Methoden der Bestrafungen und Urteilsfolgen
Kriminelle Handlungen gibt es, seit es die Menschheit gibt. Demzufolge gab es auch immer Bestrafungen.
Wien war in seiner Art der Bestrafung äußerst einfallsreich.Stadtrecht des 13. Jahrhunderts
Schon im Jahr 1221 erließ Leopold VI. Strafen:
Wird einer durch sieben ehrbare und glaubwürdige Männer überführt, ein falsches Zeugnis abgelegt zu haben, so soll ihm die Zunge abgeschnitten werden oder er löse sich diese mit zehn Talenten und ersetze dem durch seine falsche Aussage Geschädigten den Schaden.
Wer innerhalb der Stadtmauern ein langes Messer, das "Stechmesser" (Dolch) heißt, am Gürtel hängen hat, soll dem Richter ein Talent und dieses Messer geben. Wer es aber im Stiefel oder anderswo an sich verbrgen und heimlich trägt, der soll dem Richter zehn Talente oder die Hand verlieren [1]
Methoden der Bestrafungen, Urteilsfolgen
Hier werden einige der Methoden - von der Ächtung bis zur Hinrichtung - aufgezählt und in der Folge auch näher beschrieben.
- Das Bäckerschupfen
- Ehrenstrafen (Schandmaske, Lästerstein, Pranger oder Halsgeige)
- Kirchenstrafen (Bann, Exkommunikation)
- Die Acht (auch Ächtung)
- Das Bachsteintragen
- Das Augenauzprechen (Blenden)
- Freiheitsstrafe oder Exil
- Vierteilung
- Rädern
- Köpfen (mit dem Schwert oder dem Fallbeil)
- Hängen (Galgen oder Baum)
- Das lebendige Feuer (Verbrennen)
- Das Tränken
- Die Beisskatze
Das Bäckerschupfen
Die älteste Erwähnung dieser Ehrenstrafe findet sich im 13. Jahrhundert (1234). Die Babenberger führten die Strafe in Wien für Vergehen von Bäckermeistern gegen die Qualität oder das falsche Gewicht von Backwaren ein.
1340 wurde die Strafe verschärft (durch Albrecht II.), die Bloßstellung fand damals am Mehlmarkt (heute: Hoher Markt) statt. Man steckte den Bäcker in einen Holzkäfig, der an einem Balken befestigt war. Mehrmals wurde dann der Balken in die Höhe gekurbelt und wieder ausgelassen, sodass der Käfig - unter kräftigem Spott und Gelächter der Schaulustigen - in eine Pfütze oder einen Fluss getaucht wurde. Später wurde der Käfig beim Roten Turm und dem Fischertor in die Donau getaucht, 1550 ertrank dabei ein Straffälliger ("der redlich man erthrunken").
Das letzte Mal wurde das Bäckerschupfen 1773 (in der Rossau, bei Haus 22) ausgeübt.[3]
Die Acht
Die Bestrafung der Acht kam eigentlich aus Deutschland, wurde aber bald auch in Wien angewendet.
Es wurde hier unter mehreren Arten unterschieden:
Die Einfache Acht erfolgte, wenn man drei Mal bei Gericht geladen war und nicht erschien. Der Geächtete war damit schutzlos und wurde im Fall der Betretung seines Gerichtsbezirkes verhaftet. Der so Bestrafte hatte ein Jahr Zeit, seine Schuldlosigkeit zu beweisen, sollte ihm das nicht gelingen, wurde er mit einer zweiten Ächtung belegt.
Diese "Oberacht" bewirkte eine vollkommene Schutz- und Rechtslosigkeit, man war "Vogelfreier". Sämtliches Hab und Gut verfiel, eine Ehe war automatisch aufgelöst und man konnte von Jedem ungestraft umgebracht werden. Sollte man einem Vogelfreien Unterkunft gewähren, so verfiel Derjenige selbst in die Acht.
