Rotenturmstraße 6

Aus City ABC

Haus: Rotenturmstraße 6 Grund-Informationen
Zanoni & Zanoni's airco.jpg
Aliasadressen =Rotenturmstraße 6, =Lugeck 7
Ehem. Konskriptionsnummer vor 1862: 768 | vor 1821: 814 | vor 1795: 627
Baujahr 1845 / Umbau: 1897
Architekt Leopold Mayr / Umbau: Franz Neumann


Das Haus, Großer Federlhof - Architektur und Geschichte

Bei dem Haus handelt es sich um einen Neubau aus dem Jahr 1845, in den das Barockportal des Vorgängerhauses integriert wurde. Den Bau hatte Georg Simon Freiherr von Sina in Auftrag gegeben. Nach dessen Tod erbte es sein Schwiegersohn Viktor Graf Wimpffen.

Am 5.11.1944 fiel in das Haus schräg eine Bombe und zerriss es praktisch: Bis zum ersten Stockwerk war das Haus nahezu gänzlich zerstört, man konnte von der Rotenturmstraße bis zur Hofseite durchsehen. Verschont blieb die Seite am Lugeck, die Luftdruckschäden waren reparabel.

Das Renaissanceportal

Der Drachenorden, Abbildung von Bermann, 1880

In der Mitte des Bogenfeldes ist das Wappen des Peter von Edlasperg eingelassen. Das Wappen zeigt ein gevierteltes Schild, in dessen oberem linken Teil und unterem rechten Teil ein brennender Berg dargestellt ist. in den beiden anderen Vierteln sieht man einen aufsteigenden Greif. Über dem Schild ist ein geflügelter Drachen abgebildet, der Augen auf den Flügeln trägt. Peter von Edlasperg war damit Mitglied des Drachenordens, den Kaiser Sigismund gegründet hatte.

Unterhalb ist eine Steintafel eingemauert, die auch das Wappen und den Drachen zeigt. Hier befinden sich lateinische Zitate und die Jahreszahl 1497.

Die Zitate lauten:

PATERE ET ABSTINE
SAPERE AVDE

Dulde und halte dich zurück! Wage es zu denken!

Darunter: CONFISI IN EOS QUIBUS BENEFERIMUS CREBRO FALLIMUR Vertrauend auf jene, denen wir Gutes getan haben, werden wir häufig getäuscht werden

FORTUNAE AFFLUENTIA BENEFACTORUM NON PRECESSERIT Bei Überfluss an Glück schwindet die Erinnerung an die Wohltäter

NIHIL ORTUM CVIUS CAUSA LEGITIMA NON PRECESSERIT Es gibt nichts, dem nicht eine gesetzmäßige Ursache vorangegangen ist.

Letztlich befindet sich über dem Haustor noch ein Wappen, das von einem Löwen gestürzt wurde, mit dem Spruch: SERVARE INTAMINATUM (bleib sauber).[1]

Vorgängerhäuser

Der Federlhof vor 1846, aus: Wilhelm Kisch, Die alten Straßen und Plätze in Wien

Anfang des 14. Jahrhunderts gehörte der große Hof der Patrizierfamilie Chriegler, zwischen 1338 und 1398 war das Haus in Besitz der Familie Tirna, die einen siebenstöckigen Uhrturm errichten ließ (erstmals 1360 erwähnt).

1497 gelangte es in den Besitz des Peter von Edlasperg. Er ließ größere Umbauten machen, ein Teil des damals gestalteten Portals (mit Renaissanceeinfassungen - eine Besonderheit, da zu dieser Zeit in Wien noch im Stil der Spätgotik gebaut wurde) ist heute noch erhalten, es wurde in das neue Haus integriert. [2]

1504 gelangte das Gebäude an den Erben von Peter, Lasla (eigentlich Ladislaus) von Edlasperg. Das Haus erhielt daher den Namen "beym Lasla am Lugeck".

1590 besaß das Haus Georg Federl, dem Besitzer der Herrschaft Tribuswinkel, nach dem das Haus noch heute benannt ist. In der Kaufmanns-Familie blieb das Haus bis zu deren Aussterben 1684. Auch die weiteren Besitzer sind bekannt:

  • 1684-1694: Johann Kaspar von Prams
  • 1694-1760: die Erben des Johann Christoph Holzner
  • 1760-1820: Die Erben des Peter von Frey
  • 1820-1825: Theodor Graf Batthyany und Kilian Joseph Schickh
  • 1825-1856: Simon Baron von Sina, der auch 1845 statt den Häusern Lugeck 4 und 6 das heutige Gebäude errichten ließ. Dabei ließ Sina nicht nur das Renaissanceportal wieder einbauen, er integrierte auch das Relief der Krönung Mariae aus dem Jahr 1620 im Eingangsbereich.
  • 1865-?: Viktor Graf Wimpffen (Erbe von Sina)

Das Süße Löchl

Der Metkeller "Zum süßen Löchl" war in Wien legendär. Sein erster Sitz befand sich in der Ertlgasse 2, wahrscheinlich schon ab 1348, damals trug er ein bekanntes Hausschild, das Lebkuchen und Met zeigte. 1848 übersiedelte das Süße Löchl in Haus Rotenturmstraße 13. [3]

Wohnhaus bekannter Persönlichkeiten

In dem Haus haben zahlreiche bekannte Persönlichkeiten gelebt, von manchen wird es nur behauptet, andere sind gesichert.

