Stephansdom: Die Dienstbotenmuttergottes

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Stephansdom: Die Dienstbotenmuttergottes was ist hier zu finden
Wien Stephansdom Dienstbotenmadonna 2.JPG
Vor der Kanzel, am zweiten linken Mittelpfeiler des Langhauses, ist eines der bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerke zu sehen, die Gnadenstatute der "Dienstbotenmuttergottes".

Im 17. Jahrhunderte hatte eine Magd angeblich ihre Dienstgeberin bestohlen, sie hatte zu der Statue im Haus der Herrin gebetet, und das Missverständnis klärte sich bald auf. Die ausführliche Legende dazu findet sich weiter unten.

Der heutige Aufstellungsort wurde erst 1948 gewählt, davor - vielleicht schon seit dem 15. Jahrhundert - dürfte die Statue beim Dreikönigsaltar gestanden haben, bis 1945 fand sie sich in der Barbarakapelle. Es könnte durchaus sein, dass es sich um ein Werk handelt, das bereits vor dessen Weihe im Dom gestanden hatte, die mögliche Erschaffung ist mit 1310 bis 1325 datiert. Damit stehen wir hier vor dem ältesten Andachtsbild der Kirche. [1]

Das Original dürfte mehrfach restauriert worden sein, die rechte Hand von Maria wurde im Barock erneuert, auch die Hand des Kindes wurde nachträglich, vermutlich in jüngerer Zeit, ausgebessert. [2] Verlorengegangen sind die Vergoldungen am Haar und am Kind, Goldreste wurden bei der Restaurierung an den Säumen des Kleides, den Bordüren des Mantels und bei der Schleierkante entdeckt.


Legende: Die Dienstbotenmuttergottes Relevante Orte: Stephansdom
Dienstboten-Madonna.JPG
In einem Haus der Wiener Innenstadt lebte eine adlige Dame mit ihren Dienstboten. Sie behandelte ihre Leute sehr schlecht, befahl sie herum und schlug sie mit der Reitgerte, wenn ihr etwas nicht passte.

Eines Tages suchte sie ihre Brosche, und als sie sie selbst nicht fand, brüllte sie ihre Mägde an, ihr bei der Suche zu helfen. Alle durchstöberten nun jede Lade, jeden Schrank, aber die Brosche mit dem großen roten Stein fand sich nicht. Schon sprach die Herrin Vermutungen aus, dass einer ihrer Abgestellten das Schmuckstück gestohlen hätte.

Eines der Mädchen, es war gerade erst zwei Wochen im Dienste der Dame, flüsterte zu ihrer Kollegin: "Wahrscheinlich hats sie's selbst verschlampt!" Die Herrin hörte das, und rannte schreiend, mit ihrer Gerte drohend, auf das Mädchen zu: "Dachte ich mir doch, dass man dir nicht vertrauen kann! Du warst das!". Schnell raffte das Dienstmädchen seinen Rock und rannte um sein Leben zur Kapelle des Hauses. Dort schmiss sie sich auf die Knie, und betete zur Madonnenstatue, die hier am Altar stand: "Liebe Madonna, bitte hilf mir! Ich war's doch nicht!" Inzwischen hatte die Herrin schon die Stadtwache gerufen, die nun in die Kapelle eintraten und das kniende Mädchen sahen. Sie brachten es nicht übers Herz, das betende Mädchen fortzureißen, da kam ihnen die Herrin schon zuvor. Sie nahm die Magd bei den Haaren und schliff sie hinter sich - und schwerem Fluchen und Beschimpfungen - aus der Kapelle.

Dem Leutnant der Wache war das ganze Schauspiel nicht geheuer, und so ließ er das ganze Haus durch seine Leute durchsuchen. Siehe da, es fand sich die Brosche im Stiefel des alten Kutschers. Entsetzt schrie da die Gräfin: "Franz, Dir hätte ich so einen Verrat nie zugetraut!". Der alte Kutscher aber entgegnet ihr seelenruhig: "Als Ihr das letzte Mal stockbesoffen aus meiner Kutsche torkelten, da haben's die Brosche verloren. Und weil Sie auf Ihr Zeug nicht aufpassen können, hab ich mir halt gedacht, Sie werden die Brosche nicht vermissen und hab sie eingesteckt." Er wandte sich zur Wache und meinte nur trocken: "Gemma, meine Herrn, schlimmer als hier ist's im Häfn auch nicht."

Und wirklich, im Gefängnis fühlte sich der alte Franz viel wohler, für ihn war es nach der schlimmen Zeit im Dienst der Gräfin wie im Urlaub.

Kaum war Franz abgeführt, rutschte der beschuldigten Magd heraus: "Ich hab's ja gewusst, die Alte hat's selbst verschlampt!". Und schon wurde auch sie unter Peitschenschlägen aus dem Haus vertrieben. Die Magd fand schnell eine viel besserer Stelle, von nun an brauchte sie sich nicht mehr vor Hieben fürchten.

Die Madonnenstatute, die die Flüche und schändlichen Worte der Gräfin miterleben musste, wurde flugs aus der Kapelle entfernt. Sie findet sich seither im Stephansdom, im Langschiff neben dem Kanzelpfeiler fand sie ein neues Zuhause. Und ihr blieb, dass alle Dienstboten sie besuchten, und um Gerechtigkeit baten.

Bis heute nennt man sie die "Dienstbotenmuttergottes".



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Quellen

  1. Rudolf Bachleitner: Der Wiener Dom, Wiener Dom-Verlag, 1966, Wien. S. 13
  2. Rupert Feuchtmüller: Kleines Wiener Dombuch, Herold, Wien, 1981. S. 74