Kategorie:Heilige

Heilige prägen Wien auf vielen Ebenen: als Patroninnen und Patrone von Stadt und Land, als Namensgeber von Kirchen und Bezirken, in Gestalt von Statuen an Brücken und Hausfassaden, in Prozessionen und Gebeten. Manche Heilige sind eng mit der Geschichte der Habsburger verbunden, andere mit Seuchen, Bränden oder Überschwemmungen; wieder andere stehen für die soziale und geistliche Erneuerung der Stadt.

Die folgende Übersicht stellt jene Heiligen vor, die für Wien eine besondere Bedeutung haben – sei es als offizielle Stadt- oder Landespatrone, als weithin sichtbare Figuren im Stadtbild oder als Fixpunkte der Volksfrömmigkeit.

Stadt- und Landespatrone

Maria – Schutzfrau Österreichs

Die Jungfrau Maria wird in Österreich seit der Barockzeit ausdrücklich als Schutzfrau des Landes verehrt. Ein Gelöbnis Kaiser Ferdinands III. im 17. Jahrhundert stellte die habsburgischen Erblande unter den besonderen Schutz Marias; in Gebeten und Liedern wird sie bis heute als Schutzfrau Österreichs angerufen.^[1][2]

In Wien zeigt sich die Marienverehrung in zahlreichen Kirchen und Gnadenbildern: von der alten Schifferkirche Maria am Gestade mit ihren Marienikonen bis zu den Mariahilf-Kopien in der Innenstadt und den Außenbezirken.^[3][4] Marienfeste und Marienfeiern – etwa die Feier Schutzfrau Österreichs im Stephansdom am Nationalfeiertag – knüpfen diese Verehrung bis heute mit der Geschichte der Republik zusammen.^[5]

Der heilige Leopold – Landespatron von Wien

Leopold III., Markgraf aus dem Haus der Babenberger (1073–1136), gilt als großer Landesfürst und Stifter des Klosters Klosterneuburg an der Donau. 1485 wurde er heiliggesprochen; 1663 erhob Kaiser Leopold I. seinen Namenspatron offiziell zum Landespatron Österreichs. Seither ist der heilige Leopold Nationalpatron Österreichs und im Besonderen Landespatron von Wien und Niederösterreich (in Oberösterreich teilt er diese Rolle mit dem heiligen Florian).^[6][7][8]

Sein Gedenktag, der 15. November, wird in Wien und Niederösterreich mit dem Hochfest Leopoldi begangen; im Stift Klosterneuburg lockt der Leopoldimarkt mit Bräuchen wie dem Fasslrutschen viele Besucherinnen und Besucher aus Wien an.^[9] In Wien erinnern unter anderem der Leopoldsberg, Leopoldsprozessionen und Leopoldskirchen an den Landespatron.

Der heilige Klemens Maria Hofbauer – Stadtpatron von Wien

Klemens Maria Hofbauer (1751–1820), gebürtig Johannes Dvořák aus Taßwitz in Südmähren, war Bäckerlehrling, später Priester der Redemptoristen und wirkte ab 1808 als Seelsorger und Prediger in Wien. In der Ursulinenkirche und später in Maria am Gestade sprach er viele Menschen an und wurde bald als Apostel von Wien bekannt.^[10][11]

Nach seiner Heiligsprechung 1909 wurde Klemens Maria Hofbauer 1914 zum Stadtpatron von Wien erhoben.^[12][13] Sein Grab mit Reliquien befindet sich heute in Maria am Gestade; sein Gedenktag, der 15. März, wird in Wien als Fest gefeiert.^[14] Im Stadtbild begegnet man ihm in Straßennamen, Denkmälern und in zahlreichen Darstellungen in Kirchen.

