Himmelpfortgasse 6-8

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Haus: Himmelpfortgasse 6-8 Grund-Informationen
Frauenhuber z02.JPG
Aliasadressen =Himmelpfortgasse 6-8
Ehem. Konskriptionsnummer vor 1862: 965, 964 | vor 1821: 1023, 1022, 1021 | vor 1795: 991, 990, 989
Baujahr 1724, Gewölbe um 1570
Architekt unbekannt, vielleicht Fischer von Erlach / Johann Lucas von Hildebrandt


Das Haus - Architektur und Geschichte

Das vierstöckige Barockhaus ist im Stil des Johann Lucas von Hildebrandt gestaltet. Die Fassade weist einen reichen Schmuck auf: An den Fensterbekrönungen befinden sich Kopfmasken, über dem Mittelfenster ist eine Madonna, die auf Wolken sitzt, eingearbeitet.

Erbauen ließ es Prinz Eugen als Winterpalais, nachdem er die ehemals hier stehenden Häuser gekauft hatte und diese abreißen ließ. Es wird kolportiert, dass der erste Bauleiter des Palastes Johann Bernhard Fischer von Erlach war, der die Aufgabe dann an Johann Lucas von Hildebrandt übertrug.

Um 1812 war das Haus in Besitz von Graf Karl Strachwit, 1839 gehörte es einem Johann Ender, 1849 Johann und Hedwig Langer, 1869 Sigmund Teiltelbaum, der das Hausschild "Zum Hopfenstock" anbringen ließ. 1885 war das Haus in Besitz der "Wiener Versicherungs Gesellschaft" und wurde 1899 an den Staat verkauft. Heute gehört das Haus gemeinsam mit Himmelpfortgasse 8 zum Finanzministerium. 2006 bis 2012 fand eine Generalsanierung statt.[1], [2]

Das Winterpalais

Auf gesamt vier Baugrundstücken ließ Prinz Eugen ein Winterpalais errichten - den Sommer verbrachte er meist im Schloss Belvedere. In drei Bauabschnitten (1696 bis 1724) entstand der Prunkbau, der 1752 von Maria Theresia erworben wurde und dann dem Finanzministerium gehörte. Heute wird das Palais als Museum genutzt, das Belvedere zeigt in den Räumen Sonderausstellungen.

Das Portal des Palais ist aus Kaiserstein gestaltet, an den Seiten befinden sich Reliefs, Werke von Lorenzo Mattielli. Das Linke stellt Herkules im Kampf mit dem Riesen Antaneus dar, rechts rettet Aenas seinen Vater aus dem brennenden Troja.

Howard präsentiert das Winterpalais in fünf sehenswerten Filmen auf YouTube:

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Das Antichambre, das Vorzimmer

Einst waren die Wände des Antichambres mit rotem Samt ausgestattet, heute sind hier Ölgemälde des Prinzen zu sehen. Zwischen 1724 und 1729 wurden in dem Raum die Tapisserien der Kriegskunstserie aus der Werkstatt des Jodocus de Vos präsentiert.

Der Blaue Salon

Der Blaue Salon wurde von Prinz Eugen als "Paradeschlafzimmer" mit einem "Paradebett" genutzt, was bedeutete, dass der Prinz liegend seine Gäste empfing, und damit nur eine zeremonielle Nutzung üblich war.

Das Zimmer gilt als größter historischer Prunkraum, der noch erhalten ist. Das Deckenfresko wurde von Louis Dorigny geschaffen und von Marcantonio Chiarini mit Scheinarchitektur umrahmt und stellt die Vermählung von Hercules mit Hebe dar.

Der Rote Salon

Der Prunkraum, dessen Wände mit rotem Samt bespannt sind, wurde als Audienzzimmer genutzt. Einst stand hier ein Heißluftofen mit einem Relief, das den Kampf zwischen Hercules und dem Hesperidendrachen Ladon zeigte, dieser Ofen steht heute im Schloss Schönbrunn.

Das Deckenfresko, ein Werk von Andrea Lanzani, zeigt die Aufnahme des Hercules in den Olymp.

Der Gelbe Salon

Der Gelbe Salon diente als Bilder-Galerie, hier hingen einst Gemälde von Anthonis van Dyck, Peter Paul Rubens und Guido Reni. 1752 wurde im Raum eine Zwischendecke eingezogen - dahinter befindet sich immer noch ein Deckenfresko, das von Louis Dorigny gestaltet wurde. Es würde den Raub der Oreithyia durch Boreas offenbaren.

