Jüdisches Wien – Frühe Neuzeit
✡ Überblick
Neue Ansiedlung und Vertreibung
Nach der Vertreibung hatte Juden lange Zeit - bis 1624 - Ansiedlungsverbot in Wien. Eine Niederlassung war nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich. Als diese Ausnahmen jedoch zu häufig wurden, erteilte Ferdinand II. am 6.12.1624 ein neues Privileg: Die Juden durften sich am Werd ansiedeln. Im heutigen 2. Bezirk entstand also das neue Ghetto.
Für den Zeitraum von 1421 bis 1624 wird beschrieben, dass Juden trotz des Ansiedlungsverbots in Wien ihr Leben aufgebaut hatten - allerdings "ohne alle Zeichen und Unterschied der Kleidung und Trachten unten den Christen gewohnet, aber Handel und Wandel getrieben, ... und zum Nachteil der Christlichen Religion allerlei böse, ärgerliche und lästerliche Taten und Handlungen verübet" hätten. Die interpretierte Benachteiligung führte dazu, dass aus der Hofburg mit 1. August des Jahres 1551 ein königliches Patent veröffentlicht wurde, demnach alle Juden ein Zeichen, "und zwar einen runden Fleck vom gelben Tuch gemacht, an dem Ober-Kleid auf der linken Brust, woran sie konnten erkennet werden" tragen mussten. [1] Der Vorläufer des späteren Judensterns war also geboren...
1584 gibt es in Wien schon einige "legale" Juden, sie sind "hofbefreit", müssen also keine Mauten oder Zölle zahlen.
1624 werden wieder alle Juden aus der Stadt vertrieben, sie müssen in ein Ghetto aus 14 Häusern am „unteren Werd“ einziehen. Im Laufe der Jahrzehnte wächst diese neue Judenstadt auf 132 Häuser an. Aus dieser Stadt werden die Juden 1670 von Kaiser Leopold I. vertrieben, er macht das Gebiet zur „Leopoldstadt“. Vorgeschoben werden religiöse Gründe, in Wahrheit dürften jedoch wirtschaftliche Interessen Auslöser gewesen sein.
Die Türkenbelagerung 1683 führte dazu, dass wieder ein Jude nach Wien berufen wurde. Es handelte sich um Samuel Oppenheimer, der den Krieg finanzstark unterstützte. Allmählich durften wieder jüdische Familien nach Wien, allerdings nur reiche, darunter die Familien Wertheimer und Schlesinger, sie erhalten das Privileg "Hoffaktoren". Um 1700 leben schließlich 10 jüdische Familien in Wien, sie alle sind „privilegiert“. Als die Kriege vorbei waren und der Staat schwer verschuldet, ging man dazu über, nur bestimmte Häuser an jüdische Familien zuzuweisen. (zB. am Bauernmarkt 9). Zwischen 1718 und 1736 schließt das Kaiserreich Friedensverträge mit dem Osmanischen Reich. Sie führen dazu, dass den sefardischen Juden, die Untertanen des Osmanischen Sultans sind, mehr Rechte eingeräumt werden müssen. Nun wurde ihnen Bildung und Handelsfreiheit eingeräumt.
Am 28.12.1723 verbot der Kaiser, dass Juden in Christenhäusern wohnen dürften. Wer sich dieser Weisung widersetzte, musste eine Strafe in der Höhe von 1000 Talern zahlen.
Schließlich trieb Maria Theresia die Verfolgung auf die Spitze, sie erließ (1753 und 1764) eine "Judenordnung": Juden mussten extrem hohe Beträge an das Kaiserhaus zahlen, um bleiben zu dürfen. Konnten sie nicht zahlen, wurden sie mit ihrer Familie aus der Stadt geworfen. [2]
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Quellen
- ↑ Mathias Fuhrmann, Walter Obermaier: Alt- und Neues Wien, Band 2, Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft, 1739, Wien. S. 800
- ↑ https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Juden