castelli und der Schriftsteller Adolf Bäuerle.
Das Elysium
In den Wintern 1833 bis 1838 betrieb Kaffeesieder Josef Georg Daum im gepachteten Seitzerkeller sein weltbekanntes Elysium. Dafür stattete er die Kellerräume glanzvoll aus. Die unterirdischen Räume beinhalteten nun einen Konzertsaal, Speisesäle und ein Tanzlokal, in welchem unter anderem die unter dem Namen "schwarze Redouten" bekannt gewordenen Maskenbälle abgehalten wurden.
Der Seitzerkeller fasste zu diesem Zeitpunkt 10.000 Personen und war eine Sehenswürdigkeit des alten Wien. Knapp vor seinem Abbruch bildeten die "transparenten Wandelbilder" eine besondere Attraktion. Sie stellten auf transparenten Papier die Zeitereignisse dar und waren damit ein Vorläufer der späteren Wochenschauen in den Kinos.
• Bis 1832 bewirtschaftete Daums Schwager Leopold Grader das Lokal; am 4. Februar 1833 eröffnete Daum selbst die (mittlerweile erstklassig ausgestatteten) Räumlichkei-ten unter dem Namen Elysium und machte dieses zu einem Zentrum des vormärzli-chen Unterhaltungslebens in Wien. • Josef Lanner wirkte hier als Kapellmeister. Am 18. März 1838 war das (alte) Elysium das letztemal geöffnet; der Seitzerhof wurde kurz darauf abgerissen. Inzwischen hatte Daum am 8. März 1838 den St.-Anna-Keller des alten Jesuitenklosters (zwischen An-nagasse und Johannesgasse) gemietet und eröffnete dort am 1. März 1840 ein "Neues Elysium", das bald eine europäische Sehenswürdigkeit wurde; Daum schmückte die Lokalitäten ständig mit neuen Dekorationen, die auf Zeitereignisse Bedacht nahmen. • Jedem Erdteil war ein eigener Saal gewidmet, außerdem gab es eine echte Pferdeei-senbahn. In der Faschingszeit fanden im Elysium die berühmten Maskenzüge statt. Nach Daums Tod führte sein Sohn Joseph (* 1815, † 17. September 1877) das Etablissement weiter, das jedoch 1863 für immer seine Pforten schloss.
Der neue Seitzerhof, Neubau 1838
1838-1840 erfolgte durch Friedrich Stache der Neubau des ursprünglich zweistöckigen Gebäudes. Der neue Hof, der damals als Prachtbau angesehen wurde, sollte nichts an Anziehungskraft verlieren. Er erhielt einen Durchgang ("Basar") mit verschiedenen Geschäften und beherbergte auch ein Gasthaus, das den Schildernamen "Zum Basar" führte und sich bald großer Beliebtheit erfreute. Der Arkadengang in der erweiterten Steindlgasse fiel dem Umbau zum Opfer. 1840 schreibt die Wiener Zeitung, dass der Basar "... die prächtigsten Auslagen des in Europa gerühmten Gewerbefleißes beinhaltet, von schimmernden Gaslicht umstrahlt." (J. de Luca: Topographie von Wien, S. 397).
1853 kam der Hof des Zuckerindustriellen Ritter von Mack in den Besitz der Töchter Rosina, Ignazia (verehelichte Fürstin Wrede) und Amalia. 1911 ging er in den Besitz der Gräfin Almeida über und wurde ein Jahr später abgetragen.
Der neue Seitzerhof war ein multifunktionelles, modernen urbanen Bedürfnissen angepasstes Bauwerk, das infolge seiner Ausdehnung und Stockwerkszahl zu den größten Miethäusern der Stadt gehörte. An die Stelle des Seitzerhofs kam 1912 der Tuchlaubenhof.
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