Das geschah zum Beispiel im Jahr 1566, als der Herzog Friedrich von Sachsen dem geächteten Wilhelm von Krumbach den Aufenthalt in seinen Ländereien gewährte. [4]
Aus dem Jahr 1507 ist ein Text eines unbekannten Verfassers erhalten, der die Acht so beschreibet:
"Als du mit Urteilen und Recht zu der Mordacht erteilt (verurteilt) worden bist, als nimm ich dein leib und gut aus dem Fride, und tu sie in den Unfried, und künde dich ehrlos und rechtlos, und künde dich den Vögeln frei in den Lüften und den Tieren in den Wald und den Fischen in den Wasser, und sollt auf keiner Straßen noch in keiner Mund, that die Kaiser oder König gefreihet haben, nindert Frieden noch Geleit haben, und künde alle deine Lehen, die du hast, ihren Herren ledig und los und von allen Rechten in alle Unrecht und ist auch allermeniglich erlaubt über dich, dass niemand an dir Freveln kann noch soll, der dich angreift."
Das Bachsteintragen
Im 15. Jahrhundert war (nur) für Frauen eine ganz besondere Strafe üblich, das "Bachsteintragen" (auch: Bockhstaintragen, Bezeichnung vom "Aufpacken einer Bürde"). In anderen deutschen Städten verwendete man dafür Schandsteine, Lastersteine oder Klappersteine - in Wien musste die Sünderin die schwere Last aus Bachsteinen in Begleitung eines Schergen durch die Straßen Wiens bis zum Burgfried schleppen. Der Scherge (=Henker) sammelte am Weg für sie Almosen ein, die die spottenden Vorübergehenden spendeten. Die Strafe wurde angewendet, wenn sich Frauen balgten oder auf der Straße schamlos beschimpften ("verkörnten"). Diese Art der Bestrafung dürfte bis ins 16. Jahrhundert angewendet worden sein und wurde danach durch das Narrenkotter am Hohen Markt ersetzt. [5]
Das Augenauzprechen (Blenden)
In den frühesten Jahrhunderten wurde das Blenden als Strafe gewählt, wenn ein Verbrechen gegen die Gesellschaft verübt wurde, beispielsweise Staatsverrat oder Münzfälschung. Im Wien des Mittelalters handelte es sich auch eine Strafe, allerdings im Sinne einer Vergeltung. Die Klosterneuburger Chronik beschreibt, dass im Jahr 1308 Friedrich der Schöne befohlen hatte, einem aufrührerischen Wiener die Augen auszustechen. Im 15. Jahrhundert scheint erstmals als Grund wieder die Münzfälscherei auf. [6]
Das lebendige Feuer (Verbrennen)
Die schmerzhafteste aller Todesarten war das "lebendige Feuer" - mit unzähligen Varianten, wie die Verbrennung tatsächlich vollzogen wurde. Die Strafe wurde bei Gottlosigkeit, Diebstahl und Brandlegung verhängt. War das Verbrechen weniger schlimm, erfolgte eine rasche Verbrennung, deutlich länger wurden die Qualen hinausgezögert, wenn es sich um schwerere Verbrechen handelte. Eine Beschleunigung wurde durch den Einsatz von Schwefeldampf oder durch am Körper befestigtes Schießpulver erreicht. Bei Schwerverbrechern, wie einem Mann, der 1478 das Bürgerspital vor dem Kärntnertor geplündert und in Brand gesetzt hatte, verzichtete man auf Schwefel und Schießpulver - auch wurde langsam verbrennendes Holz anstelle von Stroh als Zunder verwendet.