Das Konferenzzimmer

Das Konferenzzimmer wurde tatsächlich für große Besprechungen genutzt. Es ist mit einem großen Kachelofen ausgestattet, die Wände waren mit Tapisserien von Jodocus de Vos behangen. Das Deckenfresko von Paul Strudel zeigt des Sieg der Gerechtigkeit über den ungerechten Herrscher.

Das Goldkabinett

Dieses Zimmer trägt seinen Namen nach der noch erhaltenen goldenen geschnitzten Decke. Zur Zeit des Prinzen standen zwischen den verspiegelten Wänden Kommoden mit asiatischem Porzellan, die Ausstattung wurde jedoch zur Gänze ins Untere Belvedere übersiedelt und ist heute im dortigen Goldkabinett zu finden. Die freien Flächen wurden nach Abtransport des Inventars mit Bildern von Franz Caspar Sambach und Franz Zogelmann geschmückt.

Die Bibliothekssäle

Die Bibliothek

Gesamt sind drei Bibliotheken hier zu finden. Eine davon, der Schlachtenbildersaal, zeigt sieben Ölgemälde, die von den siegreichen Schlachten des Prinzen erzählen. Die umfangreiche Büchersammlung von Eugen wurde nach dessen Tod von Kaiser Karl VI. für die Hofbibliothek erworben.

Die Kapelle

1752, als das Palais umgebaut wurde, baute man auch eine kleine Kapelle ein, die mit Malereien eines unbekannten Malers ausgestattet wurde. Eine zweite Kapelle, die sich hinter dem Schlafzimmer des Prinzen befunden hatte, ist heute nicht mehr erhalten, der Altar und der Parkettboden soll jedoch aus dieser alten Kapelle in die neue übertragen worden sein.

Eintritt

Das Palais kann besichtigt werden, es hat täglich von 10 - 18 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt 9 €.

Geschichten um das Haus

Selbstmord eines Finanzministers

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1860 spielte sich in diesem Haus eine Tragödie ab. In dem Haus wohnte Finanzminister Karl Ludwig Freiherr von Bruck, der - aus armen Verhältnissen stammend - eine steile Karriere im Kaisertum hinter sich hatte. Er hatte sich vom Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung zum Handelsminister (1851) und schließlich 1855 zum Finanzminister hochgearbeitet, als dieser hatte er den Hauptanstoß zur Gründung der Creditanstalt gegeben.

Freiherr von Bruck war am späten Abend des 22.4.1860 nach einem Opernbesuch gut gelaunt heim gekommen und fand ein Handschreiben des Kaisers vor. Mit Bestürzung las er, was ihm vorgeworfen wurde: Einer seiner Mitarbeiter war bezichtigt worden, in ein unlauteres Geschäft und Unterschlagung im Zusammenhang mit Heereslieferungen verwickelt zu sein. Als Konsequenz hatte der Kaiser den Freiherrn von Bruck entlassen.

Bruck zog sich in sein Schlafzimmer zurück, sortierte seine Papiere und schnitt sich mit einem Messer die Pulsadern an Unterarmen und Hals auf. Als er am nächsten Morgen gefunden wurde, lebte er noch schwer verletzt. Trotz der Bemühungen der Ärzte starb Bruck um 17 Uhr. Kurz nach Brucks Tod stellte sich die vollkommene Unschuld seines Mitarbeiters heraus.[3]

Ignaz Jahn und der Jahn'sche Saal

Ab 1792 (ev. auch 1795) war das Haus in Besitz des "Hoftraiteurs" (kaiserlicher Hofkoch) Ignaz Jahn (1744-1810), er dürfte jedoch schon vorher hier gewohnt haben.

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Im ersten Stock des Hauses richtete Jahn 1788 einen Konzertsaal ein, der bis 1808 vielfach genutzt wurde. Mozart führte hier seine Bearbeitung des Oratoriums Acis und Galatea KV 566 von Händel und das Klavierkonzert in B-Dur KV 5951 auf, Das Requiem (KV 626) in seiner vollständigen Fassung wurde zwei Jahre nach Mozarts Tod hier uraufgeführt und auch Beethoven nutzte ihn für eine Uraufführung (Quintett op. 16). Da Jahn kein eigenes Orchester engagiert hatte, mussten die Komponisten selbst dafür sorgen.

