Fahnengasse 1

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Haus: Fahnengasse 1 Grund-Informationen
Wien Herrengasse 10.jpg
Aliasadressen =Fahnengasse 1, =Herrengasse 10, =Leopold-Figl-Gasse 1, =Wallnerstraße 9
Ehem. Konskriptionsnummer vor 1862: 250, 269 | vor 1821: 258, 280 | vor 1795: 128, 151
Baujahr 1913
Architekt Viktor Siedek


Das Haus, Herrenhof, ehem. Sitz der NÖ Wirtschaftskammer - Architektur und Geschichte

Das Gebäude wurde 1913 von Viktor Siedek errichtet. Nach zahlreichen Besitzerwechseln ("Naamloz`ze Landbouw de Zaaier", Österr. Realitäten AG, Gewerbe- und Handelsverband, Südostzentrale für Handelslieferungen) gelangte es 1951 in den Besitz der Niederösterreichischen Wirtschaftskammer.

Heute ist das Haus (für 15 Jahre) an das Steigenberger Hotel Herrenhof verpachtet, es war in Besitz von Karl Wlaschek; nach dessen Tod ging es in die von ihm hinterlassene Stiftung über.

Mädchenrealgymnasium der Eugenie Schwarzwald

Zwischen 1914 und 1938 befand sich auf der Seite der heutigen Leopold-Figl-Gasse (damals noch "Regierungsgasse") die Schwarzwaldschule der Eugenie Schwarzwald. Es handelte sich dabei um die erste Schule in Österreich, die es Mädchen ermöglichte, zu maturieren. Schwarzwald unterrichtete nach dem Credo der Gewaltfreiheit und der Förderung der Kreativität, sie war auch in engem Kontakt mit Maria Montessori. Auch die Lehrer, die sie verpflichtete, waren Berühmtheiten, unter ihnen waren Adolf Loos (Architektur und Kunstgeschichte), Arnold Schönberg und Egon Wellesz (Musik), Oskar Kokoschka (Zeichnen) und Otto Rommel (Literatur). Zu dieser Zeit hatte das Haus einen Dachgarten, der von Loos gestaltet worden war, hier wurde bei Schönwetter der Turnunterricht abgehalten.

Durch den Einmarsch der Nazis kehrte Schwarzwald von einer Reise nach Dänemark nicht mehr nach Wien zurück - sie emigrierte in die Schweiz. Die Schule wurde von der SS gesperrt.[1],[2]

Vorgängerhaus

Das Haus hatte zahlreiche urkundlich erwähnte Besitzer. 1438 waren es Princzesdorff und Hager, 1440 die Frewenschaws, 1446 die Pellendorf, 1477 die Zinzendorf, die Wolfenreuth, die Eybenstein,... Die Besitzer sind nahezu alle bekannt. Bis 1872 (der letzte Besitzer war Johann Freiherr von Mayr) war es in Privatbesitz, dann erwarb es die k.k. Bodenkreditanstalt. Zwischen 1905 und 1911 befand sich hier der Wiener Bankverein. 1912 erwarb es schließlich die Österreichische AG für Bauunternehmen, mit dem Ziel, hier den heute hier stehenden Neubau zu errichten.

Badestube

Etwa im Bereich zwischen den heutigen Häusern der Fahnengasse 1 und der Wallnerstraße 5 befand sich um 1550 eines der zehn Wiener öffentlichen Bäder. Hier handelte es sich um das Kanzleibad, "die allt Canczley", im Besitz des Hans Padauer. Zu dieser Zeit galt Baden als Zeitvertreib, wirklich üblich war die Körperreinigung noch nicht. Erst allmählich schrieben manche Zunftordnungen vor, dass Lehrlinge und Gesellen zur Hygiene einen "Badgroschen" erhielten, der ihnen wöchentlich ausgezahlt werden musste. Eine erste urkundliche Erwähnung des Bades fand sich bereits 1370, damals unter dem Namen "Die Canzlerin".

1791 wurde das Badehaus zu einem Zinshaus umgebaut, das schließlich um die Jahrhundertwende abgerissen wurde.