Der heilige Stephanus – Patron des Domes und der Erzdiözese

Stephanus, der erste christliche Märtyrer, ist Namensgeber des Stephansdoms und Patron der Erzdiözese Wien. Der Dom am Stephansplatz wird in Österreich oft als nationales Heiligtum gesehen und prägt wie kaum ein anderes Bauwerk das Bild der Stadt.^[15]

Trotz dieser besonderen Rolle ist Stephanus nicht Stadtpatron von Wien, sondern der Patron des Domes und des Bistums; im populären Bewusstsein wird er jedoch häufig als „eigentlich zuständiger“ Heiliger für die Stadt wahrgenommen.^[16][17]

Heilige im Wiener Stadtbild

Marienverehrung in Wien

Neben Maria am Gestade als wohl ältester Marienkirche der Stadt tragen zahlreiche Kirchen und Kapellen Marientitel: von Mariahilf über Maria Treu, Maria Dreieichen in der Umgebung bis zu modernen Marienkirchen in den Außenbezirken.^[18]

Marienbilder wie das Mariahilf-Gnadenbild nach Lucas Cranach wurden vielfach kopiert und fanden in Wiener Kirchen und Hauskapellen Verbreitung.^[19] Viele Prozessionen, Wallfahrten und Gelöbnisse der Stadtgeschichte sind mit der Bitte um Marias Schutz verbunden – besonders in Kriegs- und Krisenzeiten.

Der Brückenheilige Johannes Nepomuk

Johannes Nepomuk, der im 14. Jahrhundert in Prag lebte und 1729 heiliggesprochen wurde, gilt als Brückenheiliger und Beschützer gegen Wassergefahren. In Wien entstanden im 17. und 18. Jahrhundert eine große Zahl von Nepomuk-Statuen, vor allem an Brücken über Wienfluss, Donaukanal, Alserbach und andere Gewässer.^[20][21]

Die Figuren zeigen den Heiligen typischerweise als Priester mit Birett, Kreuz und Palmzweig, oft mit einem Sternenkranz. Ein Beispiel ist die Nepomuk-Statue, die heute im Hof des Campus der Universität Wien steht und wohl einst an einer Brücke über den Alserbach aufgestellt war.^[22][23] Damit ist Johannes Nepomuk einer der am häufigsten dargestellten Heiligen in Wien.

Pestheilige: Karl Borromäus, Rochus, Sebastian, Rosalia

Wiederkehrende Pestepidemien prägten Wien bis ins 18. Jahrhundert – und mit ihnen eine eigene Gruppe von Pestheiligen. Besonders bedeutend ist der heilige Karl Borromäus, Kardinal von Mailand, der sich in seiner Heimatstadt um Pestkranke kümmerte und in der katholischen Kirche als Pestpatron verehrt wird. Nach der Pest von 1713 gelobte Kaiser Karl VI. im Stephansdom, zu Ehren seines Namenspatrons eine Kirche bauen zu lassen; daraus entstand die Karlskirche am Karlsplatz, eines der großen barocken Wahrzeichen der Stadt.^[24][25]

Daneben treten die Pestheiligen Rochus und Sebastian auf, die in Wien Kirchen und Kapellen geweiht sind, etwa die Rochuskapelle in Penzing (Penzinger Straße 70) oder die Rochuskirche auf der Landstraße.^[26][27] Auf dem Hochaltarbild der Rochuskirche erscheinen neben Maria mehrere Pestheilige – unter ihnen Rochus, Sebastian, Rosalia und Ulrich –, die für Wien um Schutz bitten.^[28]

Solche Darstellungen verbinden städtische Katastrophenerfahrungen mit konkreten Orten, an denen bis heute Votivbilder und Kerzen an Sorgen und Dank erinnern.

Florian und andere Schutzheilige gegen Feuer und Gefahr

Der heilige Florian, Märtyrer aus dem römischen Lauriacum (dem heutigen Enns), ist im österreichischen Raum der wichtigste Schutzpatron gegen Feuer. In Wien finden sich zahlreiche Florianistatuen an Häusern, in Höfen und Kirchen; eine eigene Florianikirche im heutigen 5. Bezirk erinnert an seine Verehrung im Stadtgebiet.^[29][30][31]

Auch andere Schutzheilige werden in Wien gezielt angerufen: der heilige Donatus als Wetterheiliger bei Unwettern, der heilige Christophorus als Patron der Reisenden oder die heilige Barbara und Anna in landwirtschaftlich geprägten Randgebieten und in ehemaligen Vorstädten.^[32][33] Viele dieser Figuren sind an Kapellen, Feldkreuzen oder Hausnischen zu finden und bilden ein dichtes Netz kleiner Andachtsorte.