Am 29. März 1798 fand hier eine "Akademie" statt, bei der Beethoven, Schuppanzigh und die damals sehr bekannte Sängerin Josepha Duschek auftraten. Duschek besaß mit ihrem Mann, dem Komponisten Franz Xaver Duschek, eine Wohnung in Prag, in der Mozart im Oktober 1787 wohnte und "Don Giovanni" fertig komponierte.

Im Erdgeschoss des Gebäudes, dort, wo heute das Café Frauenhuber ansässig ist, betrieb Jahn ein Restaurant. Die Mahlzeiten wurden hier mit Tafelmusik begleitet, von Musikern in roten Uniformen mit goldenen Borten, die in der Hauskapelle saßen. 1802 trat hier auch der musikalische Clown Bohdanowicz auf.

Ab 1804 begann bereits Kritik am Saal laut zu werden, er bot nicht ausreichend Platz für zahlende Gäste (400 Sitzplätze) und war damit nicht ertragreich genug.

Auch die Inflation, die in der Zeit der Napoleonischen Kriege (um 1808) die Bevölkerung zum Sparen zwang, tat ihres dazu, dass der Saal bald nicht mehr für Konzerte genutzt wurde. So traten hier bald Magier und Taschentrick-Künstler auf, bis Franz Jahn, der Sohn von Ignaz, das Haus 1808 an Andres Popper verkaufte.[4]

Vorgängerhäuser

An Stelle des Winterpalais standen einst viele Häuser, die genaue Anzahl und Lage ist nicht mehr rekonstruierbar.

Himmelpfortbad

In diesem Haus wird 1314 erstmals eine Badestube, das "Himmelpfortbad" oder auch "Bürgerspitalbad", erwähnt. Ursprünglich dürfte es in Besitz des Schottenstiftes gewesen sein, 1392 findet sich ein Besitzerwechsel zum Abt von Heiligenkreuz. 1615 gelangte es in Eigentum des Bürgerspitals. 1725, bei Neubau des Hauses, wurde das Bad aufgelassen. [5]

Bischofsstadel

1498 findet sich der "Probststadel" hier, der 1586 als "Bischofsstadel" erwähnt wird. Es dürfte sich um ein Durchhaus gehandelt haben, das die Johannesgasse mit der Himmelpfortgasse verband. Das Haus brannte im 16. Jahrhundert (1581?) ab.

Das "Boyersche Ballhaus"

Ein weiteres, bereits 1434 erwähntes, Haus gelangte am 3.10.1630 in den Besitz eines Hanns Boyer. Zu der Zeit war das Gebäude als Ballhaus in Verwendung, in dem Wanderschauspieler gastierten. Im Laufe der Jahre gelangte die Bühne zu gutem Ruf, 1658 gastierte der Komödienmeister Hans Georg Enkher, 1663 die "Innspruckhischen Comödianten" hier. 1664 pachtete die Stadt Wien das Theater, die Stücke, die nun hier gebracht wurde, waren blutrünstiger Natur. 1669 wurde das Theater, nach dem Tod Boyers, der große Schuldenberge hinterlassen hatte, versteigert. Den Zuschlag hatte Peter Hüttler von Hüttenburg erhalten, der plante, das Theater zu reformieren und ein "Wiener National Theater" gründen wollte. Das Vorhaben wurde nicht umgesetzt, stattdessen gastierten weiterhin Komödiendarsteller. 1701 findet sich die letzte Erwähnung als Theater, dann dürfte Prinz Eugen das Haus zur Erweiterung seines Palais abgerissen haben.

Münz- und Kupferamt

In einem der Häuser war das "Münz- und Kupferamt" (auch "k.k. Kupfer Quecksilberamt und Bergwerkshauptkasse") untergebracht.

Am 26. August 1756 starb hier der k.k. Kammermedailleur und Münzgraveurdirektor Matthäus Donner.

Lokale

Café Frauenhuber

Das Frauenhuber Innen

Am 18.10.1824 gründete Alois Hänisch in dem Haus eine Kaffeehaus, er war vom Fleischmarkt mit seinem florierenden Lokal ("Café Hänisch") hierher übersiedelt. Hänisch ließ die Türbalken durch den Künstler Erasmus Engerth mit lebensgroßen Figuren schmücken, eine davon stellt Kolschitzky dar, den ersten Wiener Kaffeesieder. Zur Kundschaft des Cafés gehörten damals Pensionisten, Beamte und Militärs, es galt als solid und ruhig.

