Der Rattenfänger vom Magdalenengrund
Einst war Wien nicht so sauber wie heute, es gab keine Müllabfuhr, die Straßen waren voller Unrat und die Ratten verbreiteten Seuchen. Ganz schlimm war die Rattenplage entlang des Wienflusses, am Magdalenengrund; die Gegend wurde daher auch "Ratzenstadl" genannt.
Als alle Hausmittelchen und Gifte nichts mehr nutzten, und die Bevölkerung schon nicht mehr wusste, wie sie die Plage bekämpfen sollte, tauchte ein Fremder in grünem Samtanzug auf. Er zückte ein kleines altes Holzpfeifchen, das grausige Töne von sich gab. Und wie er so durch das Dorf ging, und seine Flöte spielte, folgten ihm tatsächlich die Ratten in Scharen. Der schlaue grüne Mann watete hinein in den Fluss, die Ratten folgten ihm, und sie ertranken alle.
Die Bewohner des Magdalenengrund waren nicht reich, aber das, was sie hatten, teilten sie glücklich mit dem Rattenfänger, sie feierten aus Dankbarkeit ein Fest mit ihm und erzählten es weiter. So gelangte die Nachricht zu dem Geschehenen auch bis nach Korneuburg, wo die Plage noch schlimmer war.
Die Ratsherren von Korneuburg suchten daher den Fremden auf, und baten ihm 100 Goldstücke, wenn er auch ihr Dorf von den Ratten befreien würde.
So holte der Mann wieder sein Pfeifchen heraus, ging durch die Straßen und die Ratten folgten ihm bis zur Donau. Dort stieg er in ein Boot und ruderte weit hinaus, die Ratten ertranken genauso wie zuvor. Als er nun zu den Ratsherren ging, um seinen Lohn zu holen, meinten diese nur höhnisch: "Du musst mit dem Teufel im Bunde sein! Mit so einem wollen wir nichts zu tun haben!". Der Mann sprach nur: "Das werdet ihr bitter bereuen", drehte sich um und ging.
Die Ratsherren lachten nur und vergaßen bald den Vorfall.
Eines Morgens erschien der Mann wieder am Hauptplatz, diesmal in roten Samt gewandet. Er setze sich an den Rand des Brunnens und begann mit seinem Flötenspiel. Diesmal spielte er eine goldene Flöte, die so einen süßen Klang von sich gab, dass alle Kinder von Korneuburg sich um ihn scharten und in Träumereien versanken. Als sich der Spielmann erhob und zur Donau hinunterging, folgten ihm die verträumten Kinder - sie bestiegen mit ihm ein Schiff und fuhren zusammen die Donau hinunter.
Die Kinder hat man nie wieder gesehen.
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