Stephansdom: Der Gockel auf St. Stephan

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Der Gockel auf St. Stephan Relevante Orte: Stephansdom

Der junge Ritter Kaspar von Schlezer sollte dem Sultan zu Konstantinopel eine geheime Botschaft überbringen. Traurig nahm er Abschied von seinem jungen schönen Weib und machte sich auf den langen und beschwerlichen Weg in die Türkei. Ein silbernes Kreuz, das ihm seine Gattin beim letzten Lebewohl um den Hals legte, sollte den geliebten Ehemann vor Gefahren schützen. Nach wochenlanger Reise gelangte Herr von Schlezer glücklich in die Residenz des Sultans und überreichte das geheime Pergament.

Dann trat er wieder die Heimfahrt an. Doch das Schiff des Ritters wurde von Seeräubern überfallen, die ihn fesselten und im nächsten Hafen an einen reichen Scheich verkauften. Viele Jahre musste der Gefangene als Sklave schwere Arbeiten verrichten; nur das silberne Kreuz, das er an seiner Brust verborgen hielt, war ein Trost und gab ihm Hoffnung, wieder seine Freiheit erlangen zu können.

In der Heimat trauerte die Gattin um den Verschollenen. Nach fünf Jahren hatte sie die Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben und verlobte sich mit dem Freund ihres Mannes. Eben bereitete sie die Hochzeit vor, als Herr von Schlezer, in weiter Ferne, einen seltsamen Traum hatte: Im Stephansdom zu Wien stand seine Gattin vor dem Altar und wurde eben mit dem Ritter von Merkenstein getraut. Eine leise Stimme raunte dem Schlafenden ins Ohr: "Noch hast du Zeit, diese Ehe zu verhindern."

Schweißgebadet erwachte der Ritter. In seiner Verzweiflung schrie er laut: "Morgen muss ich in Wien sein und sollte mich der Teufel holen!" Da sauste der Leibhaftige auf einem Federvieh daher und sprach: "Dieser Gockel wird uns nach Wien bringen, aber ich will deine Seele dafür!" Herr Schlezer willigte jedoch nur unter der Bedingung ein, dass er während des ganzen Fluges nicht einmal erwache, sonst sollte der Höllenfürst keine Gewalt über seine Seele haben.

Der Teufel und der Ritter setzten sich auf den Rücken des Hahnes und flugs ging es durch die Lüfte davon. Bevor der Edelmann sich in die Hände des Leibhaftigen begab, griff er heimlich nach seinem Kreuz an der Brust. Dann gab er seine Seele in Gottes Hand und schon war er sanft entschlummert. Mit unheimlicher Geschwindigkeit ging es über Wiesen und Felder, Meere und Seen. Als der Morgen graute, war bereits der Steffl in Sicht. Voller Freude stieß der Hahn ein lautes Kikeriki aus, worauf Schlezer erwachte. Nun hatte der Teufel die Macht über sein Opfer verloren. Laut fluchend schleuderte er den Ritter und den Hahn in den Donaustrom. Dann fuhr der Böse fuchsteufelswild in die Hölle hinab. Zwei Fischer zogen die beiden aus den Fluten und so konnte der Adelige noch zur rechten Zeit die Trauung seiner Gattin mit dem Ritter von Merkenstein verhindern. Überaus glücklich fielen sie einander in die Arme.

Zum Dank an den Hahn, der ihn aus der Sklaverei befreit und rechtzeitig nach Wien gebracht hatte, ließ der Ritter einen eisernen Gockel anfertigen und auf den rückwärtigen Dachfirst des Stephansdomes setzen, wo er noch heute zu sehen ist und an den Teufelsritt in mittelalterlicher Zeit erinnern soll.


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