Kriminalfall: Die unterschlagenen Briefe

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KRIMINALFALL: Franz Kalab und die unterschlagenen Briefe was ist hier zu finden
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Verbrechen: Unterschlagung

Ein Postler unterschlägt im 19. Jahrhundert jahrelang Briefe


Vor 150 Jahren gab es im Hauptpostamt 1000 Beschäftigte – die Zentrale war in der Postgasse, von hier aus wurden sämtliche Briefe in vier Bereiche geteilt: für Wien, für das Ausland, in „Diesseitsbriefe (ausgefahren mit der Süd- und Westbahn) und „Jenseitsbriefe“ (Briefe, die mit der Nord- und Ostbahn verteilt wurden).

In diesem Postamt arbeitet der Wiener Postbeamte Franz Kalab, der als besonders treu und zuverlässig galt, als Briefsortierer. Deswegen wurde er, als zahlreiche Briefe verschwanden und sich immer mehr Kunden beschwerten, als Kontrolleur eingesetzt.

Durch einen Kollegen, dem das seltsame Verhalten Kalabs aufgefallen war, stellte die Polizei fest, dass Kalab selbst die Briefe verschwinden ließ. Die Polizei stellte bei einer Wohnungsdurchsuchung fest, dass Kalab Briefe, in denen er Geld vermutete, unterschlug. Bei der Durchsuchung seines Zimmers stieß man auf 1.659 Pakete zusammengebundener Briefe, zahllose Kreuzbandsendungen, 799 geöffnete Briefe und 1.655 leere Kuverts.

In seinem Ofen fand man ungeheure Mengen Papierasche und er gestand, einen ganzen Winter lang nur mit Briefen geheizt zu haben. Von den frankierten Kuverts löste er die Briefmarken und verwendete sie im Postamt, wenn er Schalterdienst hatte. Zwanzig Postbeamte zählten zwei Tage lang die sichergestellten Briefe und notierten den abgelösten Markenwert, der allein 8.200 Gulden betrug.

Die 1.659 Pakete enthielten 56.284 Briefe, die noch ungeöffnet waren. Er gab an, an manchen Tagen bis zu 300 Briefe entwendet und heimgetragen zu haben. Insgesamt rechnete man aus, dass Kalab bin diesen Jahren bis zu einer halben Million Briefe unterschlagen hat. In vielen Briefen befanden sich bis zu 100 Gulden. Man konnte feststellen, dass Kalab im Jahre 1860 um 4.487 und 1861 um 5.516 Gulden mehr ausgegeben als verdient hatte.

Außerdem kaufte er sich zwei Häuser – die er angeblich als Treuhänder für einen Griechen erworben hätte.

Kalab wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Sein Name war jahrzehntelang fast ebenso bekannt wie der berühmtesten Gewaltverbrecher der österreichischen Kriminalgeschichte. Der auf den verspätet zugestellten Briefen aufgedrückte Stempel „Unterschlagen gewesen und zu Stande gebracht" wurde zum geflügelten Wort in ganz Österreich, das Unterschlagen von Briefen heißt seither „kalabisieren“



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