1287: Belagerung durch Albrecht I.

Aus City ABC

Geschichte Wiens
1287–1288: Belagerung durch Albrecht I.

In den Jahren 1287 und 1288 geriet Wien erneut in den Mittelpunkt eines machtpolitischen Konflikts. Unter Herzog Albrecht I. von Habsburg wurde die Stadt nach einem Aufstand ihrer führenden Bürger belagert. Am 18. Februar 1288 kapitulierte Wien und verlor einen Teil seiner städtischen Freiheiten sowie Teile der Befestigungsanlagen. Die Belagerung markierte das Ende eines kurzen, aber selbstbewussten Aufbegehrens der Wiener Patrizier gegen die habsburgische Landesherrschaft.

Wien zwischen Přemysliden und Habsburgern

Nach dem Sturz und Tod Ottokars II. Přemysl in der Schlacht auf dem Marchfeld 1278 übernahm Rudolf I. von Habsburg die österreichischen Länder. Wien, das unter Ottokar zeitweise eine herausgehobene Stellung mit weitreichenden Privilegien genossen hatte, sollte nun enger an die königliche Gewalt gebunden werden. Viele Bürger und Adelige in und um Wien standen den Habsburgern jedoch misstrauisch gegenüber und hielten an der Erinnerung an die Zeit unter den Babenbergern und Přemysliden fest.

Herzog Albrecht I., Rudolfs Sohn, verwaltete als Vertreter seines Vaters Österreich und die Steiermark. Er musste nicht nur die äußeren Grenzen sichern, sondern auch im Inneren Widerstände brechen. In Wien stieß er dabei auf eine selbstbewusste städtische Oberschicht, die an alten Rechten festhalten wollte und mit der Einschränkung städtischer Freiheiten unzufrieden war.

Unzufriedene Patrizier und wachsender Konflikt

In der zweiten Hälfte der 1280er Jahre spitzten sich die Spannungen zu. Führende Familien der Stadt – darunter Kreise um Paltram vom Stephansfreithof – fühlten sich in ihren politischen Rechten und wirtschaftlichen Interessen beschnitten. Die Stadt hatte in den vorangegangenen Jahrzehnten mehrfach ihre Wehrhaftigkeit und ihre Bedeutung als Handelszentrum unter Beweis gestellt und war nicht bereit, ohne weiteres auf das in dieser Zeit entwickelte Selbstbewusstsein zu verzichten.

Die Unzufriedenheit richtete sich weniger gegen die Institution der Herrschaft an sich als gegen den Stil, in dem Albrecht seine Autorität ausübte. In Wien kursierten Klagen über neue Belastungen und die Einschränkung alter Freiheiten. Gleichzeitig blieb die Erinnerung lebendig, dass die Stadt in früheren Konflikten – etwa 1239 und 1276 – selbst Belagerungen durchstanden und dennoch ihre Rolle behauptet hatte.

Der Aufstand der Wiener Patrizier

Um den Jahreswechsel 1287/1288 kam es zum offenen Bruch. Ein Teil der Wiener Bürgerschaft, insbesondere aus dem patrizischen Führungskreis, erhob sich gegen Albrecht I. Die Aufständischen drohten mit dem Abfall von der habsburgischen Herrschaft, sollten ihre Privilegien nicht bestätigt werden. Damit stellten sie die politische Autorität des Herzogs unmittelbar in Frage.

Albrecht reagierte nicht mit Zugeständnissen, sondern mit militärischem Druck. Er zog sich mit seinem Hof auf die Burg am Kahlenberg zurück und ließ die Zufahrtswege nach Wien sowie die Donauübergänge sperren. Dadurch wurden Waren knapp, Preise stiegen, und die wirtschaftliche Lage in der eingeschlossenen Stadt verschlechterte sich rasch. Aus einem politischen Konflikt um Rechte und Freiheiten war binnen kurzer Zeit eine Belagerungssituation geworden.

Die Belagerung 1287–1288

Zwischen Herbst 1287 und dem 18. Februar 1288 dauerte die Belagerung Wiens an. Herzog Albrecht setzte weniger auf einen Sturm der Mauern als auf systematischen Druck durch Blockade. Die Stadt war zwar befestigt, aber auf Zufuhren von außen angewiesen. Mit jeder Woche wurden Lebensmittel und Brennmaterial knapper, und die Stimmung in der Bürgerschaft kippte.

Innerhalb der Stadt standen sich unterschiedliche Gruppen gegenüber. Einige drängten auf Durchhalten und Verhandlungen aus einer Position der Stärke, andere sahen die wirtschaftlichen und menschlichen Kosten und plädierten für eine Einigung. Der innere Zusammenhalt bröckelte, je länger die Belagerung dauerte. Schließlich setzten sich jene durch, die eine Kapitulation als geringeres Übel ansahen als weitere Not und die Gefahr eines gewaltsamen Sturms.

Am 18. Februar 1288 ergab sich Wien. Die Tore wurden geöffnet, und Albrecht konnte seine Herrschaft über die Stadt wieder unmittelbar ausüben.

Kapitulation und harte Konsequenzen

Die Kapitulation blieb nicht ohne Folgen. Als sichtbares Zeichen des gebrochenen Widerstands mussten Teile der Ringmauern der Stadt geschleift werden. Damit sollte verhindert werden, dass Wien sich in Zukunft so leicht gegen den Landesherrn behaupten konnte. Auch in rechtlicher Hinsicht hatte die Niederlage Konsequenzen: Die Stadt verlor einen Teil ihrer städtischen Freiheiten und Mitsprachemöglichkeiten, die Wiener Privilegien wurden enger gefasst.

Führende Köpfe des Aufstands wurden bestraft oder verloren ihre Positionen. Die städtische Oberschicht wurde durch die Ereignisse der Jahre 1287/1288 neu geordnet, und loyale Kreise zum Herzog gewannen an Einfluss. Zugleich war Wien nun deutlicher als zuvor in die habsburgische Herrschaft eingebunden. Die Stadt hatte erfahren, dass sie ihrem Landesherrn militärisch nicht dauerhaft entgegentreten konnte, ohne schwerwiegende Folgen zu riskieren.

Wien nach der Belagerung

Trotz der harten Maßnahmen blieb Wien auch nach 1288 ein wichtiges wirtschaftliches und politisches Zentrum an der Donau. Die teilweise Schleifung der Mauern bedeutete keine Entwertung der Stadt, sondern war eher ein mahnendes Symbol. Der Handel erholte sich, und die Stadt spielte weiterhin eine Rolle in den Auseinandersetzungen und Verhandlungen des späten 13. Jahrhunderts.

Die Belagerung 1287–1288 zeigte allerdings, wie eng die Entwicklung Wiens mit den dynastischen Interessen des Hauses Habsburg verflochten war. Die Stadt war nicht mehr nur Schauplatz, sondern auch Akteur in einem Ringen um Rechte, Pflichten und Macht, das sich durch die gesamte weitere Geschichte ziehen sollte. Das Verhältnis zwischen städtischer Selbstverwaltung und landesfürstlicher Autorität blieb damit ein zentrales Thema, das immer wieder neu verhandelt werden musste.

Quellen