Quelltext der Seite Stephansdom: Gedichte, Der erste Bauherr am Stephansdome

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<div class="display-5" style="text-transform: uppercase; letter-spacing: 1px"">Der erste Bauherr am Stephansdome </div>
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Die Sage über den ersten Bauherren am Stephansdome wurde von Johann Nepomuk Vogl in Gedichtform erzählt. <ref>Johann Nepomuk Vogl: Dom-Sagen. 1845, Haas, Wien. S.54 ff</ref>
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[[Datei : StephansdomWien.jpg|250px|thumb]]

Bis spät hinein in tiefe Nacht <br />
Der Meister Georg Hauser wacht, <br />
Er wacht und sinnt und sinnt und denkt,<br />
Wie recht der Bau jetzt sei gelenkt; <br />
Bestellt ja hat von Neuburg ihn <br />
Erzherzog Rudolph in sein Wien, <br />
Dass zu Sankt Stephan einen Turm <br />
Er bauen mög' zum Trutz dem Sturm.<br />
<br />
Und wie nur kaum der Morgen graut, <br />
Da wird's am Gotteshause laut,<br />
Da steht der Meister frank und risch, <br />
Und schafft und lenkt und ordnet frisch, <br />
Und überschaut der Löhner Tu'n,<br />
Und mag nicht vor dem Ave ruh'n. <br />
<br />
So treibt er's fort von Tag zu Tag, <br />
Wohl fördern da der Bau sich mag, <br />
Schon steigt er höher stets empor, <br />
Schon springet Säul' um Säule vor, <br />
Ein Quader sich zum andern reiht <br />
Als wie zum Trutz der Ewigkeit.<br />
<br />
Und wie der Turm so stolz und hehr <br />
Dem Grund entsteiget mehr und mehr, <br />
Und höher stets und höher strebt, <br />
Es heißer auch sein Herz durchbebt, <br />
Und höher stets die Brust ihm schwillt, <br />
Die Künstlerstolz und Ehrsucht füllt; <br />
Jahrhunderte sieht er voraus, <br />
Sieht prangen Turm und Gotteshaus <br />
Palläste, Wagen nah und fern, <br />
Und schöne Frau'n und schmucke Herr'n, <br />
<br />
Ein neu Geschlecht, mit Braus und Schall,<br />
Hintreiben sich gleich Wogenschwall, <br />
Sieht drängen sich das Volk zu Hauf', <br />
Voll Staunen schau’n zum Turm hinauf, <br />
Und fragen hört er, was da geht: <br />
Wer wars wohl, der den Turm erhöht? <br />
Wie hieß der Bauherr? saget an? <br />
"Der Georg Hauser hat's getan..."<br />
<br />
So träumt er oft, von Ehrbegier <br />
Zerspringt die Brust im Innern schier, <br />
Und heft'ger spornt mit jeder Stund' <br />
Die Sehnsucht seine Seele wund, <br />
Vollendet in der Lüfte Weh'n, <br />
Am Münster dort den Turm zu seh'n. <br />
Zwei Dritteil hat er schon erreicht, <br />
Wie dünkt der Rest ihm nun so leicht, <br />
<br />
Wie blickt, des bald’gen Sieg's bewusst,<br />
Zum Turm er jetzt in stolzer Lust, <br />
Und ruft: „Nur frisch, Gesellen mein, <br />
Der Meister möcht' am Ende sein!"<br />
Und hastig bauet fort und fort<br />
Der Hauser an dem Turme dort<br />
Der Hammer gellt, die Rolle knarrt,<br />
Der Löhner schafft, der Kärner karrt<br />
<br />
Da überfällt des Siechtums Qual <br />
Des Meisters Leib mit Einem Mal <br />
Sein Antlitz bleich, die Sehn' erschlafft, <br />
Dahin, dahin die stolze Kraft <br />
Doch mitten unter seiner Pein <br />
Gedenkt er nur des Turms allein.<br />
»Turm, o Turm, mein Ruhm, mein Glück, <br />
Wann sieht dich deines Meisters Blick?!<br />
<br />
Doch schlimmer wird von Tag zu Tag <br />
Des armen Meisters Leid und Plag',<br />
Es sagt sein Inn’res ihm zur Frist <br />
Der Meister jetzt am Ende ist.<br />
<br /> 
Da blickt zu ihm in's Kämmerlein <br />
Des Ostermorgens Dämmerschein, <br />
Und Meister Hauser fühlt's, es mag <br />
Für ihn wohl sein der letzte Tag. <br />
Doch Gott ergeben ist sein Sinn <br />
Und Schein und Ehrsucht schwinden hin,<br />
Nur einmal möcht' den Turm er seh'n,<br />
Kann früher nicht von hinnen geh'n.<br />
Wohl leiten da vom düstern Haus<br />
Die Seinen ihn zum Bau hinaus;  <br />
Schon steht die Menge, trüb und stumm <br />
Um Hauser an dem Turm herum.<br />
<br />
Der Meister aber sinkt zur Erd', <br />
Den Blick hinan zum Turm gekehrt, <br />
Und zieht vom Haupte das Barret, <br />
Und hebt die Hände zum Gebet:<br /> 
"O Herr, ich weiß, wie du gewollt, <br />
Doch tat ich nimmer wie ich sollt, <br />
Verblendet von des Ruhmes Trug <br />
Mein Herz voll eitler Selbstsucht schlug, <br />
Du aber wolltest, dass allein <br />
Von Demut sollt' dein Bauherr sein,<br />
Weil jedes And're ist verkehrt, <br />
Den Meister und sein Werk entehrt.“ <br />
<br />
"Und weil so töricht ich gefehlt, <br />
Nur eitlen Schein mein Herz erwählt, <br />
So rufst du wohl vom Erdenrund <br />
Mich ab, o Herr, in dieser Stund'; <br />
Doch gerne büß' ich meine Schuld, <br />
Nur mögst verzeihen du in Huld, <br />
Es hing ja doch zu jeder Zeit <br />
An dir mein Herz mit Frömmigkeit!"<br />
<br />
Dies Wort der kranke Meister sprach,<br />
und senkt das Haupt dann allgemach<br />
Hell strahlt auf ihn das Morgenrot<br />
Doch war der wackre Meister tot.<br />


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