Stephansdom: Das Dach

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Stephansdom: Das Dach
Ursprünglich bestand der Dachstuhl aus 2.000 Kubikmetern Lärchenholz – also Holz in der Größenordnung eines Waldes, der die Größe des Bezirks Josefstadt hat. Diese stabile Holzkonstruktion, die den Windangriffen jahrhundertelang standhielt, wurde bereits 1440 errichtet, wie eine Inschrift in einem erhaltenen Balken des Dachstuhls beweist.[1]

Details zum Dach

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Gedeckt war das Dach mit bunt glasierten Ziegeln, die 1449 geliefert wurden und so markant waren, dass sie bei Verwendung auf Abbildungen eindeutig mit dem Wiener Dom in Verbindung gebracht werden konnten. In der Zeit von Kaiser Joseph II. wurde das Dach umfangreich restauriert, damals erhielt die Nordseite die Jahreszahl "1784" und ein doppeltes Kreuz, die Südseite wurde mit einem Doppeladler ausgestattet.

Seit das Dach 1945 nach der Brandkatastrophe vollständig abbrannte, besteht die heutige Dachkonstruktion aus 605 Tonnen Stahl mit einer Gesamtfläche von 10.000 m2. Das Dach ist 27,85 Meter hoch, hat eine Spannweite von 35 Meter, besteht aus 230.000 bunt glasierten Ziegeln (aus der Ziegelbrennerei Unterthemenau (Poštorná)) und weist an den schrägsten Stellen einen Winkel von 80° auf, was dafür sorgt, dass es zu einer Selbstreinigung des Daches kommt und im Winter niemals Schnee auf dem Dach liegt. Jeder einzelne dieser Ziegel wiegt 2,5 Kilogramm und ist einerseits vermörtelt, andererseits mit zwei Kupfernägeln fixiert. Finanziert wurden diese neuen Ziegel durch eine Spendenaktion, in einem "Interessenten Postamt", das am Dom aufgestellt wurde, konnten die Wiener gegen 5 Schilling eine Spendenkarte kaufen, die dem Wert eines Dachziegels entsprach.[2]

Verkehrtes Wappen

Sich ansehende Adler

Auf der Nordseite sind die Wappen von Österreich und Wien, mit der Jahreszahl "1950" (Fertigstellung der neuen Eindeckung nach dem Zweiten Weltkrieg), abgebildet. Genauen Beobachtern fällt eines auf – der Bundesadler sieht auf die verkehrte Seite. Hier dürfte der Dachbaumeister mehr Wert auf Ästhetik und Symmetrie geachtet haben (die beiden Vögel sehen sich an), als auf die gesetzlichen Bedingungen: Es ist nicht erlaubt, ein Wappen abzuändern.

Das Dach auf der Südseite

Auf der Südseite des Dachs ist das Wappen des Kaiserreichs zu sehen, hier finden sich die Jahreszahl 1831 und das Monogramm des Kaisers, Franz I.

Der Jausenengel von St. Stephan

Ein Phänomen, das schon seit langer Zeit bekannt ist, ist der „Jausenengel“. Sieht man am späteren Nachmittag (zur Jausenzeit) von den Weingärten von Grinzing hinunter zum Stephansdom, so erscheint einem die „Weiße Frau“, auch Jausenfee genannt. Man sieht eine gleißende Figur in Form einer Frauengestalt mit weißem Schleier. In Wahrheit handelt es sich um eine Lichtreflexion zwischen den Heidentürmen.

Der Hahn am Dach

Seit alter Zeit findet man auf den Spitzen der Kirchtürme oft einen vergoldeten Hahn.

Auch auf dem Chordach von St. Stephan befindet sich ein solcher Hahn. Er soll der Wächter gegen den Teufel sein, der bekanntlich nur bis zum ersten Hahnenschrei seine dunklen Taten vollbringen kann. Der Hahn ist aber auch Sinnbild der Wachsamkeit, vor allem aber auch Sinnbild des Lichtes, weil er vor Sonnenaufgang kräht und so das kommende Licht ankündigt. Damit weist der Hahn schließlich auf Jesus hin, der die Menschen aus der Nacht zum Licht führt.