Weitere Nothelfer in Wien

Die Vierzehn Nothelfer sind eine im Spätmittelalter entstandene Gruppe von Heiligen, die bei bestimmten Krankheiten und Gefahren angerufen werden. In der sogenannten Regensburger Normalreihe zählen unter anderem Ägidius, Blasius, Christophorus, Barbara, Katharina, Georg und Vitus dazu; regional, etwa im Donauraum, treten weitere Gestalten wie der Pestheilige Rochus hinzu.^[34][35]

In Wien ist Ägidius als einer der Nothelfer durch mehrere Kirchenpatrozinien besonders präsent. Die Pfarrkirche Gumpendorf im 6. Bezirk, die Pfarrkirche Oberlaa im 10. Bezirk und die Ägydiuskirche in Pötzleinsdorf (18. Bezirk) sind ihm geweiht und feiern sein Fest am 1. September jeweils mit eigenen Bräuchen und Gottesdiensten.^[36][37][38]

Stark vertreten sind auch Pestnothelfer wie Rochus und Sebastian. Die Rochuskirche auf der Landstraße ist den Heiligen Rochus und Sebastian geweiht; Hochaltar und Fassadenfiguren zeigen sie gemeinsam mit weiteren Pestheiligen wie Rosalia und Ulrich. Sie erinnern an die großen Pestzüge des 17. Jahrhunderts und an das Gelöbnis Kaiser Leopolds I., für die Stadt eine eigene Pestkirche errichten zu lassen.^[39][40]

Der heilige Blasius gehört ebenfalls zu den Vierzehn Nothelfern und wird vor allem bei Halsleiden angerufen. In vielen Wiener Pfarren wird rund um seinen Gedenktag (3. Februar) der Blasiussegen gespendet, bei dem zwei gekreuzte Kerzen vor den Hals gelegt werden. Eigene Blasiusaltäre oder -figuren finden sich in mehreren Kirchen, etwa als Teil von Nothelfer- oder Pestdarstellungen; in manchen barocken Andachtsbildern erscheint Blasius zusammen mit Rochus, Sebastian und anderen Schutzheiligen gegen Seuchen.^[41][42]

Eine besondere Verdichtung der Nothelferverehrung zeigt die Pfarrkirche Lichtental im 9. Bezirk, die den Vierzehn Nothelfern geweiht ist und deren Hochaltar das gesamte Nothelfer-Ensemble in einem Bild versammelt. Auch in der Michaelerkirche in der Inneren Stadt findet sich ein Nothelferaltar mit einem Gemälde der Vierzehn, der die Wiener Tradition dieser Heiligengruppe im Kernbereich der Stadt sichtbar macht.^[43][44]

Heilige und Wiener Volksfrömmigkeit

Die Verehrung von Heiligen in Wien ist nicht nur in großen Domen und Barockkirchen sichtbar, sondern auch in Bräuchen und Alltagspraktiken. Leopoldi am 15. November verbindet den Landespatron mit Jahrmarkt, Fasslrutschen und einem schulfreien Tag in Wien und Niederösterreich.^[45] Der Gedenktag des heiligen Klemens Maria Hofbauer wird in der Stadt mit Festgottesdiensten und dem Segen von Gebäck begangen – eine Erinnerung an seine Herkunft als Bäckergeselle.^[46]

Lieder wie Schutzfrau Österreichs verknüpfen Marienverehrung mit der neueren Geschichte der Republik, etwa mit der Freude über den Staatsvertrag 1955 und den Wunsch nach Frieden.^[47][48]

In der Literatur spiegeln sich Heilige als Figuren zwischen Legende und Großstadt: Gustav Meyrink greift in seinen Erzählungen Goldmacher und Mystiker auf, während moderne Stadtführungen und Sagenbücher Heiligenfiguren an Hausfassaden, Kapellen und Brücken zum Anlass nehmen, um von früheren Ängsten, Hoffnungen und Wunderglauben zu erzählen.^[49][50]

Weiterführende Infos

Übersichten zu Heiligen in Österreich und Wien, inklusive Gedenktage und Patronate, bieten das Heiligenlexikon, die Seiten der Erzdiözese Wien und das Wien Geschichte Wiki.^[51][52][53]

Quellen