An die Gründung erinnert auch eine Gedenktafel:

Bild Anlass/Persönlichkeit Text der Tafel
Frauenhuber z05.JPG Mozart, Wolfgang Amadeus;

Beethoven, Ludwig van

1788 gründete hier

der Leibkoch der Kaiserin
Maria Theresia, Franz Jahn
ein Nobelrestaurant, eine
sogenannte Traiteurte, wo
berühmte Konzerte statt-
fanden.
Wolfgang Amadeus Mozart
führte hier 1788 ein
Pastorale von Händel und
Ludwig van Beethoven
1797 ein Quintett für vier
Bläser und Pianoforte auf

Die Liste der Besitzer des Cafés nach Hänisch ist lang:

  • Alois Hänisch (1824-1840)
  • Kasimir (1840-1849)
  • Anton Sagorz (1849-1877) - damals erhielt das Haus den Namen "Zum Hopfenstock". Sargoz beauftragte Johann Zizula mit der Neugestaltung des Lokals und ließ Billardtische aufstellen.
  • Herzog (1877-1891) - er gab dem Kaffeehaus den Namen "Café Herzog"
  • Josef Frauenhuber der Ältere (1891-1924)
  • Leopoldine Frauenhuber, Gattin (1924-1928)
  • Josef Frauenhuber der Jüngere, Sohn (1928-1959)
  • Wilhelmine Frauenhuber, Gattin (1959-1968)
  • Raimund Binder (1968-2005)
  • Wolfgang Binder (seit 2005)

Seit 1968 ist das angeblich älteste Kaffeehaus von Wien in Besitz von Raimund Binder bzw. heute seines Sohnes Wolfgang.

Im Café bedienen fünf männliche Kellner, das unterscheidet das traditionelle Kaffeehaus von einer Konditorei, in der Damen servieren. [6]

Adresse Ausgrabungscode [7] zeitliche Lagerung Beschreibung der Fundstücke
Himmelpfortgasse 6 200112 Neuzeit Im Hof des Kaffeehauses "Frauenhuber" kam es im Zuge der Anlage eines Liftschachts zu Erdarbeiten. Bei der Gelegenheit wurden einige Fragmente grautoniger Gebrauchskeramik vom Ende des 14. bzw. Anfang des 13. Jh. gefunden.
Himmelpfortgasse 6 200811 römisch/Mittelalter/Neuzeit Die Generalsanierung des heutigen Finanzministeriums führte 2008 zu mehreren achäologischen Kampagnen. Seit dem Jahr 1753 dienten größere Teile der Anlage als Münze bzw. ab 1848 als Finanzministerium. Im "Großen Questenberghof" schnitten spätmittelalterliche Vorratsgruben und Erdkeller in den Waldboden. Im Süden waren Reste von vorbarocken Bauten erhalten. Im "Galgenhof" zeigten sich zahlreiche Gruben und Pfostenlöcher des Spätmittelalters und der Neuzeit. Es fand sich reichlich Keramik des 17. und 14. Jahrhunderts. Weiters fand sich ein Graben, der ein römerzeitliches Trockenfundament schnitt. Östllich der Haupteinfahrt wurden zwei spätmittelalterliche Bruchsteinmauern freigelegt. Im "Kleinen Questenberghof" zeigte sich Mauerwerk der ersten barocken Bauphase. In den ehemaligen Stallungen wurden mehrere neuzeitliche Mauern sowie zwei barockzeitliche Kalkgruben dokumentiert.
Himmelpfortgasse 8 201114 Neuzeit Die Generalsanierung des ehemaligen Stadtpalais des Prinzen Eugen von Savoyen, errichtet 1694 bis 1724, führte im Bereich des Ministerhofes und der Zufahrt zu diesem Innenhof sowie im Bereich des Kutscherhofes und dessen Zufahrt zu archäologischen Maßnahmen. Dort stieß man auf Reste älterer Kanäle, eines Brunnens und einer Steinrinne sowie Teile eines Ofens.
Himmelpfortgasse 8 200220 Mittelalter/Neuzeit Durch Bauforschungen konnten im heutigen Finanzministerium bzw. im Stadtpalast des Prinzen Eugen bis zu vier Bauphasen, vom Spätmittelalter bis zum Beginn des 18. Jh., festgestellt werden.



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Quellen