Stephansdom: Spuk am Friedhof von St. Stephan

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Sagen und Legenden
Stephansdom: Spuk am Friedhof von St. Stephan


1., Innere Stadt Stephansfreithof (historisch) Katakomben (Stephansdom) Singerstraße · Churhausgasse

Relevante Orte: ehemaliger Stephansfreithof rund um den Stephansdom · Zugänge zu den Katakomben · Hauszeilen Singerstraße/Churhausgasse

Lichter, Schritte, ein leiser Schlag

Totenleuchte Stephansdom.jpg

Totenleuchte am Dom

In nebligen Nächten sah man, so erzählten die Leute im Domviertel, blasse Lichter zwischen den Grabplatten um St. Stephan tanzen. Ein Wind schien zu fehlen, und doch bewegten sich die Flämmchen, als folgten sie einem unsichtbaren Zug. Wer dann ganz still stand, hörte Schritte über Stein – und manchmal nur einen einzelnen, dumpfen Schlag, so als rühre sich tief unten ein Klöppel.

Ein Nachtwächter schwor, er habe eine schwarz gekleidete Gestalt gesehen, die am Gitter der Gruft stehen blieb. Als er rief, winkte die Gestalt nicht ab, sondern deutete nur auf eine umgelegte Grabplatte. Am Morgen hob man den Stein: Darunter lag ein vergessener Schädelkasten, feucht geworden, die Schrift verwischt. Man brachte ihn in die Katakomben, und in der folgenden Nacht blieb es still.

Seitdem sagte man: Wenn die Lichter kommen und der Schlag fällt, wollen die Toten nur, dass man nach ihnen sieht. Wer lacht, der findet vielleicht am nächsten Tag eine alte Platte vor seiner Tür. Und wer eine Kerze anzündet und ein Vaterunser spricht, der hört nur noch den Wind.

Ort: Kirchhofbereich um den Stephansdom; Gruftgitter und Zugänge zu den Katakomben

Varianten der Erzählung: Will-o’-the-wisp/Lichterl zwischen den Platten · Prozession weißer Schatten in Allerseelennächten · einzelner Schlag als Ruf zum Gebet · skeptische Deutung: faulige Gase, Zugluft im Glockenstuhl, arbeitendes Holzwerk.

Es spukt am Stephansplatz

St. Stephen's Cathedral, Vienna, 1530.JPG

Stephansdom

In der Zeit, als hier noch ein Friedhof war, befanden sich hier auch Beinhäuser. In einem davon flammte das ewige Licht.

Einmal ging nachts der Mesner von St. Stephan mit einem Freund über den Friedhof, da blies der Wind seine Laterne aus. Der Mesner, der etwas über den Durst getrunken hatte, forderte seinen Freund auf, die Laterne an dem Ewigen Licht wieder anzuzünden, was dieser aber ablehnte. Daher ging der Mesner alleine zu dem Beinhaus, obwohl er dabei ein sehr ungutes Gefühl hatte. Aber um sich Mut zu machen, rief er laut: "Nun, ist kein guter Mann oder Freund da, der mir das Licht nachtragen kann, damit ich was sehe! Ihr braucht doch kein Licht mehr, da ihr doch alle längst schon schlaft!"

Als er nun seine Laterne anzünden wollte, flog ihm plötzlich etwas an die Brust wie ein Scheit Holz, aber schmal und weiß. Während er zum Schutze die Hand vorhielt, flog schon wieder ein Scheit her und so schnell, dass ihm schaurig zu Mute wurde und er schließlich gar nicht mehr wusste, wie lang dies dauerte. Da tönten zwölf Glockenschläge vom Turme herab und der Spuk war aus.

Der Mesner, der sich halbtot in das Freie schleppte, fiel draußen bewusstlos nieder. So fand man ihn, während das Beinhaus über und über mit Knochen bedeckt war. Der Mesner fiel in eine schwere Krankheit und starb bald darauf.

Historischer Hintergrund

Zur Einordnung: Um den Stephansdom lag bis ins 18. Jahrhundert der Stephansfreithof; Beisetzungen wurden später in den Katakomben fortgeführt. Räumungen, Umsetzungen von Gebeinen und Feuchtigkeitsschäden führten zu Funden verwitterter Kästen und Platten. Flackernde Lichter wurden volkstümlich als »Lichterl« gedeutet; naturkundlich erklärte man sie mit Gärgasen oder Luftzügen. Die Sage formt daraus eine Mahnung zur Pietät – verwandt mit Todanzeigenden Glocken und Die Legende der Totenmesse. [1] [2]



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Quellen

  1. Wiener Sagenüberlieferungen zum Domfriedhof und zu nächtlichen Lichterscheinungen.
  2. Stadttopographie: Begräbniswesen um St. Stephan; Verlagerung in die Katakomben und Auflassung des Kirchhofs.