1726 ging man dazu über, den Verurteilten vor der Verbrennung zu erdrosseln, 1768 schließlich schaffte Maria Theresia den Feuertod ab. [7]
Das Tränken
Vorerst war die Strafe Frauen vorbehalten, auslösend war die Geistlichkeit, die uneheliche Geburten als größte Schmach darstellte und Frauen dazu trieb Kindesmord zu begehen. Man bezweckte mit dieser "milden" Form der Todesstrafe, dass zarte Frauen kein Blut vergießen sollten. Im 15. Jahrhundert scheint diese Art der Bestrafung auch für Männer auf, vor allem als Folge von Unzucht, Kindermord oder schwerem Diebstahl. Für das Ertränken gab es mehrere Methoden, das Versenken in der Donau, der Sträfling war dabei in einen Jutesack eingebunden, oder auch der Stoß von einer Brücke mit einem Stein um den Hals. Der Ort der Vollstreckung war meist am Tabor. Wenn eine Tat als besonders schlimm eingestuft wurde, konnte eine Verschärfung beschlossen werden: Man packte in den Sack Schlangen oder Dornengestrüpp.
Aus dem Jahr 1578 gibt es Aufzeichnungen darüber, dass eine Fleischhauerin namens Brigitta Auer wegen Ehebruchs mit ihrem Knecht (und weil dieser den Ehemann von Brigitta erschlagen habe) in einem Sack im Wasser ertränkt wurde. Auch 1588 wird eine Ertränkung erwähnt, hier handelte es sich um eine zweifache Kindesmörderin.
1603 schließlich wird diese Bestrafung letztmalig erwähnt, zwei Frauen waren der Zauberei beschuldigt worden. Beide wurden ins Amtshaus in der Himmelpfortgasse gebracht und schließlich, nach erfolterten Geständnissen, in Fässer versenkt. Fortan wurde als Strafe das Köpfen mit dem Schwert auch für Frauen angewendet. [8]
Die Beisskatze
Die Beisskatze war ein schmiedeeiserner Zaum, der zanksüchtigen Frauen angelegt wurde. Mit dem Zaumzeug, das eine Feder trug, die bis in die Mundhöhle reichte, konnte man die "Keifzangen" einige Zeit zum Schweigen bringen, und dem spöttischen Volk vorführen. Diese Aufgabe übernahm ein Scherge (im Volksmund: Der Katzenbeisser), der eine Glocke läutete, um Publikum anzulocken.[9] Diese Strafe soll bis ins 17. Jahrhundert ausgeübt worden sein. [10]
Bermann erzählt davon, dass es hier noch weitere unterschiedliche Varianten gegeben hatte: In einigen Fällen wurden die streitenden Frauen mit den Köpfen nebeneinander in ein Brett gespannt, in anderen sperrte man sie in jeweils einen Kasten, aus dem nur der Kopf ragte. Diese Kästen wurden mit den Streitenden einander gegenüber gestellt, bis die Beiden des Zanks müde waren.
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Quellen
- ↑ Peter Eisler, Manfred Skopec u.a: Stadtchronik Wien, Verlag Christian Brandstätter, 1986, Wien, S. 75
- ↑ Eugen Messner: Die Innere Stadt Wien: Österr. Bundesverlag, 1928, Leipzig S. 224
- ↑ Eugen Messner: Die Innere Stadt Wien: Österr. Bundesverlag, 1928, Leipzig S. 226
- ↑ Realis: Curiositaten und Memorabilien-Lexicon von Wien, Anton Köhler Verlag, Wien, 1846. S. 8f
- ↑ J.E. Schlager: Wiener-Skizzen aus dem Mittelalter, Neue Folge, Zweiter Band, 1842. S. 8-10
- ↑ J.E. Schlager: Wiener-Skizzen aus dem Mittelalter, Neue Folge, Zweiter Band, 1842. S. 11-13
- ↑ J.E. Schlager: Wiener-Skizzen aus dem Mittelalter, Neue Folge, Zweiter Band, 1842. S. 20-27
- ↑ J.E. Schlager: Wiener-Skizzen aus dem Mittelalter, Neue Folge, Zweiter Band, 1842. S. 14-19
- ↑ Richard Groner: Wien wie es war. Ein Nachschlagewerk für Freunde des alten und neuen Wien, Fritz Molden-Verlag, 1965, Wien, S. 59
- ↑ Moritz Bermann, Alt- und Neu-Wien. Geschichte der Kaiserstadt und ihrer Umgebungen, 1880, S. 180