Allerheiligenstriezel

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Rituale und Brauchtum
Allerheiligenstriezel

Ganz Wien Allerheiligen (1. November) Bäckerbrauchtum

Relevante Orte: Wiener Bäckereien und Zünfte; später besonders Floridsdorf.

Ein Geschenk des Bäckers zum Allerheiligentag

Brauch: Geschenkstriezel aus Weißbrot am 1. November

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Geflochtener Allerheiligenstriezel aus Hefeteig.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert war es in Wien üblich, dass Bäcker ihren Kundinnen und Kunden zum Allerheiligentag am 1. November einen Striezel aus Weißbrot schenkten. Das Gebäck war geflochten, reichhaltiger als das Alltagsbrot und galt als Zeichen der Verbundenheit zwischen Bäckerfamilie und Kundschaft.

Der Brauch hatte eine klare zeitliche Grenze: Mit der Zusammenlegung der Bäckerorganisationen in Graz und Wien wurde vereinbart, diese für die Bäckereien kostspielige Tradition aufzulassen. Das Geschenk an alle Stammkundinnen und Stammkunden zum Feiertag war wirtschaftlich schwer tragbar geworden, sodass sich die Bäcker gemeinsam von der Verpflichtung lösten. Nur in Floridsdorf, damals noch eine eigene Gemeinde und erst seit 1904 Teil von Wien, ist der Brauch noch bis 1924 nachweisbar.[1]

Historischer Hintergrund

Der Allerheiligenstriezel steht in einer Reihe von Gebildbroten, die in Mitteleuropa zu bestimmten Feiertagen gebacken werden. In Wien wird er zum Fest Allerheiligen und Allerseelen verortet, verbunden mit dem Totengedenken zu Beginn des November. Die Schenkung durch die Bäcker knüpft an ältere Stiftungs- und Almosenbräuche an, bei denen Brot, Gebäck oder kleine Geldbeträge an Bedürftige verteilt wurden.[2]

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wandelte sich der Charakter: Aus dem religiös fundierten Almosen wurde ein eher bürgerlicher Kundenbrauch. Der Striezel wurde zu einem erwarteten, aber nicht mehr explizit caritativen Geschenk, das die Bindung an eine bestimmte Bäckerei stärken sollte. Die zunehmende Konkurrenz und die steigenden Rohstoffpreise machten die jährliche Gratisabgabe schließlich immer schwieriger, was zum gemeinsamen Beschluss der Bäcker führte, die Praxis zu beenden.

Der Allerheiligenstriezel heute

Heute ist der Allerheiligenstriezel in Wien vor allem als saisonales Gebäck bekannt, das in den Wochen rund um Allerheiligen in Bäckereien und im Handel angeboten wird. Statt eines geschenkten Weißbrot-Striezels überwiegt der Hefezopf mit Zuckerbestreuung oder Mandelbelag, der privat gekauft und im Familienkreis verspeist wird.

In einigen Familien lebt der frühere Geschenkcharakter in kleiner Form fort, wenn etwa Patinnen und Paten ihren Patenkindern zum Allerheiligenstag einen Striezel mitbringen oder dieser beim Friedhofsbesuch und beim anschließenden Beisammensein eine Rolle spielt. Damit bleibt der Allerheiligenstriezel als Brauch im Jahreslauf präsent, auch wenn die alte Wiener Sitte des kostenlosen Bäckerstriezels nicht mehr praktiziert wird.[3],</ref>https://bauernladen.at/artikel/regionalitaet/fur-striezelbettler-und-verliebte/?srsltid=AfmBOorG5xKS9e3eas1P-zLvySqh0pu3CLIFtono3l7sWQVC4YJyFcxi</ref>

Vertiefende Informationen: Rituale und Brauchtum · Allerseelen und das Allerseelenstück · Literatur zu Wiener Bäckerbräuchen und Gebildbroten.

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Quellen

  1. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 1., Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 52
  2. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 1., Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 52
  3. https://noe.orf.at/magazin/stories/3018910/