Bürgerspital

Aus City ABC

Das erste Bürgerspital, auch: Heiligen Geist-Spital

Das erste Bürgerspital vor dem Kärntnertor hatte den Versorgungsauftrag für Alle – für Findelkinder, Arme, Kranke, Wöchnerinnen und Pilger - und wurde (im Gegensatz zum Heiligengeistspital am Karlsplatz, das von der Kirche aus entstand) von den Bürgern selbst gegründet. Als Hauptbegründer wird Otto vom Hohen Markt angesehen, der ein angesehener Richter im mittelalterlichen Wien war, es wird aber auch ein Arzt namens Meister Gerhard (1208) genannt. Geweiht wurde das Spital zu Ehren der Jungfer Maria und aller Heiligen.

Nachdem das Bürgerspital anfangs von der Kirche betreut wurde, die versuchte, die finanziellen Engpässe zu beheben, indem Ablässe erteilt wurden, übernahm die Stadt Wien 1285 das Spital, und ernannte zur Leitung einen „Spitalmeister“. Dieser wurde aus dem Kreis der ratsfähigen Bürger gewählt, ihm unterstand ein Schreiber (für die Buchhaltung), ein Schaffer (für die Wirtschaftsführung), Pflegepersonal und ein Hauskaplan.

Das Spital hatte auch soziale Aufgaben, wie die Einrichtung einer Apotheke (die Heiligen Geist-Apotheke, die später in die Operngasse 16 übersiedelte), die allen zugänglich war. Gesunde Wiener trafen sich hier gerne im Badehaus – und in der Wein- und Bierstube, die hier ebenfalls betrieben wurde. Auch eigene Mühlen gehörten zu dem Betrieb.

Mit den Einnahmen konnte das Spital gut wirtschaften, und erzielte damit neben den eingehenden Spenden einen Gewinn. 1432 erhielt es sogar das Bierbrauermonopol, indem das älteste Brauhaus dem Spital gestiftet wurde.

Um das Spital abzusichern, wurde am Beginn des 14. Jahrhunderts eine Urkunde gefälscht, die das Datum 1268 angab. Auch das dazugehörige Dienstbuch wurde angelegt.

Im Spital konnten bis zu 200 Kranke behandelt werden, und da Jeder behandelt wurde, war es die erste zentrale Versorgungseinrichtung der Stadt. Allerdings standen – je nach finanziellen Möglichkeiten der Patienten – auch Varianten zur Verfügung, den Aufenthalt angenehmer zu gestalten: Reiche Bürger mussten nicht in den großen Sälen liegen, sie konnten sich private Apartments mieten, die sogar mit einem Koch für bessere Verpflegung ausgestattet wurden – der Vorläufer des heutigen Sonderklassemodells war geboren. Gegen weitere zusätzliche Kosten wurden auch spezielle Ärzte und Hebammen, sowie persönliche „Abtritt-Entlehrer“ bereitgestellt.

Das Spital wurde 1529 wegen der ersten Türkenbelagerung abgerissen, es lag strategisch ungut, das neue größere Bürgerspital eröffnete am Albertinaplatz.

Das zweite Bürgerspital

Das Bürgerspital am Albertinaplatz[1]

Das riesige Bürgerspital war, bis zur Eröffnung des AKH im Jahr 1874, die größte Wohlfahrtseinrichtung Wiens: Es konnten 3000 Patienten betreut werden. Die Art der Betreuung passte sich dem Bedarf an, zum Beispiel wurde das Haus im 17. Jahrhundert mehrfach ein Pestlazarett.

Schon Mitte des 16. Jahrhunderts fand hier die praktische Ausbildung von Medizinstudenten statt, es gab hier auch eine Abteilung für Wöchnerinnen. Ab 1624 wurden die bisher in St. Niklas untergebrachten Waisenkinder hier übernommen. Der Spitalsmeister, der nun direkt vom Bürgermeister bestellt wurde, war auch gleichzeitig der Leiter der Armenpolizei und kontrollierte das Bettlerwesen.

Auf allerhöchste Anordnung hin mussten 1753 Räume und Behandlungsmöglichkeiten für fremde „Medicos“ und „Chyrorgos“ frei gemacht werden – um ein Novum einzuführen: Die Studenten der Alten Universität wurden nun nicht mehr von der Lehrkanzel aus unterrichtet, sondern direkt am Bett. Den Auftrag dafür erhielt der holländische Mediziner Anton de Haen (ein Schüler von Hermann Boerhave), damit machte er das Bürgerspital zum ersten Lehrspital in Wien.

De Haen führte die Temperatur- und Pulsmessung ein und bewies erstmals, dass das Kältegefühl bei Schüttelfrost eigentlich durch Fieber entsteht.

Das Spital wurde nach Eröffnung des AKH 1784 aufgelassen, ein Teil übersiedelte nach St. Marx. Gleichzeitig wurde die St. Clara-Kirche abgerissen. Bis 1873 wurde das Haus noch als Zinshaus des Bürgerspitalfonds genutzt.

Die Legende des durch die Lüfte fliegenden Bäckerjungens

Im Innenhof des Bürgerspitals war am 30.1.1624 eine Marmortafel angebracht, die eine Geschichte erzählte, die sich hier zugetragen haben soll.

Die Legende des durch die Lüfte fliegenden Bäckerjungens Relevante Orte: Albertinaplatz, Bürgerspital
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Bei dem Fronleichnamsfest des Jahres 1570 nahm auch ein Bäckerjunge aus Würtemberg, ein Conrad Haußler, teil, er stand in Diensten des Bäckers Caspar Kröns. Der Bursche, dem ein liderliches Leben nachgesagt wurde,soll über das Hochheilige Sakrament gelästert haben, worauf zum Ende der Prozession ein Teufel geflogen kam und ihn hoch in die Luft hob.

Er wurde vom Satan in der Luft herumgeflogen und schließlich über einem Nussbaum ausgelassen. Der Bursche stürzte tief hinunter und wurde halb tot und sprachlos aufgefunden, aus seinen Augen sprach der Wahnsinn, sein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Nach drei Tagen besserte sich sein Zustand allmählich, er beweinte sein vorheriges - von Alkohol und Dirnen dominiertes - Leben und begann ein braves Leben bei seinem alten Meister.

An der Stelle, wo der Gotteslästerer in den Nussbaum geschleudert wurde, wurde der Gedenkstein errichtet. [2], [3]

Bild: Der ärgerliche Lästerer des Hochheiligsten Sacraments vom Teuffel in die Lüfft geführt [4]


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Quellen

  1. Wien seit 60 Jahren, ein Album für die Jugend, Gerlach&Wiedling, Wien, 1908
  2. Mathias Fuhrmann, Walter Obermaier: Alt- und Neues Wien, Band 2, Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft, 1739, Wien. S. 807
  3. Gerhard Robert Walther von Coeckelberghe-Dützele: Curiösitäten- und memorabilien-lexicon von Wien, Wien, 1846. S. 217
  4. Mathias Fuhrmann, Walter Obermaier: Alt- und Neues Wien, Band 2, Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft, 1739, Wien. S. 806