Gottfried Wilhelm Leibniz

Persönlichkeit Gottfried Wilhelm Leibniz
KopfX.png

So ist durch einen Briefwechsel nachgewiesen, dass Gottfried Wilhelm Leibniz 1713 bis 1714 hier gewohnt hatte. Leibniz (* 1.7.1646, † 14. November 1716) war Mathematiker, Philosoph und Diplomat in der Zeit der frühen Aufklärung.

Paracelsus

Persönlichkeit Theophrastus Bombastus von Hohenheim
KopfX.png
Symbol Medizin free.png
Nicht gesichert ist der Aufenthalt des umstrittenen Arztes Theophrastus Bombastus von Hohenheim, auch Paracelsus. Er soll 1537 oder 1538 hier gewohnt haben. Paracelsus dürfte vielmehr häufiger Besucher des Astrologen Andreas Argoli gewesen sein, der in dem Turm gehaust haben soll.

Barbara Blomberg und Don Giovanni D'Austria

Persönlichkeit Barbara Blomberg
KopfinX.png

Ebenfalls als Legende gilt, dass hier Barbara Blomberg gewohnt hätte. Blomberg war 1546 kurz die Geliebte des Kaisers Karl V. und hatte aus dieser stürmischen Affäre einen Sohn: Don Giovanni D'Austria. Das Kind wurde ihr mit drei Jahren weggenommen, sie begegnete ihm nur mehr einmal 1576. Carl Zuckmayer hat die Geschichte dieser Frau in einem Theaterstück "Barbara Blomberg" verarbeitet.

Wohn- und Sterbehaus und Gedenktafel Carl Ritter von Ghega

Persönlichkeit Carl Ritter von Ghega
KopfX.png

Carl Ritter von Ghega (* 10. Jänner 1802 in Venedig; † 14. März 1860, ebenhier) war Ingenieur. Er wurde mit der Erbauung der Semmeringbahn von Gloggnitz bis Mürzzuschlag bekannt. Ghega war auf der Vorderseite des 20-Schilling-Scheines abgebildet.

Die Gedenktafel, die an der Ecke zwischen Haupteingang zu Zanoni&Zanoni und dem Eckfenster angebracht ist, ist kaum sichtbar.

Bild Anlass/Persönlichkeit Text der Tafel
Gedenktafel für Carl Ritter von Ghega (Wien,Rotenturmstraße-Lugeck).jpg Ghega, Carl Ritter von Dr. Karl Ritter von Ghega

Erbauer der Semmeringbahn
starb in diesem Hause
am 14. März 1860

Nach ihm ist die Ghegastraße im 3. Bezirk benannt. |}

Philippine Welser und die Legende um ihren Tod

Persönlichkeit Philippine Welser
KopfinX.png

1550 wohnte hier die schönste Dame ihrer Zeit: Philippine Welser. Zu dieser Zeit war sie die "Beiwohnerin" von Erzherzog Ferdinand II., den sie 1548 beim Reichstag in Augsburg kennengelernt hatte. Ferdinand heiratete sie 1557 heimlich in Böhmen.

Über Philippine erzählt man sich die Legende, dass sie keines natürlichen Todes gestorben sein soll. Angeblich konnte die Mutter Ferdinands das bürgerliche Mädchen nicht leiden - und ihrem Sohn diese Ehe nicht verzeihen. Eines Tages soll man Philippine mit geöffneten Pulsadern in der Badewanne liegend vorgefunden haben, sie verblutete. Heute noch wird dieses Badezimmer in Schloss Ambras bei Innsbruck mit dieser Geschichte gezeigt. [4]

Die Nutzung des Turms als private Sternwarte, ein mystischer Ort

Persönlichkeit Josef Julian Monsberger, Andreas Argoli
KopfX.png
Mystik Symbol.jpg
1780 wohnte Professor Josef Julian Monsberger (1724-1788) in dem Turm und betrieb hier astrologische Studien. Der Freimaurer und ehemalige Jesuit war Professor der hebräischen und orientalischen Sprachen und war maßgeblich an der Auflösung des Jesuitenordens in Österreich beteiligt.[5]

Auch Andreas Argoli, der astrologische Berater von Wallenstein, betätigte sich in dem Turm.

Über den Magier und Nekromanten Oporin, der ebenfalls hier tätig war, erzählt man sich die Geschichte, dass an einem Dezemberabend ein vermummter Mann die steile Treppe hinaufgestürmt sei - auch hier soll es sich um Wallenstein gehandelt haben. Ihm soll in dieser Nacht sein Tod im Frühjahr vorhergesagt worden sein.

»In selbiger Nacht«, so schreibt ein Chronist, »förchteten sich, die im Federlhof wohneten, weil aus der Luft der Totengesang De profundis, so Priester singen, gehöret ward. Etliche aber sagen, das Singen käme aus Oporins Losament.« [6]



Gehe weiter zu Rotenturmstraße 8-10

Gehe zurück zu Rotenturmstraße | Lugeck | Straßen des 1. Bezirks

Quellen

  1. Leopold Mazakarini, Kleiner Führer durch Wien XIV, S.5-7
  2. Richard Kurt Donin: Der Stephansdom, Beiträge zur Geschichte, Kultur-, und Kunstgeschichte der Stadt Wien, Verlag Erwin Müller, Wien, 1946, S.119
  3. Eugen Messner: Die Innere Stadt Wien. Österr. Bundesverlag, 1928, Leipzig. 173
  4. http://www.schlossambras-innsbruck.at/entdecken/das-schloss/das-bad-der-philippine-welser/
  5. Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
  6. Auguste Groner: So war mein Wien - Kapitel 13, https://www.offenesbuch.com/g128006