Wo der Türke scheuzzt

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An der Adresse Strauchgasse 1-3 standen einst mehrere kleinere Häuser. Eines davon, Stadt 237, wurde bereits 1365 namentlich erwähnt und trug schon da den Namen ""do der Heiden scheusst" (oder auch: "Wo der Türk reitet"). Die Figur mit dem Reiter zeigte einen Sarazenen mit Pfeil und Bogen. Ob es sich tatsächlich um einen Türken oder doch einen Tartaren handelte, ist nicht gesichert.

Einst befand sich hier ein Wirtshaus namens "Türkenkeller", in dem der Wein reichlich floss. Realis führt die Namensgebung tatsächlich mit der ersten Türkenbelagerung 1529 in Verbindung, und erzählt dabei von einer Legende:[1]

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Wien Heidenschuss 2.JPG

Im Jahre 1529 verliefen die türkischen Minen bis zur Freyung, nämlich genau bis zu diesem Haus, das damals von einem Bäcker bewohnt wurde. Ein Bürger hatte bereits beobachtet, dass die Türken schon mehrfach versucht hätten, durch unterirdische Sprengungen in die Stadt vorzudringen. Im untersten Keller ließ daher der Bäcker eine Trommel aufstellen und legte Würfel darauf, damit - falls die Türken sich weiter vorgraben sollten - die Schwingung ein Hüpfen der Würfel verursache. Einer der Bäckergesellen musste hier Wache stehen, und sofort Alarm schreien, wenn sich etwas tat.

In einer stürmischen Nacht hatte der Bäckergeselle Josef Schulz aus Schlesien nun Wachdienst. Er entdeckte, wie sich die Würfel plötzlich sanft auf der gespannten Tierhaut bewegten und legte sein Ohr auf den Boden. Tatsächlich hörte er Stimmgewirr und leises Klopfen von Werkzeugen. Rasch raffte er sich zusammen und rannte zu den Stadtwachen, die es gar nicht glauben konnten, dass sich die Türken schon so weit vorgearbeitet hätten. Geich begann man, vom Keller des Bäckers einen Gegenstollen zu graben, und gar nicht lang später war man tatsächlich auf die Mine des Feindes gestoßen. Die Türken konnten durch den Überraschungsangriff überwältigt werden, der bereits mit Sprengstoff gefüllte Gang wurde eilends zugeschüttet.

Das Haus, in dem der Türke "sein Pulver verschießen" wollte, heißt seither "Zum Heidenschuss". Die Bäckerzunft erhielt aus Dankbarkeit vom Kaiser allerlei Freiheiten und durfte fortan mit fliegenden Fahnen den Bäckerzug feiern.

Die Legende wird natürlich als solche entlarvt, da die Türken gar nicht auf dieser Seite der Stadt angegriffen hatten. Zudem gibt es eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1529, in dem Jacob Nagel, Prezeptor der Kirche zum heiligen Geist, mit den Schotten, die damals Grundherren waren, über dieses Haus diskutierte und es schon da mit dem Namen "Da der Hayd scheust" bezeichnete.

Der Name dürfte sich also viel mehr auf einen ehemaligen Besitzer beziehen, der "Heinrich Haiden" hieß und sich einen reitenden Bogenschützen als Hausschild nahm.



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Quellen

  1. A. Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, II. Band, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 16