Stock-Im-Eisen-Platz 1: Unterschied zwischen den Versionen
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Zwischen 1376 und 1381 wird an dieser Stelle schon mehrfach ein Haus erwähnt, das 1527 an den Sohn des Geschichtsschreibers Johann Cuspinian, Niklas Spisshammer, vererbt wurde. Niklas kann heute noch im Stephansdom betrachtet werden: Das Grabmal seines Vaters liegt links neben dem Eingang zur Tirnakapelle, im norwestlichen Bereich des Kirchenschiffes, auf dem Grabstein ist Cuspinian mit seinen vier Söhnen und vier Töchtern abgebildet. Die Aufschrift besagt: ''Das ist der Spieshaymer Begräbnis''. | Zwischen 1376 und 1381 wird an dieser Stelle schon mehrfach ein Haus erwähnt, das 1527 an den Sohn des Geschichtsschreibers Johann Cuspinian, Niklas Spisshammer, vererbt wurde. Niklas kann heute noch im Stephansdom betrachtet werden: Das Grabmal seines Vaters liegt links neben dem Eingang zur Tirnakapelle, im norwestlichen Bereich des Kirchenschiffes, auf dem Grabstein ist Cuspinian mit seinen vier Söhnen und vier Töchtern abgebildet. Die Aufschrift besagt: ''Das ist der Spieshaymer Begräbnis''. | ||
Dieses alte Haus war noch von zwei anderen Häusern begrenzt, die im 19. Jahrhundert der Verkehrsplanung und der Vergrößerung des Platzes zum Opfer fielen. Gemeinsam bildeten die drei Bauten eine Gasse, die als „Raubergäßchenl“, später als „Kirchgassel“ (1518) bekannt war. | Dieses alte Haus war noch von zwei anderen Häusern begrenzt, die im 19. Jahrhundert der Verkehrsplanung und der Vergrößerung des Platzes zum Opfer fielen. Gemeinsam bildeten die drei Bauten eine Gasse, die als „Raubergäßchenl“, später als „Kirchgassel“ (1518) bekannt war.<ref> Eugen Meßner, Die Innere Stadt Wien, ÖBV, 1928, S. 25</ref> | ||
== Das goldene Männlein und Lažanský == | == Das goldene Männlein und Lažanský == | ||
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=== Der Einsturz 1881 === | === Der Einsturz 1881 === | ||
Im Illustrierten Wiener Extrablatt wird in der Ausgabe vom 14. August 1881 der Einsturz des Lazanskyhauses und dessen Folgen genau geschildert. | Im Illustrierten Wiener Extrablatt wird in der Ausgabe vom 14. August 1881 der Einsturz des Lazanskyhauses und dessen Folgen genau geschildert. Reißerisch wird da berichtet, dass die Uhr des Zahnarztes, der im 3. Stock seine Praxis hatte, um 5 Minuten vor halb 12 stehen blieb, just als das Haus in sich zusammenbrach. Nur das Dach schwebte noch gespenstisch über der Einsturzstelle. Schuld an dem Unglück war die Verbreiterung der Singerstraße und der Abbruch des Hauses, das dafür im Weg gestanden war. Da sich die beiden Häuser nicht mehr gegenseitig stützen konnten, entstanden immer mehr Risse, bis die Statik nachgab. | ||
Unter den Trümmern wurde ein Mädchen begraben, das wie durch ein Wunder unverletzt blieb. Es handelte sich um die 20-jährige Anna Steiger, eine Angestellte einer Tee- und Rum-Handlung, die für ihre Chefin Medikamente aus der Feldapotheke besorgen sollte. Sie verweigerte, in ein Krankenhaus gebracht zu werden, deswegen brachte man sie heim in ihre Wohnung in der Magdalenenstraße 20. | |||
Das zweite Opfer hatte nicht so viel Glück, es starb bei dem Einsturz. Dabei handelte es sich um einen - in der damaligen Zeit sehr bekannten - er war als Modell in verschiedenen Kunstakademien beschäftigt. Der damals 60-Jährige, so wurde zynisch im Extrablatt geschrieben - sei sehr eitel gewesen und habe sich gerne 15 Jahre jünger gemacht. Man fand neben seiner verstümmelten Leiche seine Perücke, vom Journalisten als "abgetrennten Skalp" beschrieben.<ref> Andreas Kloner, Spektakuläre Unglücksfälle aus dem Alten Wien, Metroverlag, 2015, S. 17 | |||
