1469: Wien wird Bischofssitz

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Geschichte Wiens
1469: Wien wird Bischofssitz
Im Jahr 1469 erhielt Wien eine neue Rolle im kirchlichen Gefüge Mitteleuropas. Auf Betreiben Kaiser Friedrichs III. wurde aus Teilen des Passauer Sprengels ein eigenes Bistum errichtet, das den Stephansdom zur Kathedrale und Wien selbst zum Sitz eines Bischofs machte. Damit gewann die Residenzstadt nicht nur politisch, sondern auch geistlich deutlich an Gewicht.

Wien vor 1469: Unter der Oberhoheit von Passau

Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts gehörten Wien und sein Umland kirchenrechtlich zum weit ausgedehnten Bistum Passau. Die Pfarren der Stadt wurden von Passauer Bischöfen und ihren Offizialen beaufsichtigt, während der Kaiserhof in Wien residierte und hier zunehmend seine politischen Schwerpunkte setzte. Zwischen der realen politischen Bedeutung der Stadt und ihrer kirchlichen Stellung klaffte daher eine gewisse Lücke.

Für Kaiser Friedrich III. war es ein Anliegen, seiner Residenz eine eigene bischöfliche Struktur zu geben. Ein Bischof am Hof bedeutete repräsentatives Gewicht, unmittelbare Verbindung zur Kurie und eine stärkere Bindung der Stadt an Dynastie und Reich. Zugleich wollten auch städtische und geistliche Eliten, dass Wien im kirchlichen Rang nicht hinter anderen Zentren zurückstand.

Die Gründung des Bistums Wien 1469

Am 18. Jänner 1469 errichtete Papst Paul II. mit einer feierlichen Bulle ein eigenes Bistum Wien. Auf Wunsch des Kaisers wurde damit ein kleiner, aber symbolisch hoch bedeutender Sprengel geschaffen, der zunächst im Wesentlichen das Stadtgebiet mit wenigen umliegenden Pfarren umfasste. Entscheidendes Merkmal dieser Neugründung war, dass das neue Bistum direkt dem Papst unterstand und nicht einem bestehenden Metropolitansitz zugeordnet wurde.

Parallel dazu entstand ein zweites Bistum für Wiener Neustadt. Beide Neugründungen sollten die habsburgischen Kernländer geistlich stärken und zugleich die kaiserliche Residenz enger an Rom binden. Für Wien bedeutete die Errichtung eines eigenen Bistums, dass der Stephansdom nun nicht mehr nur Stadt- und Kollegiatskirche war, sondern zur Kathedrale eines Bischofssitzes aufstieg.

Der erste Bischof: Leo Graf von Spaur

Zum ersten Bischof des neuen Bistums Wien wurde Leo Graf von Spaur ernannt, ein Angehöriger eines Tiroler Adelsgeschlechts mit enger Bindung an die habsburgische Politik. Er war bereits zuvor in kirchlichen Ämtern tätig gewesen und galt als verlässlicher Gefolgsmann Kaiser Friedrichs III.

Formell wurde Leo von Spaur 1469 beziehungsweise 1471 als erster Bischof beziehungsweise Administrator des Bistums Wien bestätigt. De facto erwies sich das neue Bistum jedoch als arm und schwer finanzierbar. Die Einkünfte des Sprengels waren begrenzt, und die genaue Abgrenzung gegenüber Passau blieb umstritten. Leo von Spaur nahm seinen Sitz zwar an, scheint sein Amt aber nur eingeschränkt ausgeübt zu haben und blieb oft außerhalb Wiens.

Trotz dieser Schwierigkeiten gilt er in der kirchlichen Überlieferung als erster Bischof beziehungsweise erster erwählter Bischof von Wien. In den folgenden Jahrzehnten verwalteten weitere auswärtige Bischöfe und Administratoren die Diözese, bevor im frühen 16. Jahrhundert mit Georg von Slatkonia ein tatsächlich in Wien residierender Bischof die Leitung übernahm.

Wien als geistliches Zentrum im Entstehen

Auch wenn das junge Bistum Wien zunächst klein und wirtschaftlich wenig ausgestattet war, markierte seine Gründung einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur späteren Erzdiözese. Der Stephansdom wurde nun kirchenrechtlich zum Mittelpunkt eines eigenen Sprengels und bekam damit eine zusätzliche symbolische Bedeutung für Stadt und Reich.

Für Wien bedeutete dies, dass politische, universitäre und kirchliche Funktionen immer stärker zusammentrafen. Neben dem Kaiserhof und der Universität trat nun ein bischöflicher Stuhl, der Wien in die Reihe der großen geistlichen Zentren des Reiches einreihte – wenn auch vorerst noch im Schatten alteingesessener Bistümer wie Passau oder Salzburg.

Rückblickend erscheint das Jahr 1469 daher als Beginn einer Entwicklung, an deren Ende Wien nicht nur Residenzstadt, sondern auch Hauptstadt einer mächtigen Erzdiözese mit weitreichender kirchlicher Einflusszone stehen sollte.

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