Die Legende vom Gockel auf St. Stephan

Ansichtskarte, nach 1904[3]

Der junge Ritter Kaspar von Schlezer sollte dem Sultan zu Konstantinopel eine geheime Botschaft überbringen. Traurig nahm er Abschied von seinem jungen schönen Weib und machte sich auf den langen und beschwerlichen Weg in die Türkei. Ein silbernes Kreuz, das ihm seine Gattin beim letzten Lebewohl um den Hals legte, sollte den geliebten Ehemann vor Gefahren schützen. Nach wochenlanger Reise gelangte Herr von Schlezer glücklich in die Residenz des Sultans und überreichte das geheime Pergament.

Dann trat er wieder die Heimfahrt an. Doch das Schiff des Ritters wurde von Seeräubern überfallen, die ihn fesselten und im nächsten Hafen an einen reichen Scheich verkauften. Viele Jahre musste der Gefangene als Sklave schwere Arbeiten verrichten; nur das silberne Kreuz, das er an seiner Brust verborgen hielt, war ein Trost und gab ihm Hoffnung, wieder seine Freiheit erlangen zu können.

In der Heimat trauerte die Gattin um den Verschollenen. Nach fünf Jahren hatte sie die Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben und verlobte sich mit dem Freund ihres Mannes. Eben bereitete sie die Hochzeit vor, als Herr von Schlezer, in weiter Ferne, einen seltsamen Traum hatte: Im Stephansdom zu Wien stand seine Gattin vor dem Altar und wurde eben mit dem Ritter von Merkenstein getraut. Eine leise Stimme raunte dem Schlafenden ins Ohr: "Noch hast du Zeit, diese Ehe zu verhindern."

Schweißgebadet erwachte der Ritter. In seiner Verzweiflung schrie er laut: "Morgen muss ich in Wien sein und sollte mich der Teufel holen!" Da sauste der Leibhaftige auf einem Federvieh daher und sprach: "Dieser Gockel wird uns nach Wien bringen, aber ich will deine Seele dafür!" Herr Schlezer willigte jedoch nur unter der Bedingung ein, dass er während des ganzen Fluges nicht einmal erwache, sonst sollte der Höllenfürst keine Gewalt über seine Seele haben.

Der Teufel und der Ritter setzten sich auf den Rücken des Hahnes und flugs ging es durch die Lüfte davon. Bevor der Edelmann sich in die Hände des Leibhaftigen begab, griff er heimlich nach seinem Kreuz an der Brust. Dann gab er seine Seele in Gottes Hand und schon war er sanft entschlummert. Mit unheimlicher Geschwindigkeit ging es über Wiesen und Felder, Meere und Seen. Als der Morgen graute, war bereits der Steffl in Sicht. Voller Freude stieß der Hahn ein lautes Kikeriki aus, worauf Schlezer erwachte. Nun hatte der Teufel die Macht über sein Opfer verloren. Laut fluchend schleuderte er den Ritter und den Hahn in den Donaustrom. Dann fuhr der Böse fuchsteufelswild in die Hölle hinab. Zwei Fischer zogen die beiden aus den Fluten und so konnte der Adelige noch zur rechten Zeit die Trauung seiner Gattin mit dem Ritter von Merkenstein verhindern. Überaus glücklich fielen sie einander in die Arme.

Zum Dank an den Hahn, der ihn aus der Sklaverei befreit und rechtzeitig nach Wien gebracht hatte, ließ der Ritter einen eisernen Gockel anfertigen und auf den rückwärtigen Dachfirst des Stephansdomes setzen, wo er noch heute zu sehen ist und an den Teufelsritt in mittelalterlicher Zeit erinnern soll.

Weinranken

Direkt unter dem Dach entlang läuft – um die gesamte Kirche herum – eine Weinranke. Die Blätter haben starke Ähnlichkeit mit dem heutigen Grünen Veltliner.



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Quellen

  1. Wolfgang Zehetner: Verein zur Erhaltung des Stephansdoms: Unser Stephansdom. Nr. 95 / März 2012. S.1
  2. Wolfgang Zehetner: Verein zur Erhaltung des Stephansdoms: Unser Stephansdom. Nr. 95 / März 2012. S.4ff
  3. P. Leclerc (Verlag), 1., Stephansdom, Ansichtskarte, nach 1904, Wien Museum Inv.-Nr. 106455/10, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/603643/)