Lokale

Das ehemalige Café Herrenhof

Der Herrenhof, Aufnahme von 1914

1914 gestaltete der Architekt Stefan Fayans das Cafè Herrenhof. Die Blütezeit des Kaffeehauses war zwischen 1928 und 1938, hier versammelten sich auf 750 Quadratmetern die jungen Schriftsteller. Zu ihnen zählten Franz Kafka, Friedrich Torberg, Franz Werfel, Joseph Roth, Anton Kuh, Hermann Broch, Robert Musil, Alfred Polgar und Heimito von Doderer. Aber auch Industrielle und Bankdirektoren trafen sich hier regelmäßig zum Bridgespiel. Die Ausstattung war im Jugendstil gehalten, es gab eine Sitzkassierin, zu der man zahlen gehen musste. Im Keller befand sich ein großer Tanzsaal.

Zu Beginn der NS-Zeit (am 19.3.1938) wurde das Café arisiert (es gehörte bis dahin Bela Waldmann, der jüdischer Abstammung war), die Künstler gingen großteils ins Exil oder tauchten in Wien unter. Damit verschwanden auch die Stammgäste. Die Oberkellner des Kaffeehauses, Albert Kainz und Franz Hnatek, versuchten nach dem Krieg das Lokal weiter zu führen, mussten jedoch 1961 aufgeben. Das Café wurde geschlossen.[3]

1967 wurde ein neuerlicher Versuch gestartet: auf nur mehr 60 Quadratmetern wurde ein Espresso eröffnet, das jedoch Ende Juni 2006 endgültig schloss.

Wohnhaus bekannter Persönlichkeiten

Wohn- und Sterbehaus des Volkssängers Ferdinand Koblassa

Persönlichkeit Ferdinand Koblassa
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In dem Haus wohnte der Sänger Ferdinand Koblassa (* 1833, † 8. Februar 1906, ebenhier). Koblassa hatte den Beruf des Eisendrehers erlernt, widmete sich jedoch mehr und mehr dem Singen. Schließlich gründete er mit Poldi Schober die Sängergesellschaft "Dreher (nach seinem Beruf) und Schober" und brachte erfolgreiche Duette dar. Als er seine Frau Mirzl Moßbrunner kennenlernte, ebenfalls eine Sängerin, ging er mit ihr eine neue Duett-Gesellschaft ein: "Dreher und Mirzl".

Wohnhaus des Politikers Ernst Rüdiger Starhemberg

Persönlichkeit Ernst Rüdiger Starhemberg
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Fürst Ernst Rüdiger Starhemberg (* 10. Mai 1899 Eferding, † 15. März 1956 Schruns) begann 1921 als Mitglied des Freikorps "Oberland" in Oberschlesien und marschierte mit Hitler am 9.11.1923 gegen die Feldherrenhalle in München - später gab er sich als überzeugter Gegner Hitlers. In Österreich schloss er sich 1929 der Heimwehr an und war hier als Bundesführer eingesetzt. Nachdem er zwei überhebliche Reden gegen den Parlamentarismus gehalten hatte, verlor er nach wenigen Monaten sein Amt als Innenminister und schied schließlich 1933 aus der politischen Karriere aus. Starhemberg unterstützte besonders seinen Freund Engelbert Dollfuß, nach dessen Ermordung übernahm er 1934 für zwei Jahre das Amt des Vizekanzlers. 1937 emigrierte er nach einem Disput mit Bundeskanzler Schuschnigg in die Schweiz, später nach Frankreich und schließlich nach Südamerika. Als er 1952 nach Wien zurückkehren wollte, kam es zu heftigen Protesten seitens der SPÖ.

Ausgrabungen

Adresse Ausgrabungscode [4] zeitliche Lagerung Beschreibung der Fundstücke
Herrengasse 10 200704 Mittelalter/Neuzeit Im Zuge von Umbauarbeiten kamen die Reste einer spätmittelalterlichen bzw. frührenaissancezeitlichen Brunneneinfassung zum Vorschein, die im Laufe des 19. Jahrhunderts verfüllt wurde. Neben vereinzelten Mauerbefunden wurde auch eine Grube dokumentiert, die ausgesprochen viel Keramik und Glas des 15. bis frühen 18. Jahrhunderts enthielt.



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Quellen