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=== Neubau 1893 === | === Neubau 1893 === | ||
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Als das Barockhaus 1893 abgerissen wurde, entstand eine heftige Debatte darüber, ob die Front des Neubaus zurückversetzt werden sollte oder nicht, um den Blick zum Stephansplatz nicht zu behindern. Andere waren der Meinung, dass zu viel Freiraum um einen gotischen Dom herum dessen Geltung vermindere, also räumliche Enge erfordern würde. Dem Besitzer (dem Bürgerspitalsfonds) wurde für die verminderte Baufläche (sie wurde von 482 qm auf 212 gekürzt) eine Abschlagszahlung in der Höhe von 270.000 € geleistet. Daran erinnert eine Gedenktafel. | Als das Barockhaus 1893 abgerissen wurde, entstand eine heftige Debatte darüber, ob die Front des Neubaus zurückversetzt werden sollte oder nicht, um den Blick zum Stephansplatz nicht zu behindern. Andere waren der Meinung, dass zu viel Freiraum um einen gotischen Dom herum dessen Geltung vermindere, also räumliche Enge erfordern würde. Dem Besitzer (dem Bürgerspitalsfonds) wurde für die verminderte Baufläche (sie wurde von 482 qm auf 212 gekürzt) eine Abschlagszahlung in der Höhe von 270.000 € geleistet. Daran erinnert eine Gedenktafel. | ||
Die vier Figuren auf dem Dach des Hauses, die beim Abriss noch gesichert wurden, wurden am Eingang zum Esterhazypark im 4. Bezirk aufgestellt. | Die vier Figuren auf dem Dach des Hauses, die beim Abriss noch gesichert wurden, wurden am Eingang zum Esterhazypark im 4. Bezirk aufgestellt. <ref> Eugen Meßner, Die Innere Stadt Wien, ÖBV, 1928, S. 25</ref> | ||
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== Quellen == |
Version vom 2. November 2015, 19:28 Uhr
Grund-Information | |
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Stock-Im-Eisen-Platz 1 | |
Aliasadressen | =Stock-Im-Eisen-Platz 1, =Stephansplatz 2 |
Ehem. Konskriptionsnummer | 875 |
Baujahr | 1896 |
Architekt | Leonhard und Alexander von Wielemans |
Das Weltkugelhaus - Architektur und Geschichte
Das „Weltkugelhaus“ wurde 1896 von den Architekten Leonhard und Alexander von Wielemans erbaut. Den Namen erhielt es, weil das Reisebüro Thomas Cook das Symbol eines Globus anbringen ließ. Ab 1922 war es in Besitz der Nähmaschinenfabrik Singer, die den Globus entfernen ließ und den Schriftzug „Zur Weltkugel“ durch die Inschrift „Singer-Haus“ ersetzen ließ.
Als das Haus 1927 renoviert wurde, ließ die Firma Singer doch wieder einen Globus aus Spezialglas mit einem Durchmesser von 2.5 Metern anbringen, diesmal mit einer Banderole „Singer Wien“.
Das Haus brannte im April 1945 aus, es wurde jedoch bis 1953 wieder in seinen Ursprungszustand versetzt. Heute gehört das Haus der Bank Austria (ehem. Zentralsparkasse).
Baldaufsches Haus, auch: Lažanský-Haus
Zwischen 1376 und 1381 wird an dieser Stelle schon mehrfach ein Haus erwähnt, das 1527 an den Sohn des Geschichtsschreibers Johann Cuspinian, Niklas Spisshammer, vererbt wurde. Niklas kann heute noch im Stephansdom betrachtet werden: Das Grabmal seines Vaters liegt links neben dem Eingang zur Tirnakapelle, im norwestlichen Bereich des Kirchenschiffes, auf dem Grabstein ist Cuspinian mit seinen vier Söhnen und vier Töchtern abgebildet. Die Aufschrift besagt: Das ist der Spieshaymer Begräbnis.
