1938 - 1945: Zweiter Weltkrieg in Wien

Aus City ABC

Geschichte Wiens
1938-1945: Wien im Zweiten Weltkrieg
Wien war im Zweiten Weltkrieg zugleich politische Schaltzentrale, wichtiger Rüstungsstandort und Schauplatz massiver Verfolgung. Die Stadt erlebte den Nationalsozialismus von der Machtübernahme 1938 bis zum Kriegsende 1945 mit all seinen Folgen: Entrechtung, Deportationen, Luftkrieg und schließlich die umkämpfte Befreiung im April 1945.

Politische Lage

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde Wien als Gau Wien in die nationalsozialistische Verwaltungsstruktur eingegliedert. Die NSDAP bestimmte fortan das gesamte politische und gesellschaftliche Leben; andere Parteien und Organisationen wurden verboten oder gleichgeschaltet. Wien wurde Sitz zentraler NS-Behörden in Österreich, Gauleiter war ab 1940 Baldur von Schirach, der als politischer Verantwortlicher für die Verfolgungs-, Germanisierungs- und Kriegspolitik in der Stadt stand.

Verfolgung und Holocaust

Vor 1938 war Wien eine der größten jüdischen Städte Europas mit rund 180.000 Jüdinnen und Juden. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzte rasch eine Politik der Diskriminierung, Beraubung und Vertreibung ein. Ab 1939 begann die systematische Deportation in Ghettos und Konzentrations- beziehungsweise Vernichtungslager wie Łódź, Theresienstadt oder Auschwitz. Bis 1945 wurden über 65.000 jüdische Wienerinnen und Wiener ermordet.

Neben der jüdischen Bevölkerung wurden zahlreiche weitere Gruppen verfolgt: politische Gegnerinnen und Gegner, Roma und Sinti, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und andere, die nicht in das nationalsozialistische Menschen- und Weltbild passten. Ein zentraler Ort dieser Verfolgung war das Gelände des ehemaligen Aspangbahnhofs, das als Hauptsammelpunkt für Deportationen diente.

Kriegswirtschaft und Alltag

Wien war ein bedeutendes Industrie- und Rüstungszentrum im Deutschen Reich. Fabriken wie die Floridsdorfer Lokomotivfabrik oder Flugmotorenwerke produzierten für den Krieg. In vielen Betrieben wurden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene eingesetzt, die unter harten Bedingungen leben und arbeiten mussten.

Der Alltag der Wiener Bevölkerung war zunehmend vom Krieg geprägt. Lebensmittel und andere Güter wurden rationiert, Versorgungslagen verschlechterten sich im Verlauf des Krieges spürbar. Luftschutzmaßnahmen wie der Bau von Bunkern und Luftschutzkellern, Verdunkelungsvorschriften und Luftschutzübungen gehörten zum täglichen Leben und erinnerten die Bewohnerinnen und Bewohner ständig an die Kriegsgefahr.

Luftkrieg

Ab 1943 geriet Wien verstärkt ins Visier alliierter Luftangriffe. Ziel waren vor allem Ölraffinerien, Industrieanlagen und Verkehrsknotenpunkte, doch die Bombardierungen trafen auch dicht bewohnte Stadtgebiete. In Bezirken wie Floridsdorf, Simmering oder Meidling wurden große Teile der Bebauung zerstört oder schwer beschädigt.

Die Serie von Luftangriffen forderte zehntausende zivile Opfer. Viele Wienerinnen und Wiener verbrachten einen Teil ihres Alltags in Luftschutzkellern, lebten mit der ständigen Angst vor Alarm und Zerstörung und verloren Angehörige, Wohnungen und Existenzen.

Kriegsende

Im April 1945 erreichte die Rote Armee Wien. Zwischen 2. und 13. April 1945 kam es zur sogenannten Schlacht um Wien: Deutsche Wehrmacht, SS-Verbände und andere Einheiten versuchten, die Stadt zu halten, während sowjetische Truppen bis ins Zentrum vorrückten. Straßenkämpfe, Artilleriebeschuss und Sprengungen hinterließen tiefe Zerstörungsspuren im Stadtbild.

Am 13. April 1945 wurde Wien von der Roten Armee eingenommen. Zahlreiche Gebäude waren beschädigt oder zerstört, insbesondere Brücken über die Donau wurden beim Rückzug der deutschen Truppen gesprengt. In vielen Stadtvierteln prägten Trümmer, Notquartiere und provisorische Reparaturen das Bild der Nachkriegszeit.

Folgen

Bereits am 27. April 1945 wurde Wien zum politischen Zentrum der neu entstehenden Zweiten Republik Österreich. Die Provisorische Staatsregierung unter Karl Renner erklärte Österreich für unabhängig und begann mit dem Wiederaufbau von Staat und Verwaltung. Zugleich blieb die Stadt bis 1955 besetzt: Wien war in vier Sektoren aufgeteilt, die von den USA, der UdSSR, Großbritannien und Frankreich kontrolliert wurden.

Die Jahre 1945 bis 1955 waren damit von Besatzungsalltag, politischem Neubeginn und materiellem Wiederaufbau geprägt. Wien entwickelte sich in dieser Zeit langsam von der zerstörten Kriegsstadt zur Hauptstadt eines neutralen Österreich, das 1955 mit dem Staatsvertrag seine volle Souveränität zurückerhielt.


Navigation

→ weiter zu 1945 - 1955: Besatzungszeit in Wien
← weitere Beiträge zur Geschichte Wiens

Quellen