Dieses alte Haus war noch von zwei anderen Häusern begrenzt, die im 19. Jahrhundert der Verkehrsplanung und der Vergrößerung des Platzes zum Opfer fielen. Gemeinsam bildeten die drei Bauten eine Gasse, die als „Raubergäßchenl“, später als „Kirchgassel“ (1518) bekannt war.[1]
Das goldene Männlein und Lažanský
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde aus dem Haus ein Eckhaus: die beiden danabenstehenden Häuser wurden abgerissen. Es hatte das Hausschild: „Zum Goldenen Männlein“ und war ein schönes Barockhaus, das ursprünglich in geistlichem Besitz war, und 1765 von einem Apotheker namens Franz Anton Edler von Mafficioli gekauft wurde. Er richtete hier seine sehr beliebte Apotheke „Zum Goldenen Männlein“ ein. 1780 übersiedelte die Apotheke in das gegenüberliegende Haus „Zum goldenen Löwen" (damals 1, Stephansplatz 11), wo sie aber bald gesperrt werden musste.
1797 wurde das Haus von Mafficoli an Melchior Edler von Baldauf verkauft, daher ergab sich der neue Name „Baldaufsches Haus“. 1834 wechselte es wieder den Besitzer (Vinzenz Mack), 1838 kam es an Macks Bruder Ignaz Mack, den Zuckerfabrikanten. Macks Tochter Rosine heiratete den Grafen Lažanský, und hinterließ das Haus ihrem Sohn aus erster Ehe, Leopold Graf Lažanský. Das Haus wurde nun nach ihm benannt, Leopold Graf Lažanský war ein in Wien recht bekannter Schauspieler (Pseudonym Neuhof), der als Exzentriker bekannt war
Der Stephanskeller
Das Lazanskyhaus beherbergte auch ein bekanntes und beliebtes Kellerlokal, den Stephanskeller. Als das Haus 1893 abgerissen wurde, entstand in der Rotenturmstraße 11 ein neuer Stephanskeller, hier wurde allerdings nur der Namen übernommen.
Der Einsturz 1881
Im Illustrierten Wiener Extrablatt wird in der Ausgabe vom 14. August 1881 der Einsturz des Lazanskyhauses und dessen Folgen genau geschildert. Reißerisch wird da berichtet, dass die Uhr des Zahnarztes, der im 3. Stock seine Praxis hatte, um 5 Minuten vor halb 12 stehen blieb, just als das Haus in sich zusammenbrach. Nur das Dach schwebte noch gespenstisch über der Einsturzstelle. Schuld an dem Unglück war die Verbreiterung der Singerstraße und der Abbruch des Hauses, das dafür im Weg gestanden war. Da sich die beiden Häuser nicht mehr gegenseitig stützen konnten, entstanden immer mehr Risse, bis die Statik nachgab.
Unter den Trümmern wurde ein Mädchen begraben, das wie durch ein Wunder unverletzt blieb. Es handelte sich um die 20-jährige Anna Steiger, eine Angestellte einer Tee- und Rum-Handlung, die für ihre Chefin Medikamente aus der Feldapotheke besorgen sollte. Sie verweigerte, in ein Krankenhaus gebracht zu werden, deswegen brachte man sie heim in ihre Wohnung in der Magdalenenstraße 20.
Das zweite Opfer hatte nicht so viel Glück, es starb bei dem Einsturz. Dabei handelte es sich um einen - in der damaligen Zeit sehr bekannten - er war als Modell in verschiedenen Kunstakademien beschäftigt. Der damals 60-Jährige, so wurde zynisch im Extrablatt geschrieben - sei sehr eitel gewesen und habe sich gerne 15 Jahre jünger gemacht. Man fand neben seiner verstümmelten Leiche seine Perücke, vom Journalisten als "abgetrennten Skalp" beschrieben.[2]
Neubau 1893
Als das Barockhaus 1893 abgerissen wurde, entstand eine heftige Debatte darüber, ob die Front des Neubaus zurückversetzt werden sollte oder nicht, um den Blick zum Stephansplatz nicht zu behindern. Andere waren der Meinung, dass zu viel Freiraum um einen gotischen Dom herum dessen Geltung vermindere, also räumliche Enge erfordern würde. Dem Besitzer (dem Bürgerspitalsfonds) wurde für die verminderte Baufläche (sie wurde von 482 qm auf 212 gekürzt) eine Abschlagszahlung in der Höhe von 270.000 € geleistet. Daran erinnert eine Gedenktafel.
Die vier Figuren auf dem Dach des Hauses, die beim Abriss noch gesichert wurden, wurden am Eingang zum Esterhazypark im 4. Bezirk aufgestellt. [3]
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